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Herr der Welt

Herr der Welt

Titel: Herr der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Quelle schöpften
    aber die Akkumulatoren? Gab es irgendwo eine Erzeu-
    gungsstätte der elektrischen Energie, durch die sie geladen
    wurden? . . . Arbeiteten solche Dynamos vielleicht in einer
    der Höhlen des Talkessels?
    Aus meiner Besichtigung ging also hervor, daß dieser
    Apparat mit Rädern, Turbinen und Flügeln ausgestattet war,
    ich wußte aber noch nichts von dem Mechanismus und der
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    Kraft, die sie in Tätigkeit setzten. Doch was hätte mir die
    Entdeckung dieses Geheimnisses auch nützen können? . . .
    Ich hätte dann doch wenigstens frei sein müssen, und nach
    allem, was ich wußte – so wenig das auch war – würde mir
    der »Herr der Welt« die Freiheit niemals wiedergeben.
    Nun blieb freilich noch die Möglichkeit übrig, einmal zu
    entfliehen. Würde sich eine Gelegenheit dazu aber jemals
    bieten? . . . Und wenn das nicht im Verlauf der Fahrten der
    ›Terror‹ geschah, sollte es der Fall sein, während sie in die-
    sem Kessel lag?
    Jedenfalls galt es mir zunächst die Frage zu lösen, wo
    dieser Kessel überhaupt lag. An welcher Stelle war das Luft-
    schiff zur Erde niedergegangen? Hatten die Felsenwände
    überhaupt einen Ausgang nach der Umgebung? . . . Konnte
    man hier hinein nur mit Benützung eines Flugapparats ge-
    langen? . . . In welchem Teil der Vereinigten Staaten waren
    wir zur Erde herabgekommen? . . . So schnell der Flug der
    ›Terror‹ auch sein mochte, konnte sie, vorausgesetzt, daß
    ihr Aufstieg erst gestern erfolgt war, doch unmöglich Ame-
    rika und die Neue Welt verlassen und die Alte Welt erreicht
    haben. Wahrscheinlich war der im Lauf der Nacht von ihr
    zurückgelegte Weg doch nur auf einige hundert Lieues zu
    veranschlagen.
    Da drängte sich mir eine Vermutung auf, die mich so
    wiederholt erfüllte, daß sie näher geprüft, ja als treffend an-
    genommen zu werden verdiente. Warum sollte die ›Terror‹
    als Zufluchtsort und Versteck nicht gerade den Great Eyrie
    haben? . . . Der fliegende Apparat konnte in diesen ja ganz
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    leicht hineingelangen. Was Geier und Adler taten, konnte
    das das Luftschiff nicht ebenfalls tun? . . . Bot der unersteig-
    bare Horst dem »Herrn der Welt« nicht einen höchst ge-
    heimnisvollen Zufluchtsort und Ruheplatz, den unsere Po-
    lizei noch nicht hatte entdecken können, und worin sich
    jener als vor jeder Überraschung geschützt glauben mußte?
    Dazu beträgt die Entfernung vom Niagarafall bis zu die-
    sem Teil der Blue Ridge Mountains nicht über 450 Meilen,
    die die ›Terror‹ in 12 Stunden recht bequem zurücklegen
    konnte.
    Ja, neben anderen Gedanken nahm diese Vorstellung
    in meinem Gehirn immer bestimmtere Gestalt an, und
    erklärte sich dadurch nicht die Natur der von mir bisher
    nicht durchschauten Beziehungen zwischen dem Great Ey-
    rie und dem Mann, der mit »H.d.W.« unterzeichnet hatte?
    . . . Dazu die gegen mich geschleuderten Drohungen, wenn
    ich mein – damals verfehltes – Unternehmen wiederholte.
    Ferner die Ausspionierung, deren Opfer ich war. Und die
    Erscheinungen, die man am Great Eyrie beobachtet hatte,
    sollte nicht auch deren Auftreten aus einem mir noch nicht
    erkennbaren Grund ihm als Urheber zuzuschreiben sein?
    . . . Ja, der Great Eyrie . . . der Great Eyrie! . . . Und da es mir
    vorher unmöglich gewesen war, in ihn einzudringen, würde
    es mir nun möglich sein, ihn anders als an Bord der ›Terror‹
    zu verlassen?
    Ah, wenn der Nebel verschwand, konnte ich das viel-
    leicht erkennen. Vielleicht verwandelte sich meine Mutma-
    ßung zur greifbaren Wirklichkeit.
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    Da es mir jetzt freistand, hin und her zu gehen, und we-
    der der Kapitän noch seine Leute sich um mich im gerings-
    ten kümmerten, wollte ich einmal an der geschlossenen
    Wand herumspazieren.
    Da die drei sich jetzt in einer Grotte der Nordseite be-
    fanden, begann ich meine Besichtigung am äußersten Süd-
    ende.
    An der Felsenmauer angekommen, ging ich an ihrem,
    von zahlreichen Aushöhlungen unterbrochenem Fuß hin.
    Über mir erhob sich die glatte Wand aus Feldspat, aus der
    die Kette der Alleghenies hauptsächlich besteht. Wie hoch
    die Wand war, wie sich ihr oberster Rand gestaltete, das
    konnte ich noch nicht sehen, dazu mußte ich warten, bis
    der Nebel sich unter dem Einfluß eines kräftigen Windes
    oder durch die Wirkung der Sonnenstrahlen verflüchtigt
    hatte.
    Inzwischen folgte ich dem Innenrand der Felsmasse
    weiter, deren Höhlen und Grotten nur durch ihre Vorder-
    öffnung einiges Licht

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