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Herr des Lichts

Herr des Lichts

Titel: Herr des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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allgemeinen einen Bogen um die beiden Altäre und vermieden es, zwischen ihnen hindurchzugehen; und wenn die Dunkelheit hereingebrochen war, regierte in diesem Teil des Hofes stets das Schweigen und die Stille; kein später Beter wagte sich vor die Gottheiten des Todes.
    Als die Frühlingswinde über das Land fuhren, kam aus dem Norden ein Mann namens Rild. Ein schmächtiger Mann, weit weniger alt, als sein weißes Haar es vermuten ließ. Rild, der den dunklen Staat eines Pilgers trug, um dessen Unterarm sich aber man stellte es fest, als er eines Tages stark fiebernd in einem Wassergraben gefunden wurde - die karmesinrote Würgeschnur seines wahren Standes ringelte: Rild.
    Rild kam im Frühling zur Zeit des Festes. Er kam nach Alundil mit den blaugrünen Feldern, den strohgedeckten Hütten und den Holzhäusern, den ungepflasterten Straßen und den vielen Herbergen, Basaren, Heiligen und Märchenerzählern; er kam in die Stadt der religiösen Erweckung, um den Lehrer zu sehen, dessen Ruf weit ins Land hinausgedrungen war, kam in die Stadt, in deren Tempel seine Schutzgöttin Königin war.
     
    Die Zeit des Festes.
    Noch vor zwanzig Jahren war das Fest eine nahezu ausschließlich lokale Angelegenheit gewesen. Nun aber, da ein nicht abreißender Strom von Reisenden durch die Stadt floß, um den Erleuchteten anzuhören, der den Weg des Achtfachen Pfades lehrte, hatte das Fest von Alundil so viele Pilger angezogen, daß die Unterkünfte nicht mehr ausreichten. Diejenigen Einwohner, die Zelte besaßen, konnten sie um eine hohe Gebühr verleihen. Die Ställe waren von den Pilgern bis auf den letzten Platz besetzt. Sogar das offene Land konnte als Lagerstätte vermietet werden.
    Alundil liebte seinen Buddha. Viele andere Städte hatten versucht, ihn aus seinem Purpurhain zu locken: Schengodu, die Blume der Berge, hatte ihm einen Palast und einen Harem geboten, wenn er seine Lehre auf ihren Hängen verkündete. Aber der Erleuchtete ging nicht in die Berge. Kannaka vom Schlangenfluß hatte ihm Elefanten und Schiffe, ein Haus in der Stadt und ein Haus auf dem Lande, Pferde und Diener geboten, damit er dorthin käme und auf den Kaimauern der Stadt predigte. Aber der Erleuchtete ging nicht an den Fluß.
    Der Buddha blieb in seinem Hain, und alle, alle kamen zu ihm. Die Jahre vergingen, und das Fest wuchs an Dauer, Umfang und Vollkommenheit. Es war wie ein wohlgenährter Drache, dessen Schuppen schimmern. Die Brahmanen am Orte billigten die anti- ritualistischen Lehren des Buddha nicht, aber seine Gegenwart füllte ihre Truhen bis zum Rand; und so lernten sie es, in seinem Schatten zu leben, und das Wort Tirthika - Ketzer - kam niemals über ihre Lippen.
    Der Buddha blieb in seinem Hain, und alle, alle kamen zu ihm, zuletzt kam auch Rild.
    Die Zeit des Festes.
    Das Trommeln begann am Abend des dritten Tages. Es waren die bauchigen Trommeln der Kathakali, die in schnellem Wirbel dröhnten. Das meilenweit hörbare Staccato drang über die Felder in die Stadt, über die Stadt hinweg, über das Purpurgehölz und über das öde Sumpfland, das sich dahinter erstreckte. Die Trommler trugen weiße Mundus. Bis zur Hüfte waren sie nackt, und ihr dunkles Fleisch glänzte vor Schweiß. Sie arbeiteten in Schichten, so anstrengend war das gewaltige Rühren der Trommeln, die sie ertönen ließen; nicht ein einziges Mal wurde das Dröhnen der Schläge unterbrochen, auch dann nicht, wenn eine neue Reihe von Trommlern vor den straff gespannten Instrumentenköpfen Platz nahm.
    Sofort nachdem das Dröhnen der Trommeln eingesetzt hatte, waren die Pilger und die Einheimischen aufgebrochen; nun, da die Dunkelheit das Land einhüllte, trafen sie auf dem Festgelände ein, das so groß war wie die Schlachtfelder von einst. Sie suchten sich einen Platz und warteten, den süßlich riechenden Tee schlürfend, den sie bei den Ständen unter den Bäumen kauften, daß die Nacht tiefer wurde und das Schauspiel begann.
    Ein mannshohes Kupferbecken voll Öl, aus dem Dochte heraushingen, stand in der Mitte des Festplatzes. Die Dochte brannten, und neben den Zelten der Schauspieler flackerten Fackeln.
    Von nahem war das Trommeln ohrenbetäubend und hypnotisch - mit kompliziertem, synkopiertem, tückischem Rhythmus. Als die Mitternacht heranrückte, begann das andächtige Singen. Im Einklang mit dem Schlag der Trommeln hob und senkte es sich und warf ein Netz über die Sinne.
    Als der Erleuchtete und seine Mönche eintrafen, die gelben Kutten im Licht der Flammen

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