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Herr der zwei Welten

Herr der zwei Welten

Titel: Herr der zwei Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sibylle Meyer
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rosafarbener Nebel! Sekunden später spürte sie, wie sie schwebte. Es war ein merkwürdiges Gefühl, wie sie durch diese dichten Nebelschwaden schwebte. Durch dieses Nichts! Durch diese Leere! Verwirrt fragte sie sich, ob das nun der Tod war.
    „Bin ich gestorben?“ dachte sie. War das die Art von Himmel, den ihre Seele erreichte, wenn sie den Körper verlassen hatte? Hatte ihre Seele ihren Körper verlassen? Sie versuchte sich auf sich selbst zu konzentrieren, aber sie konnte ihren Körper nicht spüren. Mit keiner einzigen Faser; nur ihr Geist war noch existent. Plötzlich sah sie, wie sich direkt vor ihr, zwei Nebelschwaden zu verdichten begannen. Verwirrt sah sie diesem Schauspiel zu. Die Nebelschwaden wurden immer dichter, bis sich ein Körper daraus zu manifestieren begann. Dieser Körper glitt geräuschlos, aus dem Nichts, auf sie zu. Langsam verstärkten sich die Konturen der Gestalt. Sie erblickte ein Gesicht. Ein Gesicht, das sie kannte! Eugeñio! Plötzlich spürte Julie ihr Herz! Es schien Luftsprünge zu machen. Und das, obwohl sie keinen Herzschlag spüren konnte. Wenn das der Tod war, dann wollte sie tot sein! Sie war sprachlos! Sprachlos und glücklich starrte sie auf diese Gestalt, in dieses Gesicht, dass sie so sehr liebte!
    Als der Vampir zu sprechen begann, war es ohne die Lippen zu bewegen. Doch Julie registrierte das nur am Rande, denn jedes einzelne seiner Worte brachte alles in ihr zum Schwingen! Jedes dieser Worte, die sie nur in ihrem Geist hörte, war stärker, als es je ein gesprochenes war. Sie waren hier nicht mehr länger, wie einzelne Personen die sich gegenüberstanden. Nein, jetzt waren sie Eins! Alles an ihm, sein Geist, sein Leben war plötzlich ein Teil ihrer Selbst.
    „Julie, ich wusste, dass du lebst!“ Seine Worte übermittelten ihr all die Liebe und Wärme, nach denen sie sich so gesehnt hatte. Julie verspürte nur noch das Verlangen, sich tief in seine Arme zu vergraben und ewig mit ihm genau so zusammen zu sein. Sie hob ihre Arme ihm entgegen und prallte erschrocken zurück. Es war nicht möglich ihn zu berühren! Sie besaß keine wirklichen Arme und auch sein Körper war nur Schein. Keiner von ihnen hatte einen wirklichen Körper. Sie waren nur Teil dieses zarten rosa Nebels! Also war sie doch tot! Aber warum war er dann hier? Vampire waren doch unsterblich. Oder irrte sie sich da?
    „Was ist das hier? Eugeñio, sind wir jetzt beide tot? Ist das der Himmel? –Sag, dass es nicht nur ein Traum ist. Bitte lass mich niemals erwachen!“
    „Es ist kein Traum! Julie, bitte höre mir jetzt zu! Wir haben nicht mehr viel Zeit. Ich weiß nicht, wie lange ich uns beide noch in dieser Ebene halten kann.- Sage mir einfach, wo du bist!“
    Julie starrte erstaunt in dieses geliebte Gesicht. Sie konnte nicht verstehen, was er meinte. War er denn nicht selber hier? Warum fragte er sie das jetzt?
    Trotzdem antwortete sie stockend:
    „Wo ich bin? Jetzt? Hier? Nein?- Ich bin in der Bunten Welt. Ich weiß nicht, wie ich dahin gekommen bin. Auf einmal war ich eben dort. Zurzeit bin ich im Gelben Land.“ Julie schluchzte. Sie spürte, dass alles, was sie jetzt erlebte, wahr war.
    „Wenn das hier kein Traum ist, dann hole mich bitte, bitte zurück! Ich liebe dich so sehr! Mach, dass ich immer bei dir sein kann. Bitte mach mich zu einem von euch! Mein Leben bedeutet mir nichts ohne dich! Das musst du doch spüren!“
    Julie schluchzte laut auf. Sie hatte begriffen und war sich dessen doch noch nicht sicher. In ihrem rein mentalen Zustand übermittelte sie all ihre Angst und ihre Traurigkeit an Eugeñio. Er spürte ihre Zerrissenheit, ihren Schmerz, als wäre es sein eigener. Dennoch klang seine Stimme hart.
    „Nein! Niemals sollst du so werden wie ich!“
    Julie zuckte zurück. Doch dann sprach er weiter und diesmal lag so viel Zärtlichkeit in seine Worten.
    „Ich will dich, genauso sehr wie du mich! Ich will dich in meiner Nähe haben. Ich habe eingesehen, dass man nicht vor seinen Gefühlen flüchten kann. Glaube mir, auch ich brauche dich!- Erzähle mir jetzt bitte alles, was du weißt. Wie bist du in diese Welt gelangt?“
    Doch da begannen Julies Konturen zu verblassen, was von der schwindenden Kraft der beiden Vampire zeugte. Es bedurfte hoher geistiger Kräfte sich selbst in diese mentale Ebene einzuschleusen, aber eine andere Person, die noch dazu jemanden der selbst niemals in der Lage wäre, diese Ebene zu erreichen, ja nicht einmal etwas davon wusste, bedeutete verzehrende

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