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Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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sind so stark, daß zehn Mann nicht einen von ihnen halten können; doch die Neger fangen viele ihrer Jungen mit vergifteten Pfeilen. Der junge Pongo hält sich am Bauch seiner Mutter fest und schlingt eng die Arme um sie, so daß die Neger ein solches Weibchen töten und dann das Junge ergreifen, das sich an ihr festhält. Ich wollte unbedingt einen jungen Pongo erwerben, um ihn als Kuriosität mit nach England zu nehmen und ihn König James zu schenken, doch ich konnte keinen bekommen. Das war sehr schade, denn ich bin überzeugt, daß man in England noch nie solch einen monströsen Affen gesehen hatte.
    Der Engeco ist ein ganz anderes, ein viel kleineres Tier, das die Größe eines zwölfjährigen Knaben erreicht und mit rauhem dunklem Fell bedeckt ist. Es geht auf krummen Beinen, die hellrosa Füße haben, und sein Gesicht ist fast komisch anzusehen, wie das eines Komödianten oder Possenreißers. Er ißt auch kein Fleisch und soll von schnellerem Verstand als der Pongo sein. Ich versuchte, auch ein solches Geschöpf für England zu erwerben, und in der Stadt des Mani Mayombe wurde mir eins gebracht, das kaum mehr als ein Säugling war, höchst mitleidserregend anzusehen, wie ein kleiner, sehr haariger Mensch, mit traurigen Augen und einem großen, häßlichen, aufklaffenden Maul. Der König hätte mich wohl zum Ritter geschlagen, wenn ich ihm dieses Geschöpf zum Geschenk gemacht hätte, doch ich kaufte es nicht, und es starb kurz darauf vor Sehnsucht nach seiner Mutter.
    Es gibt einen anderen Fürsten östlich von der Stadt des Mani Mayombe, der Mani Kesock heißt, und er befindet sich acht Tagesreisen von Mayombe entfernt. Dorthin ging ich mit meinen beiden Negerknaben, um Elephantohaare und -schwänze zu kaufen. Und in einem Monat kaufte ich zwanzigtausend, die ich den Portugiesen später für dreißig Sklaven verkaufte, so daß ich wieder ein wohlhabender Mann war. Von diesem Ort aus schickte ich einen meiner Negersklaven mit einem Spiegelglas zum Fürsten Mani Sette. Er schätzte es sehr hoch ein und schickte mir durch seine Männer vier Elephantozähne von beträchtlicher Größe, die meinen Reichtum zusätzlich vermehrten.
    Im Nordosten von Mani Kesock leben kleine Menschen, die Matimbas genannt werden und nicht größer als zwölfjährige Knaben, aber sehr stämmig sind. Sie leben nur von Fleisch, das sie mit ihren Bögen und Pfeilen in den Wäldern töten. Sie erweisen dem Mani Kesock Tribut und bringen ihm all ihre Elephantozähne und -schwänze. Die Frauen tragen genau wie die Männer Pfeil und Bogen, und sie ziehen allein in die Wälder und töten die Pongos mit ihren vergifteten Pfeilen.
    Hier endet mein Bericht von den Wundern dieser Provinz, denn ich hatte mit Gottes Gunst solche Reichtümer erworben, daß ich keiner weiteren bedurfte, und kehrte zur Küste zurück, wo mich nach einiger Zeit die holländischen Händler abholten und mich nach São Paulo de Luanda mitnahmen.
    Es war nun das Jahr 1607 angebrochen, und ich war auf meine Rückkehr nach England gut vorbereitet; doch so gut vorbereitet ich auch sein mochte, hatte ich noch immer etwas Angst davor, dieses Reich des Alptraums zu verlassen und jenes freundliche, süße Land zu betreten. Trotz meiner Sehnsucht hatte ich mich noch nicht aus dem Griff dieses Landes befreit. Ich träumte manchmal noch immer von Imbe Calandola, wie er schrie und tobte und auf und ab schritt, während das Blut von seinem Unterkinn tropfte, und in widerspenstigen Augenblicken erhoben sich Bilder vom Tod Doña Teresas aus meinen Gedanken, und dann und wann schleppte ein gieriges Coccodrillo seine große, schuppige Gestalt durch die Träume meines Schlafes. Ich wollte abwarten, bis diese Dinge von allein aus meinen Gedanken wichen. Aber wenn man unter Teufel geht, muß man damit rechnen, daß einem gewisse Auswürfe der Teufelskunst auf ewig die Grenzen der Seele verkrusten, sagte ich mir.
    Und so schickte ich mich an, nun, da ich die Mittel dazu hatte, nach England zurückzukehren, um dort eine völlige Heilung zu erfahren. Doch wie üblich war ich zu hoffnungsvoll auf einen guten Ausklang.
3
    Nicolau Cabral hatte mich in der Tat nicht betrogen, sondern den Ertrag unserer Handelsreise in Gold umgesetzt, und mein Anteil erwartete mich. Dieser und der Verkauf meiner dreißig Sklaven brachte mir soviel Wohlstand ein, wie man es nur verlangen konnte, und so hatte die Reise, die ich vor achtzehn Jahren begonnen hatte, nach vielen Wendungen des Schicksals doch noch zu dem

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