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Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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er würde ewig leben. Seit wann?«
    »Seit fünf Jahren«, sagte sie. »Er starb 1598.«
    »Aber warum habe ich dann nichts davon gehört? Niemand in São Paulo hat davon gesprochen, und ich war zu jener Zeit dort.«
    Sie zuckte die Achseln. »Die Neuigkeiten kommen nur langsam zu uns«, erwiderte sie. »Und außerdem trägt nun ein weiterer Philip, sein Sohn, die Krone, und wir dachten eine Zeitlang, es wäre der gleiche Philip wie zuvor.«
    Ich lachte darüber, da ich nun erkannte, daß Angola ein Ort am Ende der Welt war, wenn der mächtigste König des Christentums sterben konnte und seine eigenen Untertanen erst Jahre später davon erfuhren. Nun, ich machte mir keine Illusionen. In Wirklichkeit gab ich kaum etwas um diese Dinge; sie waren die Belange der Weißen, der Europäer. Ein anderer Philip saß auf dem spanischen Thron, und als er noch Prinz war, hatte es geheißen, er sei ein schwacher und dummer Mensch und würde vielleicht auch ein schwacher und dummer König sein, der es England ermöglichen würde, dem Krieg mit Spanien, der solch eine Verschwendung englischer Mittel darstellte, ein Ende zu bereiten. Doch dies war ein verschwommenes Ding, das in einem Sturm trieb, ein bloßes belangloses Grübeln, all dieses Gerede von Königen und Nationen. Ich konnte jetzt keinen Gehalt mehr darin finden. Meine Welt wurde von Kesseln und Trommeln und Ollicondi-Bäumen begrenzt.
    »Berichte mir darüber, was sich in São Paulo de Luanda ereignet hat«, sagte ich der Höflichkeit halber.
    »Die Stadt ist sehr gewachsen. Sie hat eine neue große Kirche, und der Gouverneur hat seinen Palast vergrößern lassen.«
    »Dieser Gouverneur heißt Don João Coutinho, sagst du?«
    »So heißt er. Als Don João erkrankte, schickte ihn der neue König Philip zu uns, mit dem Auftrag, die Minen oder Berge von Kambambe zu erobern. Um dies zu bewerkstelligen, hat der König von Spanien ihm auf sieben Jahre die Erträge aller Sklaven und Güter bewilligt, die von Angola nach Westindien { * } , Brasilien oder wohin auch immer geschafft werden, unter der Bedingung, daß er drei Burgen baut – eine in Ndemba, wo die Salzminen sind, eine in Kambambe und die dritte im Süden, bei Bahia das Vaccas.«
    »Und wird er nach Kambambe kommen, wo die Jaqqas doch in der Nähe weilen?«
    »Er weiß nichts von den Jaqqas. Es war Don Fernãos Auftrag, diese Provinzen zu inspizieren und ihm Bericht zu erstatten. Nun, wie ich sehe, gibt es über sehr viel Bericht zu erstatten.« Sie beugte sich zu mir und zog an meinem Arm. »Was ist das für ein Heer, das die Jaqqas gemeinsam mit Kafuche Kambara gebildet haben?«
    »Es ist, was du siehst: ein Heer.«
    »Weshalb haben sie es gebildet?«
    »Aus dem üblichen Grund«, sagte ich. »Krieg.«
    »Doch wen kann Calandola noch unterwerfen, wenn er mit Kafuche Frieden geschlossen hat? Wird er gegen König Ngola in Dongo marschieren?«
    »Das glaube ich nicht«, sagte ich.
    Sie schwieg eine Weile. »Aber dann gibt es nur noch São Paulo de Luanda«, sagte sie dann.
    Ich erwiderte nichts darauf.
    »Ist das sein Plan? Werden sie gen Westen marschieren und die Stadt überfallen, wie sie zu Zeiten meines Vaters São Salvador im Kongo überfallen haben?«
    Ich konnte sie nicht belügen. »Das haben sie wohl vor«, sagte ich nach einigem bedrücktem Zögern. »Wir haben darüber gesprochen.«
    »Mehr als nur gesprochen! Es ist beschlossene Sache, nicht wahr?«
    »Das ist es«, sagte ich.
    »Und wann?« sagte sie heftig. »Werden sie bald marschieren?«
    »Das kann ich dir nicht sagen, Teresa.«
    »Komm, komm, verberge nichts vor mir! Wieso sagst du, du kannst es mir nicht sagen?«
    »Weil ich es nicht weiß«, erwiderte ich. »Wir werden marschieren, wenn nach Calandolas Ansicht die Vorzeichen günstig stehen, und niemand außer Calandola weiß, wann das ist. Ich schwöre es dir, Teresa. Ich verberge nichts dabei. Es wird einen Krieg geben; doch wann, ist noch nicht entschieden.«
    »Ah«, sagte sie und schaute überaus ernst drein. »Du weißt«, sagte sie nach einem Moment, »daß diese Jaqqas meine Mutter erschlagen und sie in ihren Kessel geworfen haben. Und sie haben nun auch meinen Mann erschlagen.«
    »Deinen Mann, ja. Aber es sind nicht die gleichen Jaqqas, die vor langer Zeit deine Mutter erschlagen haben.«
    »Das spielt keine Rolle. Jaqqas sind sie trotzdem. Ich verabscheue dieses Volk, Andres. Wenn ich nur könnte, würde ich sie in die tiefsten Gewölbe der Hölle verbannen und sie auf ewig dort braten

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