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Herr des Chaos

Herr des Chaos

Titel: Herr des Chaos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Frauen, Aufgenommene, konnten doch nicht genug von der Welt wissen, um einzuschätzen, was möglich war und was nicht! Junge Frauen waren leichtgläubig und leicht zu beeinflussen; sie sahen und glaubten manchmal Dinge, die es gar nicht gab. Es kostete Elayne Mühe, nicht mit dem Fuß aufzustampfen. Eine Aufgenommene nahm das an, was die Aes Sedai ihr gaben, und verlangte keine Dinge, die ihr die Aes Sedai nicht geben wollten. Beispielsweise Entschuldigungen. Sie behielt ihre Gefühle für sich und machte eine ausdruckslose Miene.
    Siuan beherrschte sich in solchen Fällen weniger. Jedenfalls zumeist. Wenn die Aes Sedai sie nicht ansahen, bedachte sie diese mit ihren finstersten Blicken. Klar, wenn eine der drei dann in ihre Richtung blickte, wandelte sich ihre Miene im Handumdrehen zu demütiger Ergebenheit. Darin hatte sie bereits eine Menge Übung. Ein Löwe überlebt, indem er sich wie ein Löwe verhält, hatte sie Elayne einmal gesagt, und eine Maus, indem sie sich wie eine Maus verhält. Trotzdem war Siuan selbst nur die armselige Imitation einer Maus.
    Elayne glaubte, in Siuans Blick etwas wie Besorgnis zu erkennen. Dies war Siuans Aufgabe gewesen, seit sie den Aes Sedai bewies, daß sie problemlos den Ring benutzen konnte - sicher, erst nachdem sie und Leane heimlichen Unterricht durch Nynaeve und Elayne erhalten hatten - und eine hervorragende Informationsquelle darstellte. Es kostete Zeit, den Kontakt mit den über die verschiedenen Länder verstreuten Augen und Ohren wiederherzustellen und ihre Berichte von der Weißen Burg nach Salidar umzulenken. Falls Sheriam und die anderen vorhatten, diese Aufgabe selbst zu übernehmen, wäre Siuan nicht mehr so nützlich für sie. In der Geschichte der Burg war noch niemals ein Agentennetz von einer Frau geführt worden, die nicht wenigstens Aes Sedai war, bis Siuan mit ihren Kenntnissen der Augen und Ohren der Amyrlin selbst nach Salidar gekommen war, und darüber hinaus kannte sie auch noch die Augen und Ohren der Blauen Ajah, denn die hatte sie vor ihrer Wahl zur Amyrlin geleitet. Beonin und Carlinya zögerten ganz unverhohlen, sich da auf eine Frau zu verlassen, die nicht mehr zu ihnen gehörte, und die anderen waren auch nicht gerade begeistert gewesen. Um der Wahrheit die Ehre zu geben: Sie alle fühlten sich nicht wohl in Gegenwart einer Frau, die eine Dämpfung hinter sich hatte.
    Es gab auch für Elayne im Moment nichts zu tun. Die Aes Sedai mochten dies vielleicht als Lektion bezeichnen und betrachteten es möglicherweise wirklich als solche, aber sie wußte aus Erfahrung, wenn sie ungebeten versuchte, sie weiter zu unterrichten, würde man ihr fast den Kopf dafür abreißen. Sie war dabei, um jede Frage zu beantworten, die die anderen an sie stellen wollten, und sonst gar nichts. So stellte sie sich einen Hocker vor. Der erschien prompt, mit in Rankenform geschnitzten Beinen. Sie setzte sich hin und wartete. Ein Stuhl wäre bequemer gewesen, würde aber wieder Kritik hervorrufen. Wenn eine Aufgenommene es sich bequem machte, nahman von ihr an, sie habe nicht genug zu tun. Einen Augenblick später ließ Siuan einen beinahe identischen Hocker erscheinen. Sie lächelte Elayne etwas gezwungen zu und schnitt den Rücken der Aes Sedai eine Grimasse.
    Als Elayne dieses Zimmer in Tel'aran'rhiod zum erstenmal betreten hatte, hatte vor dem schweren Schreibtisch ein Dutzend oder mehr solcher Hocker im Halbkreis gestanden. Bei jedem Besuch waren es weniger gewesen, und jetzt stand keiner mehr dort. Sie war sicher, daß das eine Bedeutung haben mußte, doch welche, das konnte sie sich nicht vorstellen. Sie zweifelte nicht daran, daß es auch Siuan aufgefallen war. Vermutlich hatte die schon einen Grund im Kopf, dachte aber nicht daran, ihre Überlegungen mit Nynaeve oder Elayne zu teilen.
    »Die Kampfhandlungen in Schienar und Arafel haben stark nachgelassen«, murmelte Sheriam mehr in sich selbst hinein, »aber es steht immer noch nichts drin, warum sie überhaupt begannen. Auch wenn es nur bloße Scharmützel waren, kämpfen doch die Menschen der Grenzlande nicht gegeneinander. Sie haben schließlich die Fäule im Nacken.« Sie kam aus Saldaea, und Saldaea gehörte zu den Grenzlanden.
    »Wenigstens bleibt es in der Fäule noch ruhig«, sagte Myrelle. »Beinahe zu ruhig. Das kann nicht andauern. Es ist schon gut, daß Elaida in den Grenzlanden genug Augen und Ohren besitzt.« Siuan brachte eine Mischung aus schuldbewußtem und gleichzeitig wütendem Blick hervor, mit

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