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Herr der zwei Welten

Herr der zwei Welten

Titel: Herr der zwei Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sibylle Meyer
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dienen, dürfen sie den Winter über in unseren Hütten wohnen. Ansonsten müssten sie erfrieren, denn die Winter sind sehr streng.“
    Julie schluckte. Sie wurde durch das Erzählte peinlich an die Erde erinnert. Was taten die Menschen dort für die Tiere, die sie aßen? Julie atmete schwer ein, denn die Antwort fiel nicht gerade human aus. Es gab einfach so viel zu erzählen, so viele neue Eindrücke zu sammeln, dass sie nicht lange darüber nachdachte. Trotz der Anstrengung der vergangenen Tage spürten sie die Müdigkeit alle erst sehr spät. Aber schließlich war es bereits Nacht geworden und die Strapazen forderten nun ihren Tribut. Man wies ihnen zwei Hütten zu. Julie hatte damit gerechnet, dass die Hütten innen wohl einen altertümlichen Eindruck machten. Vielleicht ein Stil, der der Gotik ihrer Welt ähnelte? Doch nun waren sie doch ganz anders gebaut! Die Dächer waren mit Pflanzwedeln gedeckt und die Wände bestanden aus einem trockenen, schweren Lehmgemisch. Als Julie nun aber in die Hütte trat, stellte sie verblüfft fest, dass die Hütte innen total mit Holz getäfelt war. In das Holz waren kunstvolle Muster geschnitzt. Staunend besah sie sich die Schnitzereien näher. Es mussten geradezu begnadete Künstler gewesen sein, die diese Bilder in das Holz geritzt hatten! Solche Präzessionsarbeit hatte sie noch nie gesehen! Tagsüber war es in den Hütten angenehm kühl, aber des Nachts spendeten sie Wärme und Behaglichkeit. Julie teilte sich die Hütte mit Bernhard, Kai und Simonja. Sie waren sich einig gewesen, dass Dervit nun endlich mal allein mit seiner Familie sein sollte. Die kleine Familie hatte in letzter Zeit so viel Schlimmes erfahren, dass sie sicher ganz froh waren, mal einige Stunden nur für sich zu haben. Sie würden dies zwar niemals zugeben, aber Julie war sicher, dass es genauso war.
    Aber auch sie war glücklich. Es war einfach herrlich mal wieder unter richtigen Decken zu liegen! Julie hatte dieses Gefühl schon beinahe vergessen. Auch hier waren die Decken mit so etwas wie Daunen gefüllt. Es fühlte sich herrlich weich an. Julie kuschelte sich in ihre Decke und war in ihrer Traumwelt angekommen, noch ehe sie es geschafft hatte, ihre Augen richtig zu schließen.
    *
    Seit einiger Zeit hatte Eugeñio ein ungutes Gefühl. Seine hochempfindlichen Sinne hatten ihm ein fremdes Bewusstsein gemeldet. Jemand beobachtete sie! Gaston war noch zu jung. Zu schwach. Er spürte es nicht, diese fremde Macht. Doch obwohl Eugeñios Sinne weit ausgefeilter waren, vermochte auch er es nicht, diesen Fremden zu orten, geschweige denn, ihn abzuschütteln. Seine Sinne hatten ihm lediglich ein feines Signal gesandt und er reagierte wie die Schlange auf den bevorstehenden Ausbruch eines Vulkans. Genau so sicher! Ein leichtes Zucken durchlief seine Züge. Der Fremde wollte im Verborgenen bleiben und es gab keine Möglichkeit für den spanischen Vampir, daran etwas zu ändern. Doch er wusste, mit wem er es zu tun hatte!
    Dämono, der Uralte, war auf den Plan getreten!

    Doch die aufkeimende Furcht vor diesem ältesten und stärksten aller noch existierenden Vampire, war durch die Liebe zu Julie und dem Wunsch sie zu finden, bereits im Keim erstickt worden. Nein, er würde sich nicht von seinem Plan abbringen lassen! Und wenn er dem nicht ausweichen konnte, na gut, dann würde er notfalls auch kämpfen!
    Irgendwo im Kongo.
    Das schaurige Gelächter hallte durch die Nacht. Dämono, der Uralte, stand in seiner unterirdischen Grotte. In seiner jahrhundertealten Gruft. Spinnendürre Finger griffen in das lange weiße Haar. Hier, tief unter der Erde, war sein Reich. Von hier aus regierte er und beobachtete. Sein Alter war immens. 1294 war sein Geburtsjahr gewesen. Dämono wunderte sich, dass er sich überhaupt noch daran erinnern konnte. Schließlich waren seitdem beinahe siebenhundert Jahre verstrichen. Aber es gab ihn immer noch!
    Im Gegenteil: Seine Macht, seine Stärke war nur noch größer geworden. Er hatte sich dieses unterirdische Reich aufgebaut; geschützt vom magischen Siegel. Hier verbrachte er die Tage, fern allen Lichts. Das Jagen hatte er schon vor langer Zeit aufgegeben. Er hatte es nicht mehr nötig. Er hatte seine Diener, schwarze Eingeborene, für die er seit Hunderten von Jahren, ihre Gottheit war. Sie huldigten ihm und sie brachten ihm Opfer dar. Junge Frauen, zumeist noch Kinder, opferten sie ihm freiwillig! Ja, so lebte man als König der Nacht! Nicht so, wie es die jüngeren Vampire der

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