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Herr des Chaos

Herr des Chaos

Titel: Herr des Chaos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Anweisungen des Großen Herrn zu befolgen gedenken.« Damit trat er durch das Tor, allerdings ohne den Blick von ihrem Gesicht zu wenden.
    Graendal behielt ihren bedrückten Gesichtsausdruck bei, bis sich das Tor hinter Sammael geschlossen hatte, und dann gestattete sie sich, mit den Fingernägeln auf die Marmorbrüstung zu klopfen. Mit seinem goldenen Haar mochte Sammael beinahe gut genug aussehen, um unter ihre speziellen Lieblinge eingereiht zu werden, wenn er nur Semirhage erlauben würde, diese über sein ganzes Gesicht eingebrannte Furche zu entfernen. Sie war die einzige, die noch die Fertigkeiten aufwies, etwas zu tun, was früher als ganz einfache Angelegenheit gegolten hätte. Es war natürlich ein völlig nebensächlicher Gedankengang. Die eigentliche Frage war, ob sich ihre Mühe ausgezahlt hatte.
    Shaofan und Chiape spielten ihre fremdartige atonale Musik, voll von komplexen Harmonien und seltsamen Dissonanzen. Irgendwie klang es trotzdem schön. Ihre Gesichter strahlten vor Freude darüber, daß es ihr gefallen könnte. Sie nickte und spürte ihr Entzücken beinahe körperlich. Sie waren jetzt um so vieles glücklicher, als sie gewesen wären, hätte sie die beiden sich selbst überlassen. Soviel Mühe, sie zu finden und herzubringen, und das alles ausschließlich für diese paar Minuten mit Sammael. Natürlich hätte sie sich weniger Mühe machen können - jeder andere aus ihrem Land hätte es auch getan -, aber sie hatte ihre Qualitätsmaßstäbe, selbst wenn es nur um ein augenblickliches Manöver ging. Vor langer Zeit hatte sie sich entschlossen, jede Art von Vergnügen auszukosten, nichts auszulassen, solange es ihren Rang beim Großen Herrn nicht gefährdete.
    Ihr Blick fiel auf die Eingeweide, die ihren Teppich beschmutzten, und ihre Nase rümpfte sich gereizt. Das Gewebe konnte man wohl noch retten, aber es ärgerte sie, daß sie das Blut selbst würde entfernen müssen. Sie erteilte einige kurze Befehle, und dann eilte Osana und beaufsichtigte die Leute, die den Teppich hinaustrugen. Und die Rashans Überreste beseitigten.
    Sammael war wirklich ein leicht durchschaubarer Narr. Nein, kein Narr. Er war tödlich, wenn er direkt gegen etwas kämpfen konnte, etwas, das er ganz klar vor sich sah, aber wenn es um subtilere Dinge ging, hätte er genausogut blind sein können. Sehr wahrscheinlich glaubte er nun, ihr Ablenkungsmanöver habe dem Zweck gedient, das zu kaschieren, was sie und die anderen vorhatten. Etwas, das er sich überhaupt nicht vorstellen konnte, war die Tatsache, daß sie jeden Winkel seines Verstandes kannte, jede Wendung seiner Gedanken vorausahnte. Schließlich hatte sie ja mehr als vierhundert Jahre damit verbracht, die Arbeitsweise von Gehirnen zu erforschen, die viel verschlungener und krankhafter waren als seines. Man konnte ihn so einfach durchschauen. So sehr er sich auch bemühte, es zu verbergen: er war ziemlich verzweifelt. Er war gefangen in einer Falle, die er selbst entworfen hatte, einer Falle, die er bis zum Tod verteidigen würde, anstatt wegzulaufen, einer Falle, in der er vermutlich ums Leben kommen würde.
    Sie nippte an ihrem Wein, und ihre Stirn runzelte sich leicht. Möglich, daß sie bereits ihren Zweck bei ihm erreicht hatte, wenn sie an sich auch erwartete, sie werde dafür vier oder fünf Besuche benötigen. Sie mußte einen Grund finden, ihn in Illian zu besuchen. Es war am besten, einen Patienten sorgfältig zu beobachten, und zwar auch nach dem Zeitpunkt, an dem man ihn anscheinend auf den richtigen Weg gebracht hatte.
    Ob der Junge nun ein einfacher Bauernlümmel war oder wirklich der wiedergekehrte Lews Therin - und da konnte sie sich noch nicht entscheiden -, so hatte er sich in jedem Fall doch als entschieden zu gefährlich erwiesen. Sie diente dem Großen Herrn der Dunkelheit, aber sie hatte nicht vor, zu sterben, nicht einmal für den Großen Herrn. Sie würde für immer weiterleben. Selbstverständlich handelte man nicht gegen auch nur die unbedeutendsten Wünsche des Großen Herrn, wenn man nicht eine Ewigkeit damit verbringen wollte, qualvoll zu sterben, und eine weitere Ewigkeit, in der man sich nach dieser noch immer weniger schlimmen Agonie des langen Sterbens zurücksehnte. Dennoch, Rand al'Thor mußte beseitigt werden, aber Sammael sollte dafür büßen. Falls ihm klar würde, daß er auf Rand al'Thor angesetzt worden war wie ein Dornat auf die Jagdbeute, wäre sie schon sehr überrascht. Nein, er war kein Mann, der solche Feinheiten

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