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Herr der Moore

Herr der Moore

Titel: Herr der Moore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kealan Patrick Burke
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simpel. Ihre Augen fallen recht deutlich auf, wenn Sie sich so umsehen, aber missverstehen Sie mich nicht … reines Gedankenspiel. Wenn Sie sehen könnten oder jemand dazu in der Lage wäre, Ihnen das Augenlicht zu schenken, würden Sie das Geschenk annehmen?«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »Die Frage ist absurd.«
    »Finden Sie?«
    »Es handelt sich nicht um eine heilbare Krankheit. Das ist doch lächerlich.«
    »Oh, junger Mansfield, täuschen Sie sich nicht. In kleinen Ortschaften leben häufig auch kleine Geister, deren Horizont nicht über den Himmel oberhalb ihrer Schornsteine hinausreicht. Mag deren Welt auch hinter den Gattern ihrer Häuser aufhören, gestaltet sich längst nicht alles so schlicht und klar innerhalb der Grenzen. Es gibt Mittel und Wege, selbst vermeintlich unlösbare Probleme aus der Welt zu schaffen. Man kann die Welt auch mit anderen Augen sehen.«
    »Nun gut … ich wäre fürs Erste zufrieden, wenn Sie jemand anderen als mich belästigten.«
    »Wundert es Sie denn nicht, weshalb ich frage?«
    »Sind Sie Arzt?«
    »Insofern, als dass ich Menschen das biete, wonach sie verlangen, würde ich diese Frage bejahen.«
    »Ich habe keine Zeit für Ihresgleichen. Unser gegenwärtiger Hausarzt lässt manches zu wünschen übrig. Diesen Trunkenbold als schäbigen Möchtegern zu beschreiben, ginge wohl noch als Kompliment durch.«
    »Ich habe von ihm gehört.« Neil hörte Stiefelsohlen über den Boden kratzen; der Fremde trat näher. »Momentan bin ich aber vor allem an dir interessiert, Neil.«
    Der Junge fühlte sich schlagartig unwohl und wich langsam zurück, bis er mit dem Rücken an die eingekerbten Regalbretter stieß. »Aus welchem Grund?«
    »Weil ich glaube, dein Leben verändern zu können.«
    »Woraus schließen Sie, dass ich das möchte? «
    »Komm schon, jeder Junge in deinem Alter hegt einen Wunsch, für dessen Erfüllung er alles geben würde, und so überheblich es klingen mag, wähne ich mich wirklich imstande, deinen wahr werden zu lassen.«
    »Ich wünsche mir, dass Sie verschwinden. Können Sie das wahr machen?
    »Sieh an, sieh an. Du beliebst, zu scherzen?«
    Da es keine richtige Frage war, ging Neil nicht darauf ein. Allerdings beunruhigte ihn die Stille beziehungsweise der Umstand, dass eine Reaktion ausblieb. Zu seiner Erleichterung währte dies nicht lange. »Ich habe dich verärgert«, schloss der Fremde, »und dafür will ich mich entschuldigen, wenn ich auch sicher bin, dass wir noch voneinander hören, junger Mansfield. Genau genommen rechne ich damit, dich als engen Freund zu betrachten, sobald du einsiehst, wie wenig Gefahr von mir ausgeht … im Gegenteil.«
    »Sie können rechnen, womit Sie wollen, aber meine Geduld ist nun am Ende.« Neil widmete sich erneut den Regalen und tastete die Kerben ab, weil er sich ablenken und nicht mehr mit dem Unbekannten befassen wollte.
    »Das kann ich nachvollziehen, doch wir werden noch genügend Zeit bekommen, uns auszutauschen«, meinte der Mann. »Wenn wir uns das nächste Mal wieder über den Weg laufen, kannst du mir vielleicht mehr über das Mädchen erzählen, das dich vorhin besucht hat.«
    Neil erstarrte. Die Vorstellung, dass dieser übel riechende Irre etwas über Tabitha erfahren mochte, verunsicherte ihn zutiefst, obwohl er eigentlich keinen Anlass dazu hatte. »Kümmern Sie sich um Ihren eigenen Krempel«, grollte er, doch da knirschten die Stiefel bereits auf dem Kies vor der Tür; der Kerl hatte das Geschäft verlassen. Neil drehte sich um und spürte den Luftzug vom Eingang her. Die Stimme des Fremden, bezirzend, freundlich und dennoch kälter als alles, was er je gehört hatte, hallte in seinem Kopf wider.
    Ich glaube, dein Leben verändern zu können.

5

    »Zu voreiligen Jubelarien besteht kein Anlass«, relativierte Doktor Campbell, als er in den Flur kam und die Schlafzimmertür hinter sich zuzog. Dabei klemmte er den Ärmel seines zu großen Anzugs im Rahmen ein und brummelte eine Entschuldigung. Während er daran zerrte, stieß er jedoch eine Reihe deftiger Flüche aus.
    Typisch , dachte Kate.
    Mit einem letzten Zug knallte die Tür laut zu, was die häusliche Ruhe wie Donnerhall durchbrach. Der Arzt machte ein betretenes Gesicht, strich sein wirres Haar nach hinten und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Wie immer stank er nach Whiskey. Während Grady geduldig wartete, trappelte Kate mit dem Fuß ein Stakkato auf den Boden. Fahles Licht bleichte die Wände und tauchte die Winkel im Treppenhaus in

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