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Herr der zwei Welten

Herr der zwei Welten

Titel: Herr der zwei Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sibylle Meyer
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immer größerer Geschwindigkeit direkt auf sie zu. Das Geräusch war auch wieder da. Lauter. Grausiger. Es war ein langer breiter Schlauch, dessen Öffnung direkt auf sie zeigte. Der Merlock! Kurz wurde Julie an diese bunten Schläuche aus weichem, buntem Plastik erinnert, durch die auf Kinderfesten die Kleinen hindurchkriechen konnten. Doch das, was da auf sie zukam, hatte nichts von einem Kinderfest. Dieser Schlauch war weiß und neblig und … tödlich! Schon aus dieser beträchtlichen Entfernung wirkte er riesengroß! Zu ihrem Entsetzten erkannte sie jetzt, dass diese augenscheinlichen Wände, allein durch die Geschwindigkeit, in der sich die Luft innerhalb dieses Schlauches drehte, entstanden. Innerhalb dieses Dings musste ein gewaltiger Sog bestehen. Vielleicht wie innerhalb eines Tornados. Vielleicht schlimmer! Und dieses Ding kam geradewegs auf sie zu. Sicher würde es nicht mehr lange dauern, bis er die Höhle erreicht haben würde. Julie blinzelte. Schon verschwamm sein Bild. Schon allein die hohe Geschwindigkeit sorgte dafür, dass man nichts Klares mehr erkennen konnte. Julie hatte Angst! Doch schlagartig war da ein anderes Bild. Sie sah immer noch den Merlock. Aber nicht mehr durch ihre Augen! Sie sah den Merlock aus allernächster Nähe; blickte ihm in sein offenes Maul! Wie war das möglich? Entsetzt schlug sie die Hände vors Gesicht, doch das Bild blieb. Der Merlock! Sie sah ihn mit Eugeñios Augen! Fassungslos sickerte das Verstehen in ihren Geist. Oh mein Gott! Jetzt verstand sie auch, weshalb die beiden die Höhle verlassen hatten! Und weshalb Eugeñio ihr nichts davon gesagt hatte. Ihre fein ausgeprägten Sinne hatten ihnen das Kommen des Merlocks natürlich viel früher angekündigt. Sie wussten davon, noch ehe sie selbst auch nur erahnen konnte, was da auf sie zukam. Die Beiden hatten, verflucht noch mal, sogar gewusst, dass dieser Mördersturm genau auf TsiTsis Höhle zukam! Doch woher wusste sie das jetzt? Wieso hatte sie so plötzlich das Gefühl, durch Eugeñios Augen zu sehen?! Oh! Verdammt noch mal! Aber jetzt war nicht die Zeit, sich darüber Gedanken zu machen. Sie wusste einfach, dass die beiden gerade in diesem Moment versuchten das Unmögliche zu tun. Sich dem Merlock in den Weg zu stellen! Julie zitterte vor Angst. Sie kniff die Augen zusammen und doch half nichts. Sie sah den Merlock so nah vor sich und sie wusste, was das zu bedeuten hatte! Dann, fast schleichend, merkte sie noch etwas anderes. Sie spürte, wie sich Eugeñios Geist mit dem von Gaston verband. Vor ihren Augen war das ein durchaus plastisch wirkendes Bild. Etwas wie ein starkes Tau, das sich von einem zum anderen spann. Dieses Tau, oder was immer es war, wurde immer stärker. Julie sah die beiden Männer, sah, wie sie sich gegenseitig stützten. Wie sie sich gegen den Sturm stellten. Sie hätte schreien mögen, aber ihre Kehle war zugeschnürt. Sie spürte quasi diesen Sog, der immer stärker wurde. Der Merlock hatte sein gieriges Maul aufgerissen und wollte das verschlingen, was Julie am wichtigsten war. Julie spürte ihre Beine nicht mehr, sie gaben unter ihr nach. Die Männer taumelten gefährlich. Julie betete. Etwas anderes konnte sie nicht tun. Und auch das Gebet musste sie stumm für sich aufsagen. Es war etwas Unmögliches, auch nur einen einzigen Ton über die Lippen zu kriegen. Sie spürte nicht, wie sie von Pieter und Liz wieder auf die Beine gestellt wurde und sie hörte auch nicht, wie TsiTsi schrie oder Dervit betete. Aber sie hörte die Kinder. Karon. Thela. Und ganz leise das Baby. Diese Geräusche drangen als Einziges zu ihr durch. Aber auch sie waren Nebensache. Eugeñio! Der Merlock kam immer näher. Noch immer kam er direkt auf die Höhle zu. Aber zwischen ihm und der Höhle standen Eugeñio und Gaston! Plötzlich sah Julie, wie er von seiner ursprünglichen Richtung abwich. Nur ein wenig, aber dennoch! Hatten sie es geschafft? Aber nein! Julie schrie! Der Merlock raste nun direkt auf Eugeñio und Gaston zu. Ihr Gesicht war plötzlich eine Maske. Eine Maske aus Schmerz und Panik!
    „Biiiiiteeeeee Neiiiiin!“
    Nur noch Sekunden, dann würde sie zusehen müssen, wie der Mann, der ihr alles bedeutete, vom Merlock verschlungen wurde! Julie zitterte, die Tränen rannen ihr über die Wangen, ihr war heiß und kalt und … Sie war leer!
    Das Tosen des Merlocks übertönte alles. Und das donnernde, tosende Geräusch wurde noch immer lauter. Die eingeschneiten Pflanzen, die in seinem Weg standen,

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