Herr des Lichts
zu holen, den zweiten, um Jannaveg, den Segelmacher, hierherzubringen, der in der Straße der Weber wohnt. Von den drei Lanzenreitern, die in der Herberge zurückgeblieben sind, können zwei abgezogen werden. Einer soll noch bis zum Sonnenuntergang den Khan von Irabek dort festhalten. Dann soll er ihn fesseln und zurücklassen, während er selbst zu uns stößt.«
Strake lächelte und salutierte.
»Einige Männer sollen mich in die Halle tragen. Gebt auf den Meister acht.«
Er verbrannte seinen alten Körper zusammen mit den Leibern der Gefallenen. Die Wächter des Karma waren bis auf einen Mann im Kampf getötet worden. Von den sieben namenlosen Meistern hatte nur der fette Obere überlebt. Die Sperma- und Ovulatanks konnten nicht transportiert werden, aber die Übertragungsmaschinerie selbst wurde unter der Anleitung von Dr. Narada auseinandergenommen und ihre Einzelteile auf die Pferde derjenigen geladen, die im Kampf gefallen waren. Der junge Fürst saß auf seiner Schimmelstute und beobachtete, wie die Feuerzungen wuchsen und über den Leichen zusammenschlugen. Acht Scheiterhaufen flammten in den heraufdämmernden Morgen. Der Mann, der ein Segelmacher gewesen war, hatte seinen Blick auf den Scheiterhaufen geheftet, der in unmittelbarer Nähe des Tores errichtet und als letzter entzündet worden war. Seine Flammen erreichten erst jetzt ihre volle Höhe, erreichten erst jetzt die feiste Körpermasse eines Leichnams, der eine schwarze Robe mit gelbem Rad auf der Brust trug. Als das Feuer über ihn leckte und die Robe zu glimmen begann, hob der Hund, der in dem verwüsteten Garten kauerte, unter fast schluchzendem Jaulen seinen Kopf. Siddhartha hatte Wort gehalten. Der Meister lebte.
»Mit dem heutigen Tag ist dein Sündenregister nicht mehr zu überbieten«, sagte der Segelmacher.
»Aber denk an mein Gebetsregister!« entgegnete der Fürst. »Fürs erste muß ich mich daran halten. Zukünftige Theologen werden die endgültige Entscheidung fällen müssen, ob all die Scheiben, die ich in die Gebetautomaten habe stecken lassen, eine annehmbare Buße für meine Sünden sind.«
»Der Himmel wird vor einigen Rätseln stehen: was heute hier geschehen ist - wo ich bin, falls ich noch lebe - wer ich bin. Es ist Zeit aufzubrechen, Kapitän. Aufzubrechen, um ein Stück in die Berge hinein zu reiten. Dort werden sich unsere Wege aus Gründen der Sicherheit trennen müssen. Ich bin mir noch nicht sicher, welchen Weg ich nehmen werde, ich weiß nur, daß er mich zum Tor des Himmels führt und daß ich dann gewappnet sein muß.«
»Bezwinger der Dämonen«, sagte der andere. Er lächelte dabei.
Der Anführer der Lanzenreiter näherte sich. Der Fürst nickte ihm zu. Befehle erschallten.
Die Kolonnen der Berittenen setzten sich in Bewegung, passierten das Tor des Palasthofes, bogen dann von der Straße ab und trieben die Pferde den Hang hinauf, der im Südosten der Stadt Mahartha lag. Ihre toten Kameraden verglühten hinter ihnen auf den Scheiterhaufen, und glühend auch stieg die Sonne über dem Morgenhorizont auf.
3
Als der Lehrer erschien - so heißt es - kamen Menschen aller Kasten, kamen Tiere, Götter und zuweilen ein Heiliger, um seine Lehren zu hören; und sie wurden bestärkt und aufgerichtet. Allgemein hielt man ihn für einen Erleuchteten, aber es gab auch solche, die ihn einen Schwindler, einen Sünder, einen Verbrecher oder einen Possenreißer nannten. Doch waren nicht alle, die das taten, unter seine Feinde zu zählen; so wenig, wie alle, die er bestärkt und aufgerichtet hatte, unter seine Freunde und Verfechter gezählt werden konnten. Seine Anhänger nannten ihn Mahasamatman und einen Gott. Nachdem es nun offensichtlich war, daß er als Lehrer anerkannt wurde, daß man ihm überall mit Hochachtung begegnete, daß er unter den Reichen viele Anhänger besaß und daß sein Ruf weit ins Land gedrungen war, verlieh man ihm den Titel Tathagata; das heißt: Der,-der-am- Ziel-ist. Es verdient vermerkt zu werden, daß die Göttin Kali (die man auch Durga nennt, wenn sie ihre sanfteren Augenblicke hat) sich niemals offen zu seiner Buddhaschaft äußerte, daß sie ihm aber eine einzigartige Ehre zuteil werden ließ, indem sie ihren heiligen Scharfrichter und nicht einen gedungenen Meuchelmörder nach ihm aussandte. So zollte sie ihm ihre Anerkennung.
Der wahre Dhamma wird nicht untergehen,
bis ein falscher Dhamma sich in der Welt erhebt
Wenn der falsche Dhamma sich erhebt,
muß der wahre Dhamma
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