Herr: Die Schattenherren 3 (German Edition)
Bren, der ein Leben in Disziplin geführt hatte, älter war und dem eine Nachtsucherin Unterstützung bot, konnte sich nicht beherrschen, wenn ihm solche Reinheit zufloss.
Er sah das Kind bei seiner Mutter. Ein Bild perfekten Friedens, als könnte die Dunkelheit der Welt sie niemals erreichen. Vielleicht wäre das auch so gewesen, wenn der Befehl des S CHATTENKÖNIGS nicht gewesen wäre. Und Bren, der ihn ausführen musste.
War es nicht immer so? Zumindest für Bren, den Krieger? Wer im Schwarzen Heer diente, befolgte Befehle. Das war seit jeher das Gesetz seines Lebens.
Dennoch war ihm unwohl, als er sich ein Stück zurückzog, einen Bogen ging, sich seinen Opfern näherte. Von der Streife war nichts mehr zu entdecken, sie war durch das Buschwerk seinem Blick entzogen. Auch die beiden Wachen hatten keine Sichtlinie zu den Frauen.
Bren wusste, dass es nur schwerer werden würde, wenn er länger wartete. Er richtete sich auf und schritt zielstrebig auf die Gruppe zu.
Die Frau mit dem Säugling sah ihn zuerst. Überraschung stand auf ihrem Gesicht, man sah nicht oft einen nackten Mann mit einer Sichel durch das Gras schreiten. Einen Augenblick später erkannte sie, dass er ein Osadro war, und zwar einer, der eine Narbe unter der Brust trug, die seine Loyalität zu den Schatten bezeugte. Sie schrie.
Angst war eine ausgezeichnete Brücke für die Essenz. Bren riss die Lebenskraft aus ihrer Brust.
Er hatte unterschätzt, wie viel Kraft ihn das Ritual dieser Nacht gekostet hatte. Als er die Essenz schmeckte, sog er sie unwillkürlich ein, nutzte sie, um seine Stärke zurückzugewinnen. Drei tiefe Züge nahm er, bevor er bemerkte, was er tat. Als er die Augen öffnete, war das Gesicht der Frau schon von Falten zerknittert. Ihr Busen hing schlaff herab, der Säugling war ihrem Arm entglitten und auf ihren Schoß gerutscht. Er verstand nicht, was geschah, nuckelte an einem Däumchen.
Die andere Frau und der Junge dagegen begriffen sehr wohl, in welcher Gefahr sie sich befanden. Ihr Kreischen gellte zwischen den Bäumen.
Das erste Opfer hatte nicht mehr viel zu bieten. Bren griff nach der Essenz der zweiten Frau. Diesmal hatte er sich besser unter Kontrolle. Statt sie einzuatmen, setzte er die Lebenskraft frei, entließ sie als glitzernden Schaum in die Luft, verteilte diesen, so weit er konnte. Jeder Osadro in hundert Schritt Umkreis würde sie riechen.
Aber reichte das aus? Zweifelnd sah Bren auf den Jungen, der die nun altersfleckige Hand seiner sterbenden Mutter hielt. War es wirklich nötig, auch sein Leben zu nehmen?
Bren hatte nur einen Versuch. Der S CHATTENKÖNIG duldete kein Versagen.
Er tat, was er tun musste. So schnell wie möglich, und dabei redete er sich ein, dass er auch das Leiden des Knaben verkürzte.
Hatte er sich einmal gefragt, ob Unsterbliche weinen konnten? Als er auf den verständnislos schauenden Säugling blickte, wurde ihm diese Frage beantwortet. Er wischte seine Tränen fort. Der Säugling konnte nicht begreifen, was um ihn herum geschah. Er konnte keine Angst vor Bren oder den Schatten haben. Dadurch war es unmöglich, seine Essenz zu rufen. Dieser Umstand rettete ihm das Leben.
Bren rannte zurück in seine Deckung und weiter, entfernte sich von den Toten. Ein schneller Blick zeigte ihm, dass sich jemand der Essenz näherte. Er hörte Rufe. Kurz darauf sah er, dass der Eingang zu dem Hausbaum, in dem er die Königin und ihren Abkömmling vermutete, unbewacht war. Er verschwendete keine Zeit. So schnell er konnte, die Kraft der frisch aufgenommenen Essenz nutzend, rannte er hinein.
Er gelangte in einen großen, natürlich gewachsenen Raum. Entlang der Wände zogen sich leuchtende Ranken. Anoga lag auf einem Moosbett, gestützt von lebenden Gräsern. Sie trug ein weites, taubenblaues Gewand, das nicht verbergen konnte, wie ungewöhnlich groß ihre Brüste waren, vor allem für eine Fayé.
Wenn sie damit das Kind säugen musste, das auf dem Boden mit Nalaji spielte, war das kein Wunder. Es war weiter entwickelt als das vierjährige Menschenkind, das Bren gerade getötet hatte, stand auf den eigenen Beinen und hatte die goldenen Augennebel auf Bren gerichtet. Keliator dagegen stand am Fenster, er hatte wohl den Grund für die Rufe erfahren wollen. Es sprach für seine kriegerischen Fähigkeiten, dass er ohne Zögern das blutrote Schwert aus der Scheide riss und sich auf Bren warf.
Durch die ungestüme Attacke hatte er jedoch keine Möglichkeit, raffiniert zu schlagen. Mühelos fing
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