Herr des Chaos
und überliefen. Besonders Demandred. Ich hätte ihn töten sollen! Ich hätte sie alle toten sollen! Die Erde verbrennen, um alle zu töten! Die Erde verbrennen!
Mit erstarrtem Gesicht kämpfte Rand um seinen Verstand. Ich bin Rand al'Thor. Rand al'Thor! Ich habe Sammael und Demandred oder die anderen niemals kennengelernt. Das Licht senge mich, ich bin Rand al'Thor! Wie ein schwaches Echo kam von irgendwoher ein weiterer Gedanke: Das Licht soll mich verbrennen. Es klang wie eine Bitte. Dann war Lews Therin weg, zurückgetrieben in die Schatten seiner armseligen Existenz.
Bashere ergriff in das Schweigen hinein die Initiative. »Ihr sagt, Ihr wärt Mazrim Taim?« Es klang zweifelnd, und Rand blickte ihn verwirrt an. War das nun Taim oder nicht? Nur ein Verrückter würde diesen Namen annehmen, wenn er nicht sein eigener war.
Der Mund des Gefangenen verzog sich ganz leicht zu etwas, was ein Anflug eines Lächelns sein mochte, und er rieb sich das Kinn. »Ich habe mich rasiert, Bashere.« In seiner Stimme lag mehr als nur eine Andeutung von Spott. »Es ist heiß, so weit unten im Süden, oder hattet Ihr das nicht bemerkt? Selbst hier ist es heißer, als es eigentlich sein sollte. Wollt Ihr einen Beweis, daß ich es bin? Soll ich für Euch die Macht benützen?« Der Blick aus seinen schwarzen Augen huschte zu Rand hinüber und dann zu Bashere zurück, dessen Gesicht mit jeder Minute dunkler anlief. »Vielleicht doch besser nicht, jedenfalls nicht jetzt. Ich erinnere mich an Euch. Ich hatte Euch bei Irinjavar geschlagen, bis diese Visionen am Himmel erschienen. Aber das weiß natürlich jeder. Was weiß nicht jeder, sondern ausschließlich Mazrim Taim und Ihr?« Er schien so auf Bashere konzentriert, daß er die Wachen und ihre Schwertspitzen, die noch immer fast seine Rippen berührten, gar nicht mehr bemerkte. »Wie ich hörte, habt Ihr nicht berichtet, was mit Musar und Hachari und ihren Frauen geschah.« Der Spott war verflogen, und nun berichtete er lediglich über tatsächlich Geschehenes. »Sie hätten nicht versuchen dürfen, mich unter einer weißen Waffenstillstandsflagge zu töten. Ich nehme an, Ihr habt gute Arbeitsplätze als Diener für sie gefunden? Alles, was sie jetzt noch tun wollen, ist zu dienen und zu gehorchen. Nichts anderes kann sie noch glücklich machen. Ich hätte sie töten können. Alle vier hatten die Dolche gezogen.«
»Taim«, grollte Bashere, wobei seine Hand an das Heft seines Schwertes fuhr, »Ihr...!«
Rand trat zwischen sie und packte ihn am Handgelenk. Die Klinge war erst halb aus der Scheide. Die Klingen der Wachen und auch Tumads berührten Taim nun. So, wie sie gegen seinen Mantel drückten, drangen sie wahrscheinlich bis auf die Haut durch, doch er zuckte nicht mit der Wimper. »Seid Ihr gekommen, um mich zu sehen, oder um Lord Bashere herauszufordern? Wenn Ihr das noch einmal versucht, lasse ich Euch durch ihn töten. Meine Amnestie betrifft das, was Ihr getan habt, aber sie schließt nicht ein, daß Ihr euch mit Euren Verbrechen brüstet.«
Taim musterte Rand einen Augenblick lang, bevor er sich äußerte. Trotz der Hitze schwitzte der Kerl kaum. »Um Euch zu sehen. Ihr wart derjenige, den ich in jener Vision am Himmel sah. Man behauptet, es sei der Dunkle König selbst gewesen, gegen den Ihr gekämpft habt.«
»Nicht der Dunkle König«, sagte Rand. Bashere kämpfte nicht direkt gegen seinen Griff an, aber er konnte die Anspannung im Arm des Mannes spüren. Ließe er jetzt los, dann würde er innerhalb eines Herzschlags die Klinge ziehen und Taim durchbohren. Es sei denn, er gebrauchte die Macht. Oder Taim kam ihm zuvor. Das mußte er wenn möglich vermeiden. Er behielt den Griff an Basheres Handgelenk bei. »Er nannte sich Ba'alzamon, aber ich glaube, es war Ishamael. Ich habe ihn später dann im Stein von Tear getötet.«
»Wie ich hörte, habt Ihr etliche der Verlorenen getötet. Sollte ich Euch mit ›mein Lord Drache‹ ansprechen? Ich habe gehört daß dieser Haufen hier diesen Titel benützt. Habt Ihr vor, alle Verlorenen zu töten?«
»Kennt Ihr eine andere Möglichkeit, mit ihnen zu verfahren?« fragte Rand. »Entweder sie sterben, oder die Welt stirbt. Es sei denn, Ihr glaubt man könne sie dazu überreden, den Schatten genauso im Stich zu lassen wie einst das Licht.« Das wurde langsam lächerlich. Hier stand er und unterhielt sich mit einem Mann, dem sich unter dem Mantel fünf Schwertspitzen in die Haut bohrten. Vermutlich blutete er schon. Und er stand
Weitere Kostenlose Bücher