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Herr der zwei Welten

Herr der zwei Welten

Titel: Herr der zwei Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sibylle Meyer
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dort auf. – Sie bestand nur aus … Licht. Und doch konnte ich sie ansehen! Ich hatte gerade mein … Abendmahl bereitet“ bei diesen Worten lief ein Grinsen über seine Züge. „Ich hatte ein junges Mädchen zu einem dieser alten Fischerkähne gelockt. In demselben Moment, als ich gerade im Begriff war, ihr frisches Blut zu kosten, kam dieses … Lichtwesen plötzlich auf mich zu. Sie kam aus dem Nichts! Sie …“
    „Moment mal! Nicht so schnell! Bitte, was hat denn deine Süße dazu gesagt? Vor wem hatte sie da wohl die größere Angst?“ Es kostete Gaston nun wirkliche Anstrengung, nicht in lautes Gelächter auszubrechen. Eugeñio konnte das nur allzu gut verstehen. Ungerührt sprach er weiter:
    „Sie stand unter Hypnose. Damals brauchte ich noch die kleinen Tricks, um sie gefügig zu machen. Ich war eben noch ziemlich unsicher.“
    „Ja, ja, du warst eben noch ein Grünschnabel. Das sagtest du bereits. Komm endlich zum Kern!“
    Eugeñio nickte nur.
    „Dieses Licht, es sah zuerst wie … na eben wie ein gebündelter Lichtstrahl aus, nahm plötzlich Gestalt an. Arme, Beine, Figur und eben all das, was man sich unter einem menschlichen Körper vorstellt. Sie besaß eine geradezu vortreffliche Figur. Weiblich, durch und durch! Aber sie veränderte in keinster Weise ihre Bestandteile. Dennoch, obwohl sie noch immer nur aus Licht bestand, konnte ich bald sogar ihr Gesicht ausmachen. Ein richtiges Frauengesicht. Sie war schön! Ganz aus weißem Licht bestehend, begann sie plötzlich zu sprechen. Verstehst du? Nicht dass ich ihre Worte verstand. Sie sprach in keiner Sprache, die ich je gehört hatte. Auch in keiner, die ich mittlerweile gehört hätte. – Sie sprach nicht mit ihren Stimmbändern. – Ihre Lippen bewegten sich nicht einmal. Es war eher so, wie wir es gelernt haben, als der KEIM uns infizierte. Aber doch ganz anders. Irgendwie drang sie direkt in meine Gedanken ein. Es war, als würde ich in meinem Kopf ihre Gedanken haben. Als würde sie mit meinem Gehirn denken!- Jedenfalls verstand ich, was sie mir sagen wollte. Sie war eben eine fremde Identität, die sich plötzlich in meinem Kopf befand.- Anders kann ich es nicht erklären. Sie sprach zu mir von Liebe und Gefühlen und sie erzählte mir, dass sie selbst allein war. Sie war in der Tat noch viel einsamer als ich es damals war. Sie erzählte mir, dass sie nicht verstehen könne, dass wir Menschen, trotz unserer gigantischen Anzahl, noch immer einsam wären. Uns, so sagte sie, würde das Gefühl für die wahre Liebe fehlen. Und … sie wollte, ausgerechnet von mir, eine Erklärung! Ich denke, sie wusste nicht einmal, dass ich kein Mensch war. Ich war sprachlos! Anders kann ich diesen Zustand kaum beschreiben. Plötzlich streckte sie mir ihre gleißend grelle Hand entgegen. Ich zuckte zurück und war dann nicht mehr fähig mich zu bewegen. Heute erst weiß ich, dass es damals nur zum Teil Angst war, die mich daran hinderte, ihre Hand zu ergreifen. Damals aber hätte ich nicht einmal sagen können, vor was ich eigentlich solche Angst hatte. Nur … es war … mein Hirn war einfach vollkommen leer. Meine eigenen Gedanken waren weg. Mein Hirn gab einfach keine Befehle mehr an meine Glieder weiter. Verstehst du? - Jedenfalls schien sie es zu spüren. Sie lachte. Ihr Lachen war … wie das Klingen tausender kleiner Glocken. So hell. So klar. Sie sagte, sie werde warten. Worauf? Keine Ahnung!“
    Eugeñio ließ einen Moment verstreichen, ehe er weiter sprach.
    „Ich werde sie nie vergessen. Sie schaute mich direkt an. In all dem blendenden Licht, aus dem ihr Gesicht bestand, konnte ich sehen, dass sie traurig war. – Vielleicht war es auch nur das Gefühl in mir, das mir von ihrer großen Traurigkeit erzählte. Ich weiß es nicht! – Dann, einfach so, war alles wieder dunkel. Sie war fort. Es war vorbei.- Und weißt du, was ich tat? Ich drehte mich auf dem Absatz um und rannte, als ginge es um mein Leben! Ich hatte das Mädchen vollkommen vergessen. An diesem einen Morgen lag ich, zum ersten Mal, hungrig in meinem Sarg. Ja, damals schlief ich tatsächlich noch in einem richtigen Sarg. Stilecht, nicht? Ich weiß, du hast so etwas nie kennengelernt. Dich lehrte man gleich, dass Muttererde, Friedhöfe und Särge nur in den Märchen der Sterblichen zum Dasein eines Vampirs gehören. Glaub mir, selbst ich habe diese Unart ziemlich schnell beiseitelassen können!“
    Eugeñios Lachen war leise und klang, selbst in seinen Ohren, unecht.
    Gaston hatte

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