Herr der Krähen
unterstützen?“
Kaniũrũ wollte Wangahũs Haus unbedingt mit etwas Greifbarem verlassen, etwas, womit er sich weiter bei Sikiokuu beliebt machen konnte. Er wusste um Sikiokuus größten Wunsch, den Herrscher am Flughafen mit der Nachricht von Nyawĩras Gefangennahme zu begrüßen, und er wusste auch, dies würde nicht zu seinem Schaden sein.
Oft hatte er schlaflose Nächte, wenn er versuchte herauszufinden, wie sie ihm an dem Tag, als sie zum ersten Mal hinter ihr her waren, durch die Finger schlüpfen konnte. Wie hatte sie fliehen können, ohne eine Spur zu hinterlassen?, fragte er sich verbittert.
Plötzlich kam ihm eine Idee. Was, wenn Wangahũ und seine Frau Roithi ins Büro von Silver Sikiokuu gingen und vor Journalisten und Fernsehkameras einen tränenreichen Appell an ihre Tochter richteten, sich zu stellen? Und ihr vielleicht sogar drohten, sie zu enterben, wenn sie ihrem Aufruf nicht folgte?
„Du hast eine gute Frage gestellt“, antwortete er. „Ich kann euch helfen. Bevor der Herrscher nach Amerika ging, hat er mich nicht nur zum Stellvertretenden Vorsitzenden des Komitees von Marching to Heaven ernannt, sondern auch zum Vorsitzenden der Kommission, die den jüngst in Eldares aufgetretenen Schlangenwahn untersucht. Der Untersuchungsausschuss hat die Macht, jeden als Zeugen vorzuladen, und ihr könnt mir glauben, wir haben das mit einer Menge von Leuten aus Nyawĩras Umfeld bereits getan. Sie alle haben uns sehr nützliche Informationen geliefert, die darauf hinweisen, dass eure Tochter ein Teil der Wurzel dieses ganzen Übels ist. Doch was euch beide betrifft: Ich will euch nicht vor diesen Ausschuss zerren. Wie du vorhin gesagt hast, sind wir Verwandte und werden es auch bleiben. Mir ist klar, dass dir die Vorstellung einer geschäftlichen Partnerschaft nicht besonders zusagt, aber sie ist dein einziger Ausweg. Ich will es so deutlich wie möglich sagen: Arbeite mit dem Staat zusammen und rette deinen Besitz. Andernfalls wirst du dem Ruin ins Gesicht blicken.“
Sobald Kaniũrũ anfing, seinen Plan zu erläutern, unterbrach ihn Roithi. Sie stand auf und drohte mit ausgestrecktem Zeigefinger.
„Denk nicht im Traum daran, dass ich meine Tochter denunziere. Keine Macht der Welt wird mich dazu bringen. Selbst wenn man Nyawĩra zum Schafott schleppen sollte, wäre sie immer noch meine Tochter. Ich bin gegen das, was sie getan hat, aber das heißt noch lange nicht, dass alle anderen in Aburĩria eine reine Weste haben. Welcher Besitz ist so kostbar, dass ich bereit wäre, meine Tochter zu opfern, um ihn zu retten? Sollte Nyawĩras Vater glauben, Sikiokuu beschwichtigen zu müssen, dann tut er das ohne mich und meine Unterstützung. Ich überlasse euch eurer Dummheit. Ich gehe in die Kirche“, schloss sie mit einem Ton, der keinen Widerspruch duldete, und verließ das Zimmer.
Das Schweigen, das sie zurückließ, war greifbar angespannt. Normalerweise war Wangahũs Wort Gesetz in seinem Haus. Und in vielen Dingen vertraute Roithi seinem Urteil. Wenn Roithi jedoch einmal ein Vorgehen abgelehnt hatte, würde sie niemals ihre Meinung ändern.
„Nun, du hast es selbst gehört“, sagte Wangahũ, um das unbehagliche Schweigen zu brechen.
„Frauen. Sie wissen genau, wie sie ein Heim ins Unglück stürzen“, sagte Kaniũrũ. „Du hast selbst gehört, wie sie gesagt hat, Besitz kümmert sie nicht. Weiß sie überhaupt, welche Energie es kostet, auch nur den kleinsten Besitz zusammenzutragen? Genau das ist der Grund, warum unsere Ahnen die Frauen vom Recht auf Besitz ausgeschlossen haben.“
Matthew Mũgwanja Wangahũ hätte diesen Halunken am liebsten mit bloßen Händen erwürgt, und es hätte ihm nicht einmal leid getan. Wie konnte er es wagen, so in seinem Haus zu sprechen! In früheren Tagen hätte er den Kerl an die frische Luft befördert. Aber er war auch frustriert darüber, dass er teilweise mit Kaniũrũs Beurteilung der Frauen übereinstimmte. Sie sind doch alle gleich. Sogar die Gebildetsten. Allein wenn man sich den Abgrund ansah, an den ihn seine eigene Tochter, eine Frau mit Universitätsabschluss, getrieben hatte. Er war entweder ruiniert oder er musste sich von diesem Halunken weitere Demütigungen gefallen lassen. Und wie Roithi es gewagt hatte, mit diesem Mann zu sprechen, in dessen Händen ihr Schicksal lag! Was soll ich tun, um mich und meinen Besitz zu retten? In Gedanken zählte er die Minister durch, die er persönlich kannte und an die er sich mit der Bitte um Hilfe wenden
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