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Herr der zwei Welten

Herr der zwei Welten

Titel: Herr der zwei Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sibylle Meyer
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Schließlich hatte er ja bereits Erfahrungen machen dürfen. Allein mit sich, die Gedanken bei Julie. War das schon eine neue, erregende Erfahrung gewesen, so war es doch Nichts im Vergleich zu heute Nacht! Beinahe hätte er wieder vergessen, was ihn Sekunden zuvor so verunsichert hatte. Doch mit brutaler Deutlichkeit drängte sich der erste Gedanke wieder in den Vordergrund und damit war seine Angst wieder da! Was würde sie sagen, wenn sie sah, wie ihr rotes Blut die Beine hinunter lief, oder auf der Erde, auf der sie gelegen hatten, den Boden färbte? Wie könnte sie ihn dann noch wollen? Eugeñio wandte den Kopf, damit sie in diesem Moment nicht in seine Augen sehen konnte. Er zweifelte nicht daran, dass sie seine Gefühle erkennen würde, wenn sie den Schmerz in seinen Augen sah.
    Er sah Gaston auf der anderen Seite der Höhle liegen. Er hatte die Hände über der Brust gefaltet.
    „Die Sonne!“ schrie Julie in seinen Armen. „Oh Gott!“
    Eugeñio spürte, wie sie zitterte. Sie wandte den Kopf und stierte auf den Eingang. Doch sie konnte nichts erkennen. Hier drinnen erhellte einzig und allein der schmale Kegel der Taschenlampe die nähere Umgebung, vielleicht dreißig Zentimeter im Umkreis. Von draußen drang kein Licht herein. Doch hatte dies was zu sagen? Sie rief Gastons Namen. Doch sie erhielt keine Antwort. Sie spürte die nackte Angst! Kaum dass sie noch zu atmen wagte. Sie fühlte sich wie ein Mann, der vor seinem Henker stand. Schrecklich!
    Sie spürte, wie Eugeñio seine Arme um sie schlang und sie wieder zu sich zog.
    „Hab keine Angst.“ tröstete er. War das zu fassen? Wie konnte er denn so ruhig bleiben? Er sollte sich jetzt nicht um sie kümmern, sondern machen, dass er sich auf sein Lager legte! Es ging um sein Leben! Merkte er das denn nicht?
    Aber dann hörte sie ihn sagen:
    „Wenn die Sonne bereits aufgegangen wäre, würde ich längst im Todesschlaf liegen. Darauf haben wir keinen Einfluss. – Die Strahlen der Sonne könnten mich hier drinnen sicher nicht töten. Vermutlich nicht einmal verletzten. Dennoch bin ich ihrem Einfluss unterlegen. Ich wäre nicht mehr wach, wenn es schon Tag wäre.“
    Langsam beruhigte sie sich. Dann machte sie sich aus seinen Armen frei, küsste ihn noch einmal auf den Mund und stand auf. Vorsichtig schritt sie auf den verbarrikadierten Eingang zu.
    Eugeñio wunderte es, wie leicht es ihm fiel, über solche Dinge mit ihr zu reden.
    Manchmal hatte er noch Angst und dann wieder war ein Vertrauen in ihm, dass er sich nicht erklären konnte. Julie machte sich Sorgen um ihn! Und er hatte nichts anderes zu tun, als ihrem nackten Körper dabei zuzusehen, wie er sich langsam durch die Dunkelheit tastete. Sie war so schön! Ungläubig schaute er auf ihre Beine. Sein Liebessaft folgte der Schwerkraft und lief feucht daran hinunter. Doch es war kein Blut! Die Flüssigkeit sah aus, wie sie aussehen sollte. Bei Sterblichen aussehen sollte! Fassungslos konnte er seinen Blick nicht mehr von diesen feucht glitzernden Tropfen nehmen. Er versuchte im Kopf zu ordnen, zu sortieren, was das alles zu bedeuten hatte. Währenddessen hatte Julie, mit vor sich weit ausgestreckten Händen, den Höhleneingang ertastet. Sie fummelte an den geflochtenen Zweigen, versuchte die Richtung zu bestimmen, in der sie verflochten waren. Dann hatte sie gefunden, wonach sie gesucht hatte. Vorsichtig legte sie einen kleinen Spalt frei und späte hindurch.
    Was sie sah, ließ sie erstarren.
    „Oh Gott! Eugeñio …“ halb stotterte, halb schrie sie. „Ich kann zwar nicht richtig sehen, aber es ist … Es ist Tag!“
    Sie hatte den Kopf in der Dunkelheit in seine Richtung gedreht. Sie konnte ihn nicht sehen, aber plötzlich spürte sie etwas. Er war in ihrem Hirn. In ihren Gedanken. Sie kannte das schon, wenn er versuchte ihre Gedanken zu lesen; aber dieses Mal war anders. Es kam schon beinahe Scherz gleich, so als sauge er etwas aus ihr heraus. Aber dann war es wieder vorbei.
    „Entschuldige!“ hauchte er. „Ich wollte nicht …“
    „Was? Ist gut. Tu was! Ich hab Angst!“ schrie sie ihm verzweifelt zu. Sie rannte los. Obwohl sie nicht die Hand vor Augen sehen konnte, die Taschenlampe hatte ihren Geist aufgegeben, als sie auf halbem Weg zum Eingang gewesen war, rannte sie auf ihn zu. Es war ihr egal, ob sie sich an den scharfkantigen Vorsprüngen, von denen es genug in der Höhle gab, stoßen oder aufschlitzen würde. Sie wollte zu ihm! Ihm helfen!
    „Was sagst du da? Das kann doch nicht

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