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Herr des Lichts

Herr des Lichts

Titel: Herr des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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erwiderte der andere. »Davor war er unter dem Namen Rild bekannt.«
    »Rild!« Yama lachte leise. »Ihr wollt mir im Ernst erzählen, daß er mehr war als ein Henker, dem Ihr seinen Beruf ausgeredet habt?«
    »Viele Leute sind Henker, denen man ihren Beruf ausgeredet hat«, erwiderte der auf dem Felsen. »Rild gab seinen Auftrag bereitwillig auf und wurde ein Jünger des Pfades. Er war der einzige Mensch, von dem ich weiß, daß er wirklich Erleuchtung erlangt hat.« »Ist das, was Ihr verbreitet, nicht eine pazifistische Religion?«
    »Ja.«
    Yama warf seinen Kopf zurück und lachte. »Götter! Dann ist es nur gut, daß Ihr keine kämpferische Religion vertretet! Euer Lieblingsschüler in seiner ganzen Erleuchtung hätte mich heute nachmittag beinahe umgebracht!«
    Ein müder Zug trat in das offene Gesicht des Buddha. »Glaubt Ihr denn, daß er Euch tatsächlich hätte besiegen können?«
    Yama schwieg einen Augenblick lang. »Nein«, sagte er dann.
    »Glaubt Ihr nicht, daß er das wußte?«
    »Vielleicht«, erwiderte Yama.
    »Kanntet ihr euch nicht schon? Wart ihr nicht schon einmal zusammengetroffen? Hatte jeder von euch den anderen nicht schon im Kampf gesehen?«
    »Ja«, sagte Yama. »Wir waren miteinander vertraut.«
    »Dann kannte er Eure Kampfstärke und wußte, wie der Zusammenstoß ausgehen würde.«
    Yama schwieg.
    »Er ist willentlich in seinen Tod gegangen. Ich selbst wußte nichts davon. Daß er wirklich Hoffnung gehabt hat, Euch zu besiegen, glaube ich nicht.«
    »Warum dann?«
    »Um etwas zu beweisen.«
    »Was hoffte er denn, auf solche Art zu beweisen?«
    »Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, daß es so gewesen sein muß, wie ich gesagt habe, denn ich kannte ihn gut. Ich habe seinen Predigten und seinen feinsinnigen Gleichnissen zu oft zugehört, um daran zu glauben, daß er eine Tat wie diese ohne Zweck und Ziel begehen könnte. Ihr habt den wahren Buddha getötet, Todesgott. Und wer ich bin, wißt Ihr.«
    »Siddhartha«, sagte Yama, den förmlichen Ton fallen lassend, »ich weiß, daß du ein Betrüger bist. Ich weiß, daß du kein Erleuchteter bist, und es ist mir klar, daß jeder andere Erste sich ebensogut an die alte Lehre hätte zurückerinnern können. Du hast dich entschlossen, diese Lehre Wiederaufleben zu lassen und gibst sie als deine Lehre aus. Du hast dich entschlossen, sie zu verbreiten, in der Hoffnung, Widerstand gegen die Religion zu wecken, durch die die wahren Götter herrschen. Ich bewundere deine Anstrengungen. Du hast die Sache geschickt ausgeheckt und eingefädelt. Aber es scheint mir doch, daß du einen großen Fehler gemacht hast, den Fehler, ausgerechnet einen pazifistischen Glauben wiederzuerwecken und damit einen aktiven Glauben schlagen zu wollen. Ich bin neugierig zu hören, warum du das getan hast, wo es doch so viele andere geeignetere Religionen gab, unter denen du die Wahl treffen konntest.«
    »Vielleicht war ich einfach neugierig, zu sehen, wie eine solche Gegenströmung vorankommen würde«, erwiderte der andere.
    »Nein, Sam, das ist es nicht«, antwortete Yama. »Mein Gespür sagt mir, daß deine Lehre nur Teil eines größeren Plans ist, den du vorbereitet hast, und daß in all den Jahren, in denen du den Heiligen gemimt und geheuchelt und Predigten gehalten hast, an die du selbst nicht glaubtest - daß du in all diesen Jahren deine Pläne noch weiter ausgebaut hast. Eine große Armee kann schon nach kurzer Zeit den Entscheidungskampf führen. Ein Einzelner muß seinen Widerstand über einen Zeitraum von vielen Jahren verteilen, wenn er eine Erfolgschance haben will. Das weißt du selbst sehr gut, und nachdem du nun den Samen dieses gestohlenen Glaubens gesät hast, planst du, eine neue Phase des Widerstands einzuleiten. Du versuchst, eine Ein-Mann-Antithese zum Himmel zu sein und den Willen der Götter auf vielen Wegen und unter vielen Masken über die Jahre hinweg zu durchkreuzen. Aber das wird hier und jetzt enden, falscher Buddha.«
    »Warum, Yama?«
    »Man hat alles sehr sorgfältig erwogen«, sagte Yama. »Wir wollten keinen Märtyrer aus dir machen, denn das hätte das Wachstum dieser Sache, die du gelehrt hast, nur noch mehr beschleunigt. Andererseits - wenn du nicht aufgehalten wurdest, würde die Lehre ebenfalls weiteren Zulauf haben. Man hat deshalb entschieden, daß du von der Hand eines Himmelsboten niedergestreckt werden mußt - damit sich zeigt, welche Religion die stärkere ist. Märtyrer oder nicht, der Buddhismus wird fortan eine zweitrangige

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