Herr der Welt
regelmäßi-
gen Ovals, dessen größerer Durchmesser von Norden nach
Süden verlief. Über seine Felswände, seine Höhe und über
die Natur und Anordnung seines Kamms kann ich nichts
— 226 —
Näheres angeben. Über uns wälzten sich dichte Dunstmas-
sen hin, die die Sonne noch nicht aufzulösen vermocht
hatte. Einzelne besonders dichte Dunstfetzen hingen bis zu
dem sandigen Grund herunter. Jedenfalls waren wir noch
in den ersten Morgenstunden und der Nebel würde wohl
bald verschwinden.
Mir kam es vor, als herrschte im Innern des Kessels eine
recht niedrige Temperatur, obgleich heute der erste Tag
des August war. Ich schloß daraus, daß der Kessel in einem
hochaufragenden Landesteil der Neuen Welt liegen müsse.
Doch in welchem? . . . Es war ganz unmöglich, hiervon auch
nur eine Mutmaßung zu haben. So schnell der Flug des
Luftschiffs auch sein mochte, keinesfalls hätte es Zeit genug
gehabt, über den Atlantik oder den Pazifik hinwegzuflie-
gen, denn seit unserer Abfahrt vom Niagarafall waren doch
höchstens 12 Stunden verflossen.
Eben trat der Kapitän aus einer Vertiefung in der Ge-
steinswand, wahrscheinlich aus einer in den Fels an des-
sen Fuß eindringenden Grotte, deren Umgebung noch von
Dunstwolken erfüllt war.
Hoch oben sah man durch die Nebeldecke zuweilen die
Umrisse großer Vögel, deren heiserer Schrei die hier unten
herrschende Stille unterbrach. Wer weiß, ob sie nicht auf-
gescheucht waren durch das Erscheinen dieses Ungeheuers
mit riesengroßen Flügeln, mit dem sie sich weder an Kraft
noch an Schnelligkeit messen konnten.
Alles legte mir also die Annahme nah, daß es hier wäre,
wohin der »Herr der Welt« sich zurückzog, wenn eine sei-
— 227 —
ner wunderbaren Reisen zu Ende ging. Hier war die Garage
für sein Automobil, der Hafen für sein Schiff, das Nest für
seine Flugmaschine. Und jetzt lag die ›Terror‹ ohne Bewe-
gung auf dem Grund dieses Talkessels.
Endlich konnte ich mir diese also näher ansehen, und es
hatte den Anschein, als gedächte niemand, mich daran zu
hindern. Tatsächlich schien der Kapitän sich wegen meiner
Anwesenheit jetzt ebensowenig zu beunruhigen, wie die
ganze Zeit vorher. Seine beiden Begleiter gingen auf ihn zu.
Alle drei betraten gleich darauf die schon erwähnte Grotte.
Ich konnte also den Apparat betrachten . . . wenigstens von
außen. Was seine innere Einrichtung betraf, würde ich
wahrscheinlich nur auf Mutmaßungen beschränkt bleiben.
Außer der Luke meiner Kabine waren die übrigen Lu-
ken nämlich geschlossen, und ich versuchte vergeblich, sie
zu öffnen. Alles in allem war es ja vielleicht interessanter,
sich darüber klarzuwerden, welchen Motor die ›Terror‹ bei
ihren vielfachen Verwandlungen benützte. Ich sprang zur
Erde und hatte hier alle Muße, die erste umfassende Besich-
tigung vorzunehmen.
Der Apparat hatte eine spindelartige Form, am Vorder-
teil spitzer als am Hinterteil, der Rumpf bestand aus Alu-
minium, die Flügel waren aus einem Material hergestellt,
dessen Natur ich nicht zu bestimmen vermochte. Er ruhte
auf vier Rädern von 2 Fuß Durchmesser, deren Felgen mit
sehr dicken Reifen versehen waren, die den sanften Lauf bei
jeder Schnelligkeit gewährleisteten. Ihre Speichen verbrei-
terten sich zu länglichen Platten, und wenn die ›Terror‹ sich
— 228 —
— 229 —
auf oder unter dem Wasser befand, mußten diese ihre Fort-
bewegung beschleunigen helfen.
Die Räder bildeten aber nicht den hauptsächlichsten
Motor. Dieser bestand vielmehr aus zwei Parsonschen Tur-
binen, die longitudinal zu beiden Seiten des Kiels angeord-
net waren. Durch die Antriebsmaschine ungeheuer schnell
gedreht, bewirkten sie die Fortbewegung dadurch, daß sie
sich in das Wasser sozusagen einbohrten, und ich fragte
mich, ob sie nicht auch zur Fortbewegung in der Luft die-
nen möchten.
Wenn der Apparat in der Luft schwebte und weiterflog,
dann bewirkten das jedenfalls seine großen, weit entfalte-
ten Flügel, die in der Ruhelage wie Schiffsschwerte an sei-
nen Seiten herunterhingen. Der Erfinder hatte hier also die
Bauart »schwerer als Luft« angewendet, eine Bauart, die es
ihm ermöglichte, sich durch die Luft mit einer Geschwin-
digkeit zu bewegen, die vielleicht die der mächtigsten Vögel
übertraf.
Was die Kraftquelle anging, die diese verschiedenen Me-
chanismen in Tätigkeit setzte, so konnte das, ich wiederhole
es, nur die Elektrizität sein. Aus welcher
Weitere Kostenlose Bücher