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Herr des Lichts

Herr des Lichts

Titel: Herr des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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reckte seine große magere Gestalt, und sein Stuhl paßte sich knackend seiner Rückwärtslage an.
    Hinter ihm ruhten schweigend die Datenbänke. Seltene Aufzeichnungen füllten die langen und hohen Bücherregale mit ihren farbigen Einbänden und die Luft mit ihrem muffigen Geruch.
    Er tastete die Frau vor ihm mit den Augen ab, lächelte und schüttelte den Kopf. Sie trug Grün und enganliegend und einen ungeduldigen Blick zur Schau; ihr Haar war von einem unverschämten Rot, und schwache Sommersprossen sprenkelten ihre Nase und ihre runden Backen. Ihre Hüften und Schultern waren breit, aber ihre schmale Taille wehrte sich heftig gegen diesen Zug zur Üppigkeit.
    »Warum schüttelst du den Kopf? Alle kommen sie zu dir, um sich Informationen zu holen.«
    »Du bist noch jung, Maja. Erst drei Inkarnationen liegen hinter dir, wenn ich mich nicht irre, und ich bin sicher, daß du kein wirkliches Interesse daran haben kannst, deinen Namen auf der besonderen Liste derjenigen jüngeren Götter erscheinen zu sehen, die über den Akzelerationismus Auskünfte einholen.«
    »Liste?«
    »Liste.«
    »Warum sollte eine Liste über solche Anfragen geführt werden?«
    Tak zuckte die Achseln. »Götter sammeln die merkwürdigsten Dinge, und gewisse Götter bewahren Listen auf.«
    »Ich habe immer gehört, der Akzelerationismus sei eine völlig tote Sache.«
    »Warum also dieses plötzliche Interesse an toten Sachen?« Sie lachte, und ihre grünen Augen bohrten sich in seine grauen. Die Archive um ihn herum explodierten, und er stand in dem Ballsaal auf halber Höhe zur Meilenspitze. Es war Nacht, so tiefe Nacht, daß der Morgen nicht mehr fern sein konnte. Offenbar war die Party schon eine ganze Weile im Gang; aber jetzt war die Menge, die ihn umgab, in der einen Ecke des Raums zusammengekommen; man stand aufgestützt, saß und lehnte sich zurück, und alle lauschten dem kleinen, dunklen, ausgedörrten Mann, der neben der Göttin Kali stand und eine Rede hielt. Das war Sam, der Groß-Beseelte, der Buddha, der gerade zusammen mit seinem Wächter eingetroffen war. Er sprach von Buddhismus und Akzelerationismus, und von den Tagen der Dämonenfesselung, und vom Höllenschacht, und von den Blasphemien des Siddhartha in der Stadt Mahartha am Meer. Er sprach, und seine Stimme war monoton und hypnotisch, und er strahlte Kraft, Zuversicht und Wärme aus, und während seine Worte sich aneinanderreihten, fiel die Menge langsam in Trance und sank um ihn herum hin. Alle Frauen waren ziemlich häßlich, außer Maja, die jetzt kicherte, in die Hände klatschte und die Archive wieder herbeischaffte und Tak wieder in seinen Stuhl setzte, das alte Lächeln noch auf seinen Lippen.
    »Warum also dieses plötzliche Interesse an toten Sachen?« wiederholte er.
    »Dieser Mann jedenfalls ist nicht tot!«
    »Nein?« entgegnete Tak. »Er ist nicht tot?. Maja-Herrin, er war schon in dem Augenblick tot, in dem er seinen Fuß in die Himmlische Stadt setzte. Vergiß ihn. Vergiß seine Worte. Tu so, als ob er niemals existiert hätte. Sieh zu, daß keine Spur von ihm in deinem Denken zurückbleibt. Eines Tages wirst du einen neuen Körper wollen - deshalb sage ich dir, die Meister des Karma suchen in jedem Geist, der in ihre Hallen gelangt, nach dem Einfluß des Buddha. Er und seine Worte sind in den Augen der Götter Ketzerei.«
    »Aber warum?«
    »Er ist ein bombenwerfender Anarchist, ein irre blickender Revolutionär. Er will den Himmel selbst stürzen. Wenn du genauere und wissenschaftliche Informationen willst, muß ich die Maschinen benutzen und die entsprechenden Daten abziehen. Du müßtest mir dazu nur eine Ermächtigungsurkunde unterzeichnen.«
    »Nein.«
    »Dann schlag ihn dir aus dem Kopf und schließ nachts die Tür ab.«
    »Ist er wirklich so schlimm?«
    »Noch schlimmer.«
    »Warum lächelst du dann, während du mir das sagst?«
    »Weil ich von Natur aus nicht sehr ernsthaft bin. Du darfst meinen Charakter aber nicht mit meiner Botschaft verwechseln. Also gib acht auf dich.«
    »Du scheinst alles über den Buddha und über den Akzelerationismus zu wissen. Sind Archivare vor diesen Listen sicher?«
    »Kaum. Mein Name steht sogar als erster darauf. Allerdings nicht, weil ich ein Archivar bin. Er ist mein Vater.«
    »Er? Dein Vater?«
    »Ja. Aus der Art, wie du sprichst, merkt man, daß du noch sehr jung bist. Ich bezweifle, ob er überhaupt weiß, daß er mich gezeugt hat. Was bedeutet den Göttern schon eine Vaterschaft? Sie leben in einer Serie von

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