Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herr der Welt

Herr der Welt

Titel: Herr der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
übrigblieben.
    Was sie beschlossen hatten, führten sie auch aus. Die
    Zündschnur der Patrone wurde, als es dunkel genug war,
    in Brand gesetzt, und alle drei glitten, ohne dabei gesehen
    worden zu sein, zur Erde hinunter. Da, im letzten Augen-
    blick, wurde ihr Entweichen noch bemerkt. Mehrere Flin-
    tenschüsse knatterten von der Plattform herab, doch ohne
    daß einer von ihnen getroffen wurde. Schnell stürzte sich
    Uncle Prudent auf das Ankertau und durchschnitt es mit
    fester Hand. Der ›Albatros‹, dem ja seine Treibschrauben
    fehlten, wurde vom Wind fortgetragen, und bald darauf
    durch die Explosion zertrümmert, versank er in den Wogen
    des Pazifiks.
    Der Leser erinnert sich wohl, daß es in der Nacht vom
    12. zum 13. Juni gewesen war, wo Uncle Prudent, Phil Evans
    und Frycollin auf dem Heimweg vom Weldon-Institut spur-
    los verschwanden. Seit dieser Zeit fehlte jede Nachricht von
    ihnen und es konnte sich auch niemand den seltsamen Vor-
    fall erklären. Bestand denn eine Beziehung zwischen die-
    sem unerklärlichen Verschwinden und dem Zwischenfall
    mit jenem Robur bei der denkwürdigen Sitzung? . . . Die-
    — 248 —
    ser Gedanke kam niemandem und konnte füglich auch nie-
    mandem kommen.
    Die Kollegen der beiden Vorstandsmitglieder beunru-
    higten sich aber doch sehr darüber, sie nicht wiederzusehen.
    Man veranlaßte Nachforschungen, die Polizei nahm sich
    der Sache an, Telegramme flogen nach allen Himmelsge-
    genden, durch die Neue wie durch die Alte Welt. Vergeblich
    . . . alles vergeblich. Selbst eine Belohnung von 5000 Dollar
    für jedermann, der eine Nachricht über die Verschwunde-
    nen bringen könnte, blieb unberührt in der Kasse des Wel-
    don-Instituts liegen.
    Das war die Sachlage. Die allgemeine Aufregung wuchs,
    vor allem in den Vereinigten Staaten, immer mehr . . . ich
    entsinne mich dessen ganz genau.
    Am 20. September verbreitete sich eine Nachricht,
    die zuerst nach Philadelphia gekommen war, mit Blitzes-
    schnelle überall hin:
    Uncle Prudent und Phil Evans waren am Nachmittag in
    die Präsidentenwohnung des Weldon-Instituts zurückge-
    kehrt.
    In einer noch am selben Abend zusammengerufenen
    Versammlung empfingen die Mitglieder ihre beiden Kolle-
    gen mit heller Begeisterung. Auf alle an die beiden gerich-
    teten Fragen antworteten diese mit größter Zurückhaltung,
    oder richtiger: sie antworteten eigentlich darauf gar nicht.
    Erst später erfuhr man folgendes:
    Nach ihrer Flucht und nach dem Verschwinden des ›Al-
    batros‹ beschäftigten sich Uncle Prudent und Phil Evans zu-
    — 249 —
    nächst mit der Frage bezüglich ihres Lebensunterhalts und
    warteten auf eine Gelegenheit, die Insel Chatam zu verlas-
    sen, sobald sich eine solche bieten würde. An der Westküste
    trafen sie auf einen Stamm von Eingeborenen, die ihnen
    wenigstens nicht unfreundlich entgegenkamen. Diese Insel
    wird aber wenig besucht, Seeschiffe legen nur selten daran
    an. Hier hieß es also: sich mit Geduld wappnen, und es ver-
    gingen volle 5 Wochen, ehe die »Schiffbrüchigen der Luft«
    sich nach Amerika einschiffen konnten.
    Doch als sie zurückgekehrt waren, weiß jemand, was die
    erste Beschäftigung Uncle Prudents und Phil Evans’ war? . . .
    Ganz einfach: sie nahmen ihre unterbrochene Arbeit wie-
    der auf, den Bau des Ballons ›Go ahead‹ zu vollenden, um
    noch einmal emporzusteigen in die hohen Schichten der
    Atmosphäre, die sie kurz zuvor – und unter welchen Ver-
    hältnissen! an Bord eines Luftschiffs – durchstreift hatten.
    Hätten sie das nicht getan, sie wären ja keine waschechten
    Amerikaner gewesen!
    Am 20. April des nächsten Jahres war der Aerostat fertig,
    unter Führung Harry W. Tinders’, eines berühmten Luft-
    schiffers, aufzusteigen, und diesen sollten der Vorsitzende
    und der Schriftführer des Weldon-Instituts begleiten.
    Ich muß hier einfügen, daß seit deren Rückkehr kein
    Mensch von Robur gehört hatte, so als ob dieser gar nicht
    existiert hätte. Lag denn auch nicht hinreichend Grund vor,
    zu glauben, daß seine abenteuerliche Laufbahn mit der Ex-
    plosion des darauf vom Pazifik verschlungenen ›Albatros‹
    beendet gewesen wäre?
    — 250 —
    Der zum Aufstieg bestimmte Tag kam heran. Ich befand
    mich mit vielen tausend Zuschauern im Fairmount Park.
    Der ›Go ahead‹ war bestimmt, sich infolge seiner ungeheu-
    ren Größe bis zu den größten Höhen zu erheben. Nament-
    lich war der Streit zwischen den »Vordersteurern« und den
    »Hintersteurern« jetzt

Weitere Kostenlose Bücher