Herr des Lichts
Religion bleiben. Deshalb mußt du jetzt den wirklichen Tod sterben.«
»Als ich nach dem >Warum< fragte, meinte ich etwas anderes. Du hast die falsche Frage beantwortet. Was ich meinte, war: warum bist Du, Yama, gekommen, um diese Sache zu tun? Warum bist du, der Meister der Waffen, der Meister der Wissenschaft als Lakai einer Bande von betrunkenen Körperwechslern gekommen, die weder fähig noch würdig sind, deine Klingen zu schleifen oder deine Reagenzgläser auszuwaschen? Vielleicht bist du der freieste Geist von uns allen. Warum erniedrigst du dich, indem du denen dienst, die dir untergeordnet sind.«
»Dafür, daß du so redest, soll der Tod, in den ich dich schicke, nicht leicht für dich sein.«
»Warum? Ich habe lediglich eine Frage gestellt, die sicher nicht nur mir längst in den Sinn gekommen ist. Habe ich Anstoß daran genommen, daß du mich einen falschen Buddha genannt hast? Ich weiß, wer und was ich bin. Aber wer bist du, Todesgott?«
Yama steckte die Klinge in seine Schärpe und zog eine Pfeife hervor, die er früher am Tag in dem Gasthaus gekauft hatte. Er füllte den Kopf mit Tabak, zündete die Pfeife an und begann zu rauchen.
»Offenbar werden wir uns ein wenig länger unterhalten müssen, und wenn auch nur, um die Fragen zu klären, die uns beiden auf dem Herzen liegen«, erläuterte er, »und dabei kann ich es mir genausogut bequem machen.« Er setzte sich auf ein niedriges Felsstück. »Zunächst einmal: Ein Mensch kann seinen Gefährten in mancher Hinsicht überlegen sein und ihnen trotzdem dienen, wenn er und sie sich einer gemeinsamen Sache verschrieben haben, die größere Bedeutung hat als das Interesse irgendeines einzelnen. Ich glaube, daß ich einer solchen Sache diene - oder ich würde nichts dafür tun. Ich nehme an, du fühlst genauso, was deine Ziele angeht, sonst würdest du dein Leben nicht in elendem Asketentum verbringen - obwohl ich bemerke, daß du nicht so hager bist wie deine Jünger. Ich erinnere mich: vor einigen Jahren hat man dir in Mahartha die Gottheit angeboten, und du hast Brahma genarrt, den Palast des Karma geplündert und alle Gebetsmaschinen der Stadt mit deinen Scheiben gefüllt.«
Der Buddha lachte glucksend. Yama stimmte kurz ein und fuhr fort: »Außer dir gibt es keinen einzigen Akzelerationisten mehr auf der Welt. Die Sache war ein totgeborenes Kind, das man besser nie gezeugt hätte. Es ringt mir eine gewisse Hochachtung ab für die Art und Weise, in der du dich über die Jahre hinweg gehalten hast. Mir ist sogar der Gedanke gekommen, daß man dich vielleicht doch noch dazu überreden kann, den himmlischen Heerscharen beizutreten, vorausgesetzt, man kann dir die Hoffnungslosigkeit deiner gegenwärtigen Position vor Augen führen. Ich bin zwar hierhergekommen, um dich zu töten, aber wenn du dich überzeugen läßt und mir dein Wort darauf gibst, daß du deinen läppischen Kampf beendest, will ich das Risiko eingehen und mich für dich verbürgen. Ich werde dich mit mir nehmen - zurück in die Himmlische Stadt, und du wirst dort das akzeptieren, was du damals zurückgewiesen hast. Sie werden tun, was ich will, denn sie brauchen mich.«
»Nein«, sagte Sam, »denn ich bin von der Aussichtslosigkeit meiner Position nicht überzeugt und gedenke durchaus, die Vorstellung weiter laufen zu lassen.«
Vom Lager der Mönche im Purpurhain herunter erscholl Gesang. Einer der Monde verschwand hinter den Baumkronen.
»Warum veranstalten deine Jünger nicht eine Treibjagd auf mich, um dich zu retten?«
»Sie würden kommen, wenn ich nach ihnen riefe, aber ich werde nicht rufen. Es ist nicht nötig.«
»Warum haben sie mich diesen albernen Traum träumen lassen?«
Der Buddha zuckte die Achseln.
»Warum haben sie mich nicht im Schlaf erschlagen?«
»Das ist nicht ihre Art.«
»Aber deine war’ es gewesen, was? Wenn du es unbemerkt hättest tun können? Wenn niemand gewußt hätte, daß es der Buddha war?«
»Vielleicht«, sagte der andere. »Du weißt, daß die persönlichen Stärken und Schwächen eines Führers nicht unbedingt Hinweis auf den Inhalt der Sache sind, die er vertritt.«
Yama sog an seiner Pfeife. Der Rauch kräuselte sich um seinen Kopf und wirbelte in die Nebelschwaden hinein, die jetzt immer schwerer auf dem Sumpfland lasteten.
»Was ich weiß, ist, daß wir allein hier sind und du unbewaffnet bist«, sagte Yama.
»Wir sind allein. Meine Reiseausrüstung ist weiter voraus auf dem Pfad verborgen.«
»Deine Reiseausrüstung?«
»Ich
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