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Herr der Welt

Herr der Welt

Titel: Herr der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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einem ungeheuren, kugelförmigen Kopf dar-
    über. Augen, die bei der geringsten Erregung zum Glühen
    kamen, und darüber, das Kennzeichen unbeugsamer Wil-
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    lens- und Tatkraft, ein stets angespannter Augenbrauen-
    muskel, kurze, schwach gekräuselte Haare mit metallischem
    Schein, etwa wie eine Kopfbedeckung aus stählernem Stroh,
    eine breite Brust, die sich wie ein Schmiedeblasebalg aus-
    dehnte und zusammenzog, Arme, Hände und Beine . . . alle
    des Rumpfs würdig, kein Schnurr- und kein Backenbart,
    nur ein dichter Kinnbart, wie er in Amerika beliebt ist und
    der das Gelenk der Kinnladen sehen ließ, deren Kaumus-
    keln sicherlich sehr stark entwickelt waren . . .
    Das war das Bild des außerordentlichen Mannes, das am
    13. Juni 18. . . in allen Zeitungen der Union erschien, das je-
    dermann mit Interesse am Morgen nach dem Tag betrach-
    tete, wo dieser Mann, das größte Aufsehen erregend, in ei-
    ner Sitzung des Weldon-Instituts in Philadelphia erschien.
    Jener Robur der Sieger war der, der sich eben vor mir
    emporgereckt hatte und mir seinen berühmten Namen wie
    eine Drohung ins Gesicht schleuderte . . . hier, hier mitten in
    der Felsenumwallung des Great Eyrie!
    Es erscheint mir an dieser Stelle geboten, mit kurzen
    Worten der Tatsachen zu gedenken, die dem genannten Ro-
    bur einst die Aufmerksamkeit des ganzen Landes zulenk-
    ten.* Von jenen Tatsachen und Vorfällen leitet sich dieses
    wunderbare Abenteuer her, dessen endlichen Ausgang kein
    Menschenwitz ahnen konnte.
    Am Abend des 12. Juni wurde in Philadelphia eine Ver-
    sammlung der Mitglieder des Weldon-Instituts abgehalten.
    * Siehe Vernes Werk mit dem Titel »Robur der Sieger«.
    — 237 —
    Den Vorsitz dabei führte Uncle Prudent, eine der hervor-
    ragendsten Persönlichkeiten in der Hauptstadt des Staates
    Pennsylvania. Als Schriftführer fungierte Phil Evans, eben-
    falls ein in der Stadt hochangesehener Mann. Man behan-
    delte eben die wichtige Frage der lenkbaren Luftschiffe.
    Auf Veranlassung des Verwaltungsrats war ein Ballon von
    40.000 Kubikmeter Fassungsvermögen, der ›Go ahead‹, her-
    gestellt worden. Seine horizontale Bewegung sollte durch
    eine leichte, doch sehr kräftige Dynamomaschine erfolgen,
    die einen Propeller antrieb und von der man die besten Re-
    sultate erwartete. Doch wo sollte diese Schraube angebracht
    werden, hinter der nachenförmigen Gondel nach der An-
    sicht der einen, oder vor dieser nach der Ansicht der an-
    deren?
    Diese Frage war noch nicht entschieden, und am ge-
    nannten Tag gerieten darüber die, sagen wir: »Vordersteu-
    rer« und die »Hintersteurer« heiß aneinander. Der Wort-
    wechsel wurde schließlich so lebhaft, daß einige Mitglieder
    des Weldon-Instituts nah daran waren, handgemein zu wer-
    den, als, mitten im größten Wirrwarr, ein Fremder darum
    ersuchte, ihm den Eintritt in den Sitzungssaal zu gestatten.
    Er stellte sich hier unter dem Namen Robur vor, bat ums
    Wort und erhielt es unter allgemeinem Stillschweigen. In
    seiner Rede nahm er freimütig Stellung zu den in der De-
    batte über lenkbare Luftschiffe geäußerten Ansichten und
    erklärte, daß der Mensch, der sich mit dem durch Segel,
    Schaufelrad oder Schraube bewegten Schiff zum Herrn der
    Meere aufgeschwungen hätte, zum Beherrscher des Luft-
    — 238 —
    meers nur werden könnte, wenn er Apparate benützte, die
    schwerer als die Luft wären, da man schwerer als diese sein
    müsse, um sich darin nach Belieben zu bewegen.
    Das berührte den schon so alten Streit über Ballonflug
    und Vogelflug. In der Versammlung, wo die Parteigänger
    des Grundsatzes »leichter als Luft« in der Mehrheit waren,
    entbrannte dieser Streit jetzt wieder mit solcher Heftigkeit,
    daß Robur, den man spottenderweise gleich den »Sieger«
    nannte, den Saal verlassen mußte.
    Einige Stunden nach dem Weggang des seltsamen
    Fremdlings wurden der Vorsitzende und der Schriftführer
    des Weldon-Instituts aber durch einen frechen Handstreich
    entführt. Als sie, begleitet von dem Diener Frycollin, durch
    den Fairmount Park gingen, stürzten sich mehrere Männer
    über sie und knebelten und fesselten die drei. Trotz ihres
    Widerstands schleppten sie sie durch die menschenleeren
    Alleen des Parks fort und brachten sie in einen Apparat, der
    in der Mitte einer freien Stelle des Gehölzes lag. Als es Tag
    wurde, schwebten sie, als Gefangene des Luftseglers Robur,
    hoch in der Luft über einem Land, das sie sich vergeblich zu
    erkennen bemühten.
    Uncle

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