Herr der Krähen
konnte, aber sie alle waren mit dem Herrscher in Amerika. Er musste versuchen, Zeit zu gewinnen.
„Ich muss in die Kirche“, sagte er zu Kaniũrũ. „Ich werde über alles, was du vorgeschlagen hast, nachdenken.“
„Und wie steht es mit einem öffentlichen Aufruf an Nyawĩra, sich zu ergeben?“, fragte Kaniũrũ, der glaubte, Wangahũ spräche über die Anteile an seinem Unternehmen.
„Mehr habe ich dir im Augenblick nicht zu sagen“, beendete Wangahũ ihr Gespräch.
8
Kamĩtĩ, der jetzt ein gutes Einkommen hatte, beschloss auf Nyawĩras Zureden hin, zwei Wochen freizunehmen und seine Eltern zu besuchen. „Mach dir keine Sorgen“, versicherte Nyawĩra, „ich kann auch der Herr der Krähen sein.“
Das Dorf, in dem Kamĩtĩs Eltern wohnten, hieß Kĩambugi, Dorf der Kuhglocken, weil sich sein Wohlstand in vergangenen Zeiten auf die Zucht von Rindern und Ziegen gegründet hatte. Die Herden wurden von Bullen geführt, die Kuhglocken unterschiedlicher Größe und Form um den Hals hatten, anhand derer man die verschiedenen Besitzer erkennen konnte. Als Kamĩtĩ auf die Welt kam, war dieser Wohlstand bereits vorbei, aber an ein Lied, das sie als Dorfkinder immer gesungen hatten, zu dessen Klang sie herumgetollt und die Bewegungen und das Muhen der Kühe nachgeahmt hatten, erinnerte er sich noch:
Regen falle nieder
Ich bringe dir ein Opfer
Einen Bullen und einen dazu
mit Glocken um den Hals
die wundervoll klingen
Mwalimu Karĩmĩri, als der sein Vater allseits bekannt war, und seine Mutter Nũngari waren grau geworden, und Kamĩtĩ war erleichtert, sie bei guter Gesundheit zu finden. Auch sie waren überglücklich, ihn wiederzusehen, und tadelten ihn scherzhaft, so lange fortgeblieben zu sein, ohne ihnen zu berichten, wie es ihm in Eldares ergangen sei. Er erzählte von den Jahren, die er auf der Straße zugebracht und nach Arbeit gesucht hatte. Sie lachten und meinten, die Grundschulbildung ihrer Zeit müsse wohl mehr Wert gewesen sein als die höhere Bildung heutiger Tage, denn damals konnte man mit einem Abschlusszeugnis der Grundschule ohne Weiteres eine Stelle als Lehrer, Krankenpfleger, Landwirtschaftsberater oder Tierarztassistent bekommen und musste dafür nicht erst drei Jahre lang auf der Suche nach Arbeit durch die Straßen ziehen. Er sagte, er würde ihnen ein Stück Land kaufen und ein modernes Steinhaus darauf bauen, um ihnen für die vielen Opfer zu danken, die sie seinetwegen auf sich genommen hatten. So sehr sie sich darüber freuten, erinnerten sie ihn doch daran, dass ihnen sein Glück das Wichtigste sei. Sie seien an das Stückchen Land im Dorf, auf dem sie lebten, gewöhnt, und auch daran, gegen Bezahlung auf den Feldern anderer zu arbeiten. Das Leben sei nicht schwer, versicherten sie ihm. Was wir verdienen, reicht für uns beide. „Wir hätten aber auch nichts dagegen, in einem modernen Steinhaus in einem schönen Bett zu schlafen, ein Stückchen Land zu besitzen und ein oder zwei Kühe für die Milch.“
Später, am Abend, als Kamĩtĩ und sein Vater auf der Veranda saßen, fragte Mwalimu Karĩmĩri nach dem Beruf seines Sohnes. „Du hast gesagt, du willst uns ein Stück Land kaufen und ein modernes Haus bauen“, setzte sein Vater an. „Woher soll das Geld dafür kommen? Ich habe nicht ein Wort von dir über deine Arbeit gehört. Oder bist du in illegale Geschäfte verwickelt? Du weißt, dass ich nicht einen Cent anrühren würde, der aus unehrlichen Geschäften stammt.“
Kamĩtĩ zögerte und überlegte, was und wie er ihm von seinem neuen Beruf als Herr der Krähen erzählen sollte. Sein Vater hatte Augen, die bis ins Herz dringen konnten. Eine Lüge witterte er aus meilenweiter Entfernung.
Er beschloss, die Wahrheit nicht zurechtzustutzen, und erzählte, unter dem Namen Herr der Krähen eine Firma gegründet zu haben. Kamĩtĩ erwartete, sein Vater würde ihn zurechtweisen, und war überrascht, als dieser lachte. Er lachte so sehr, wie Kamĩtĩ später Nyawĩra erzählte, dass ihm Tränen über das Gesicht liefen.
„Und was treibst du als Herr der Krähen?“, fragte sein Vater zwischen zwei Lachanfällen. „Zauberei etwa? Du weißt, dass ich kein Geld anrühre, das aus Zauberei stammt. Bevor die Weißen kamen mit ihren eigenen Formen der Bestrafung, wurden Zauberer bei lebendigem Leibe verbrannt, wenn sie erwischt wurden. Also, welche Dienste hat der Herr der Krähen zu bieten?“, fragte der Alte wieder.
„Ich bringe niemanden um, wenn du das meinst. Sagen
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