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Herr des Lichts

Herr des Lichts

Titel: Herr des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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nun bei Bewußtsein, und er machte sich mit einem gewissen Abscheu klar, daß in seinem Innern, wie im Innern jedes Menschen, ein Dämon lauerte, der nur den Anstoß eines Artgenossen benötigt, um hervorzubrechen.
    Eines Tages aber kämpfte er gegen die Macht an, die seinen Körper beherrschte und seinen Geist unterworfen hatte. Er hatte sich weitgehend erholt und beteiligte sich an allem, was Taraka tat, als stiller Beobachter, aber auch als aktiver Teilnehmer.
    Sie standen auf dem Balkon hoch über dem Garten und blickten in den Tag. Mit einer einzigen Handbewegung hatte Taraka alle Blumen schwarz gefärbt. Eidechsenartige Wesen hatten sich in den Bäumen und den Teichen eingenistet, quakten und flitzten im Schatten umher. Weihrauch und andere Duftstoffe lagen ekelerregend schwer in der Luft. Schwarzer Rauch kroch schlangenartig über den Boden.
    Drei Mordanschläge waren auf ihn unternommen worden. Der Kommandant der Palastwache war der letzte gewesen, der es versucht hatte. Aber seine Klinge hatte sich in seiner Hand in ein Reptil verwandelt, das auf sein Gesicht zustieß, seine Augen heraussaugte und seine Venen mit einem Gift füllte, das seinen Körper schwärzlich anschwellen ließ. Als er gestorben war, hatte Taraka nach einem Schluck Wasser geschrien.
    Siddhartha dachte über den Dämon und seine Eigenarten nach, und im selben Augenblick schlug er zu.
    Seine Macht war nach und nach wieder gewachsen, seitdem er sie an jenem Tag im Höllenschacht zuletzt eingesetzt hatte. Seltsam unabhängig vom Gehirn des Gastkörpers - genauso wie Yama es ihm einmal gesagt hatte - drehte sich diese Macht wie ein langsamer Kreisel in der Mitte des Raums, der er selbst war.
    Nun kreiste sie wieder schneller, und er schleuderte sie gegen die Stärke des anderen.
    Ein Schrei entrang sich Taraka, und ein Gegenstoß aus reiner Energie traf Siddhartha wie ein Speer.
    Einen Teil dieser Energie vermochte er abzulenken oder zu absorbieren. Dennoch waren Schmerz und Aufruhr in ihm, als der Angriff mit seiner immer noch großen Wucht sein innerstes Wesen berührte.
    Er hielt nicht ein, ließ den Schmerz nicht erst abklingen, sondern attackierte aufs neue - so wie ein Speerträger in den dunklen Bau eines gefährlichen Raubtiers hineinsticht.
    Und wieder hörte er den Schrei über seine Lippen kommen.
    Dann baute der Dämon schwarze Wälle auf, um sich gegen Siddharthas Macht zu schützen.
    Aber Wall um Wall fiel unter seinem Ansturm.
    Während sie kämpften, sprachen sie zueinander:
    »O Mann der vielen Körper«, sagte Taraka, »warum mißgönnst du mir die wenigen Tage in diesem Leib? Es ist nicht der Körper, in dem du geboren worden bist. Auch du hast ihn nur für kurze Zeit geliehen. Warum empfindest du meine Anwesenheit als eine Schändung? Eines Tages wirst du vielleicht wieder einen neuen Körper haben, der dir allein gehört. Warum siehst du in meiner Anwesenheit also eine Verunreinigung, eine Krankheit? Ist es deshalb, weil in deinem Innern etwas von meinem Wesen ist? Ist es, weil du an der Art der Rakascha Gefallen finden kannst, weil die Qualen, die ich durch deine Hand austeile, dir selbst Lust bereiten, weil dein Wille mitwählt, wenn es etwas zu wählen gilt? Ist es deshalb? Weil dir diese Dinge selbst vertraut sind und weil du sie selbst willst, aber weil zugleich der Fluch eines Menschen auf dir lastet, der Schuld heißt? Wenn es deshalb ist, verspotte ich dich und deine Schwäche, Bezwinger. Und ich werde mich gegen dich behaupten.«
    »Es ist, weil ich bin, was ich bin, Dämon«, sagte Siddhartha und schleuderte seine Energien zurück auf ihn. »Es ist, weil ich ein Mensch bin, der sich zuweilen nach Dingen sehnt, die über Schoß und Phallus hinausgehen. Ich bin nicht der Heilige, für den die Buddhisten mich halten, und ich bin auch nicht der Held, den die Legende aus mir gemacht hat. Ich bin ein Mann, der die Furcht gut kennt und dem auch das Gefühl der Schuld nicht fremd ist. Vor allem aber bin ich ein Mann, der ein bestimmtes Ziel erreichen will und dessen Weg du mir nun versperrst. Deshalb soll dich mein Fluch treffen - ob ich nun siege oder ob ich unterliege, Taraka, dein Schicksal hat sich bereits unwiderruflich verändert. Dies ist der Fluch des Buddha - du wirst niemals mehr der sein, der du einmal warst.«
    Den ganzen Tag hindurch standen sie auf dem Balkon, das Gewand mit Schweiß durchtränkt. Wie eine Statue standen sie, bis die Sonne vom Himmel herabgestiegen war und der goldene Pfad das dunkle

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