Herr der Finsternis
sein!«
»Davon bin ich nicht überzeugt«, sagte ich. »Ich glaube, es könnte sein Gutes haben, wenn São Paulo de Luanda zerstört wird.«
»Was, Andres? Jetzt tritt die Wahrheit hervor. Du gehörst gänzlich zu ihnen!«
»Ich habe meine Gründe für das, was ich sage.«
»Gründe des Irrsinns!«
»Ich habe keinen Grund, die Portugiesen zu lieben. Welche Liebe haben sie mir jemals erwiesen, bis auf Barbosa, der tot ist? Und Don João, der mit dem einen Mundwinkel süß zu mir gesprochen und mich mit dem anderen verraten hat? Und du, Doña Teresa, die du das gleiche getan hast?«
»Das hast du mir vergeben.«
»Aye, dir ja. Aber den anderen? Denen, die mich in Ketten gelegt, die mich geschlagen, die mich verspottet, die mich all diese Jahre nicht haben nach Hause zurückkehren lassen? Bin ich Jesus, daß ich sie umarmen und Gott bitten soll, sie zu verschonen?«
»Du brauchst sie aber auch nicht zu vernichten.«
»Aye, doch vielleicht wäre mir solch eine Rache willkommen.«
Sie musterte mich lange. »Du bist kein Mensch, in dem solch ein Haß natürlich wäre. Dessen bin ich mir gewiß.«
»Vielleicht habe ich mich verändert, Doña Teresa.«
»Komm, Andres, vergiß diesen Zorn und versuche mit mir, die Stadt zu retten. Wir müssen etwas tun! Ich werde eine Möglichkeit ausfindig machen.«
»Ich erinnere dich daran, Doña Teresa, daß ich für dein gutes Benehmen mein Leben als Pfand gegeben habe. Was auch immer du tust, es wird mein Untergang sein. Wirst du mich ein zweites Mal vernichten?«
»Die Stadt, Andres, denke an die Stadt!«
»Aye«, sagte ich. »Ich denke an die Stadt.«
Sie bedachte mich mit einem Stirnrunzeln, schüttelte den Kopf und ging in die Richtung unserer Hütte davon. Ich folgte ihr nicht dorthin, sondern schritt wie ein aufgebrachter Löwe durch das Lager der Jaqqas, und mein Verstand schwamm und schwankte vor dem Chaos, der in ihm war. Ich sah kaum, wohin ich ging; doch während meines Streifzuges kam ich zu einem Ort, wo die Kriegsmusiker verweilten, und sie stimmten ihre Instrumente, oder was auch immer sie mit ihnen tun. Diese Männer lächelten mir überaus freundschaftlich zu und boten mir an, auf ihren Flöten und Trommeln zu spielen, doch ich schüttelte den Kopf und ging weiter, und hinter mir vereinigten sich zehn disharmonische Töne plötzlich zu den wilden und betörenden Klängen der Jaqqa-Harmonien.
11
Mehrere Tage lang wurden die Kriegsvorbereitungen mit zunehmendem Eifer betrieben. Waffen wurden zusammengetragen, Kriegshäuptlinge trafen sich zu Beratungen, um ihr Netz der Strategien zu errichten; der hohe Medizinmann Kakula-banga beschäftigte sich damit, Omen zu deuten und an den Grenzen unseres Lagers übelriechende Hexenfeuer anzuzünden. In dieser Zeit mußte ich meiner Rolle als Calandolas Unterführer nachkommen und verbrachte viel Zeit mit ihm, fertigte ihm Karten der Stadt São Paulo de Luanda an, zeigte ihm auf, wie wir uns der Stadt am besten nähern konnten, wo sich die Festung befand und die Kasernen der Soldaten. Mit Doña Teresa kam ich kaum zusammen, nur des Nachts; doch sie war jetzt ruhiger; der Zorn und die Besorgnis waren von ihr gefallen.
Dann, eines Nachts ein paar Tage darauf, schüttelte man mich plötzlich mitten im Schlaf wach, riß mich grobschlächtig auf die Füße und hielt von hinten meine beiden Arme fest. Ich kämpfte ein wenig, doch es war sinnlos; man hielt mich fest. Ich war gefangen, noch halb vom Schlaf benommen. »Was hat das zu bedeuten?« rief ich. »Hilfe! Meuchelmörder!« Unsere Hütte war voller Jaqqas. Im Licht der Fackeln sah ich ihre vernarbten Gesichter mit den Zahnlücken und stellte fest, daß es Männer waren, die ich kannte, Golambolo und einige andere, die in den Kriegen unter mir gedient hatten. Doch nun wirkten sie verschlossen und feindselig und glichen sehr den Dämonen, für die ich damals, vor langer Zeit, die ersten Jaqqas gehalten hatte, als ich bis auf seine fürchterliche Reputation noch nichts von diesem Volk gewußt hatte. Sie hielten mich fest, so daß ich mich nicht losreißen konnte, und ergriffen auch Doña Teresa, deren Gesicht im Licht der Fackeln eine starre Maske der Furcht war.
Kulachinga lag unangetastet zu meinen Füßen auf dem Strohlager, das wir drei gerade noch so behaglich miteinander geteilt hatten.
Sie zerrten mich davon, und auch Doña Teresa, durch das Lager zu der inneren Befestigung, hinter der der Imbe-Jaqqa weilte. Und dort mußte ich feststellen, daß sich alle
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