Herr: Die Schattenherren 3 (German Edition)
so scharf wie in der Nebelform, und die göttliche Kraft dieses Ortes übersättigte sie zudem.
Die beiden Paladine passierten eine Gruppe Fayé, die mit geschwungenen Klingen und Bögen bewaffnet waren. Sie schienen keinen Ärger zu erwarten, denn die Sehnen ihrer Waffen waren nicht eingehängt. Das mochte die Garde der Königin sein.
Doch wo war Anoga selbst?
Hatte auch sie sich zur Ruhe gelegt? Falls sie sich dazu entschlossen hätte, wäre offensichtlich, wo sie sich befinden musste. Die Bäume waren so angeordnet, dass einer von ihnen in der Mitte stand, ein prächtiger Riese mit beinahe weißer Rinde und goldenen Blättern. Ein Palast, würdig einer Königin.
Wenn die Fayé, die so unbesorgt beieinanderstanden, als herrschte tiefster Friede im Nachtschattenwald, tatsächlich Anogas Leibwache waren, konnte sie nicht weit sein. Auch das sprach dafür, dass sie sich in dem Baum befand und niemand damit rechnete, dass sie ihn in dieser Nacht noch verließe.
Bren beobachtete noch einen Moment, damit ihm nichts Offensichtliches entging. Aber die Ungeduld trieb ihn, und je länger er wartete, desto mehr musste er fürchten, entdeckt zu werden. Hinter dem Gebüsch, das ihm Sichtschutz bot, konnte er ohnehin nicht bleiben, sonst würde die Streife ihn aufspüren.
Also suchte er nach einem möglichst verborgenen Weg zu dem Baum, in dem er die Königin vermutete. Es gab einige moosbewachsene Felsen, ein paar Bäumchen, aber im Wesentlichen trennte ihn eine offene Grasfläche von seinem Ziel. Er schätzte die Entfernung. Die Beherrschung seines Körpers war seit seiner Umwandlung fortgeschritten, er konnte sich schneller bewegen, als es einem Mensch möglich gewesen wäre. Aber würde das reichen, um unbemerkt zu dem Hausbaum zu gelangen?
Falls nicht, würde er sich den Paladinen stellen müssen. Sie könnten ihn mühelos am Verlassen des Hauses hindern. Und sie hatten Silberschwerter.
Er könnte die Königin und ihr Kind als Geiseln benutzen, aber wenn sie doch nicht dort war, wo er sie vermutete, sähe er sich einer kaum zu überwindenden Übermacht gegenüber.
Er hätte in die Nebelform wechseln können. Das hätte bedeutet, seine einzige Waffe zurückzulassen, und die Begegnung mit Keliator hatte gezeigt, dass die Paladine durchaus in der Lage waren, ihn zu erspüren. Vielleicht war seine Finsternis hier, in dieser von den Göttern geliebten Enklave, sogar noch deutlicher als anderswo.
Noch immer überlegend bewegte sich Bren von Deckung zu Deckung. Dadurch kam der Eingang des Hausbaums in sein Blickfeld. Zwei Paladine wachten davor.
»Die Finsternis über euch!«, fluchte er.
Er vertraute auf seine Fähigkeiten als Fechter. Möglich, dass er diese zwei überwinden könnte, trotz der Mondsilberschwerter. Aber sicher war das nicht, und der Kampf würde die beiden anderen Paladine auf den Plan rufen. Wo war überhaupt der fünfte? Die Waffen der Fayé würden ihn nur oberflächlich verletzen können, aber wenn sie mit ihrer Magie eingriffen … Es war nicht ausgeschlossen, dass in der Garde der Königin Zauberer Dienst taten.
Immerhin bestätigte diese Wache Brens Vermutung, was den Aufenthaltsort Anogas und damit wahrscheinlich auch ihres Kindes anging. Aber die beiden mussten weg!
Er musste sie fortlocken. Nur wie? Sollte er Quinné rufen, damit sie für Unruhe sorgte? Quinné war bei Ilion, irgendwo außerhalb der Enklave. Es würde einige Zeit dauern, sie zu finden und eine Gelegenheit herbeizuführen, unbeobachtet mit ihr zu sprechen. Er hatte zu selten Essenz von ihr genommen, als dass er sie mit der Kraft seiner Gedanken hätte rufen können. Und was sollte sie dann machen? Sie würde vor nichts zurückschrecken, aber ihre Möglichkeiten waren begrenzt. Einen Brand legen vielleicht? Das hier war ein Hain, keine Stadt, wo ein Feuer Panik hätte auslösen können.
Nachdenklich sah er sich um. Sein Blick fiel auf die beiden Frauen und den Säugling. Ein Kind hatte sich dazugesellt, ein Junge von vielleicht vier Jahren. Die zweite Frau hatte den Arm um ihn gelegt.
Bren erinnerte sich daran, wie sehr Keliator von der Essenz berauscht gewesen war, die Quinné ihm zugeführt hatte. Damals hatte Brens Gegner sogar die finstere Präsenz vergessen, die er gespürt hatte. Die Paladine hatten niemals Anleitung durch den Kult erfahren, niemand hatte ihnen gezeigt, wie man die Sucht nach der fremden Lebenskraft einigermaßen unter Kontrolle hielt. Wie musste erst die Essenz eines Kindes auf sie wirken? Schon
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