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Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Entschuldigung.
    Dann ging ich zu den beiden noch lebenden Portugiesen. Es waren keine Männer, die ich kannte: Einer hieß Benevides, der andere Negreiros. Sie waren im Schlepptau dieses neuen Gouverneurs Coutinho erst kürzlich nach São Paulo de Luanda gekommen. Von dem, was sie am vergangenen Abend gesehen hatten, waren sie vor Furcht beinahe von Sinnen, und der Anblick meiner Gestalt mit all ihren Jaqqa-Narben verschaffte ihnen keine große Erleichterung. Ich kniete neben ihnen nieder und bot ihnen Trost, sagte ihnen, ich würde dafür sorgen, daß sie die Freiheit bekommen, wenn sie mir sagen konnten, wieviel Mann das Heer umfaßte, das sich vor Ndala Chosa versammelt hatte und zu welchem Zweck es dort lagerte. Doch sie wußten nicht mehr davon, als daß es dort war, obwohl sie überaus elendig versuchten, ein paar Einzelheiten zu erfinden, die mir von Nutzen sein konnten. Sie weinten, baten um ihr Leben und flehten mich an, sie vor dem Kochtopf zu bewahren. Doch ich konnte ihnen nur die Hoffnung auf Gottes Gnade anbieten und eine schnelle Erlösung von ihren Leiden. Und als sie sahen, daß sie von mir keine weitere Hilfe erwarten konnten, wandten sie sich ab, sagten nichts mehr und schwiegen bis zum letzten Augenblick. Und beim nächsten Fest starben sie, um den Hunger der Jaqqas zu stillen.
    Ich lebte in jenen Tagen in einer seltsamen Doppelehe, und zu meiner großen Verwunderung muß ich berichten, daß keinerlei Mißklänge daraus erwuchsen. Warum Teresa und Kulachinga sofort solch eine Zuneigung zueinander empfanden, kann ich nicht sagen; vielleicht lag es nur daran, daß sie leicht und ohne Zögern in jene intimen Umarmungen glitten, weil manchen Frauen einfach jene Wollust angeboren ist, die zu ihnen kam, als unsere erste Mutter im Garten Eden von der Schlange den Apfel entgegennahm. Oder es war nur eine glückliche Fügung der Wesenszüge: Kulachinga war ein natürliches Kind des Dschungels und Teresa lüstern und in ihrer Leidenschaft unersättlich, und so vereinigten sich die beiden aus völlig verschiedenen Motiven, die eine aus schierer Unschuld, und die andere aus reiner Verschlagenheit. Was immer es war, sie schienen sich miteinander nicht minder zu vergnügen als eine jede von ihnen mit mir oder ich mich mit einer jeden von ihnen.
    In den frühen Tagen unserer Wiedervereinigung versuchten Doña Teresa und ich, die Kluft der Ereignisse, die sich im Laufe der Jahre zwischen uns geöffnet hatte, zu überbrücken. Von meinen Abenteuern war schnell berichtet, denn sie wußte von meinen Reisen im Auftrag von Don João de Mendoça in den Süden nach Benguela, und danach hatte ich bis auf meine Gefangenschaft unter Mofarigosat und mein Leben unter den Jaqqas nichts mehr zu erzählen. Was sie zu erzählen hatte, bewegte mich tief, denn es war der Tod Don Joãos, der schon krank war, als ich zum letzten Mal in São Paulo de Luanda gewesen war. »Er zog sich eine Krankheit zu, die ihn anschwellen ließ«, sagte sie, »und in einen aufgeschwemmten Ball verwandelte, bis wir schließlich nicht einmal mehr seine Gesichtszüge erkennen konnten. Als das Ende nahte, verlor er den Verstand und führte lange Gespräche mit seinen Vorfahren, mit König Philip und vielen anderen, und mit dir.«
    »Mit mir? Fürwahr?«
    »Aye, er sprach in seinem Wahn mit dir über England und sagte, er würde dich mit dem nächsten Schiff als seinen Gesandten dorthin schicken, denn er sei der König von Afrika. Der arme Mann! Und dann starb er, in der Trockenzeit des Jahres 1602, und in den Sarg, der ihn aufnahm, hätte auch ein Elephanto gepaßt, und zehn starke Männer mußten ihn tragen.«
    »In der Trockenzeit des Jahres 1602«, sagte ich verwundert, denn ich hatte während meiner Zeit unter den Jaqqas dem Lauf der Jahre wenig Beachtung geschenkt. »Und was für ein Jahr schreiben wir jetzt?«
    »Wir haben die Mitte des Jahres 1603.«
    »Ah«, sagte ich, während ich diese Zahl durch meine Gedanken kreisen ließ und versuchte, ihr einen Sinn zu entnehmen. »Es war in diesem Jahr vierzehn Jahre her, daß ich England verließ, wenngleich sie mir manchmal wie vierzehnhundert erscheinen. Die Jungen, die an jenem Tag geboren wurden, haben jetzt Bärte, und den Mädchen sprießen die Brüste! Und Königin Elisabeth ist eine alte Frau, wenn sie den Thron noch hält. Und wenn nicht…. wer ist ihr gefolgt?«
    »Davon weiß ich nichts«, sagte Doña Teresa. »Doch König Philip von Spanien ist tot.«
    »Was, dieser alte Mönch? Ich dachte,

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