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Herr der Welt

Herr der Welt

Titel: Herr der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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beglückte?
    Mußte nicht der Besitz eines solchen Apparats, ob dieser
    nun schenkungsweise erhalten oder um welchen Preis auch
    immer erworben worden war, der Union ein unbestreitba-
    res Übergewicht verleihen?
    Am 10. dieses Monats erschien in der ›New York‹ zu-
    erst eine aufsehenerregende Besprechung in diesem Sinn.
    Aus dem Vergleich der Fahrgeschwindigkeit der schnellsten
    Kreuzer des Staates mit der des neuen schwimmenden Ap-
    parats ergab sich, daß Amerika, wenn es allein in dessen Be-
    sitz war, zur Fahrt nach Europa nur noch 3 Tage brauchte,
    während man umgekehrt von Europa aus denselben Weg
    bestenfalls erst in 5 Tagen zurücklegen konnte.
    Hatte die Polizei kurz vorher die Geheimnisse des Great
    Eyrie zu ergründen gesucht, so beseelte sie jetzt das nicht
    weniger lebhafte Verlangen, bezüglich des Chauffeurs, der
    verschwunden zu sein schien, Aufklärung zu erhalten. Das
    war ein Gesprächsgegenstand, auf den Mr. Ward immer
    gern zurückkam. Mein Vorgesetzter spielte dabei – ich weiß

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    recht wohl, ohne mich dadurch kränken zu wollen – auf
    meine Mission in North Carolina und auf deren Mißerfolg
    an, denn er ließ dabei deutlich durchblicken, daß er dieses
    Mißlingen nicht einem Fehler meinerseits zuschrieb. Sind
    Mauern einmal so hoch, daß man sie ohne Leiter nicht er-
    steigen kann, und fehlt es an einer solchen, so liegt es auf
    der Hand, daß man nicht über die Mauern hinwegkommt,
    wenn man sie nicht etwa durchbrechen kann. Das hinderte
    aber Mr. Ward nicht, sich wiederholt in der angedeuteten
    Weise zu äußern.
    »Ja, ja, mein armer Strock, das ist Ihnen mißlungen,
    nicht wahr?«
    »Gewiß, Mr. Ward, wie es jedem anderen übrigens auch
    ergangen wäre. Bei dieser Sache kommt es nur auf die Geld-
    mittel an. Wollen Sie die dafür aufwenden?«
    »Nun ja, ’s ist schon gut, Strock, schon gut. Ich hoffe,
    es wird sich unserem wackeren Oberinspektor schon eine
    Gelegenheit bieten, die kleine Scharte wieder auszuwetzen.
    Denken Sie nur an die Geschichte mit dem Automobil und
    mit dem Schiff; wenn Sie die aufklären könnten, das wäre ja
    eine Genugtuung für Sie und eine Ehre für uns alle.«
    »Sicherlich, Herr Direktor, und wenn ich den Auftrag er-
    hielte, sie in die Hand zu nehmen . . .«
    »Wer weiß, Strock? . . . Nur Geduld . . . noch ein wenig
    Geduld!«
    So war zur Zeit die Lage der Dinge, als mir Grad am
    Morgen des 15. Juni einen eben vom Postboten abgeliefer-
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    ten Brief übergab . . . einen eingeschriebenen Brief, dessen
    Empfang ich bescheinigen mußte.
    Ich betrachtete die Adresse, die eine mir unbekannte
    Handschrift zeigte. Von vorgestern datiert, trug der Um-
    schlag den Stempel des Postamts Morganton.
    Aus Morganton? Dann konnte dieser Brief wohl nur von
    Mr. Elias Smith herrühren.
    »Aha«, erklärte ich meiner guten Alten, »da schreibt Mr.
    Smith endlich an mich; es kann kein anderer sein. In Mor-
    ganton kenne ich niemand außer ihm. Wenn er mir schreibt,
    wie wir’s verabredeten, dann wird er mir etwas Wichtiges
    mitzuteilen haben.«
    »Morganton?« wiederholte Grad. »Ist’s nicht in dessen
    Nähe, wo die bösen Geister ihr Höllenfeuer angezündet ha-
    ben?«
    »Jawohl, Grad.«
    »Na, ich hoffe doch, daß Sie nie wieder dahin gehen wer-
    den.«
    »Warum denn nicht?«
    »Weil Sie schließlich in dem Hexenkessel des Great Eyrie
    bleiben würden, und das wünschte ich auf keinen Fall.«
    »Beruhigen Sie sich nur, Grad. Erst wollen wir einmal
    sehen, um was es sich in diesem Brief handelt.«
    Damit erbrach ich die Siegel des aus sehr festem und
    dichtem Papier bestehenden Umschlags. Die Siegel aus ro-
    tem Brieflack zeigten eine Art Wappenschild mit drei Ster-
    nen darin.
    Ich zog nun den Brief aus dem Umschlag. Er bestand nur
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    aus einem einfachen, zweimal zusammengefalteten Blatt,
    das auch nur auf einer Seite beschrieben war.
    Zuerst sah ich nach der Unterschrift.
    Eine solche fand sich aber überhaupt nicht . . . nur drei
    Buchstaben unter der letzten Zeile.
    »Der Brief kommt also nicht vom Bürgermeister von
    Morganton«, sagte ich.
    »Ja, von wem denn dann?« fragte Grad, die als Frau und
    obendrein als bejahrte Frau doppelt neugierig war.
    Während ich die als Unterschrift dienenden Buchstaben
    näher betrachtete, murmelte ich für mich:
    »Ich kenne doch weder in Morganton noch anderswo je-
    mand, auf den sie passen könnten.«
    Die Schrift des Briefs war ziemlich kräftig, Haar- und
    Grundstriche

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