Herr, erbarme dich! - Corin, J: Herr, erbarme dich!
eine gemeinnützige Gesellschaft in Omaha, Nebraska, die 1971 von Donald und Roberta Chappell gegründet worden war. Sie behaupteten, landesweit über elf Millionen Spender zu haben.
Die „Unity for a Better Tomorrow“ war keine rein christliche Organisation. So stand es auf der Homepage, also musste es auch stimmen. Dass die familiären Werte, die auf der Seite angepriesen wurden, zufällig mit der Lehre Jesu Christi übereinstimmten, bewies doch wohl nur, wie universell und wahr diese Lehre war, oder?
Die Organisation hatte jede Menge Seiten im Internet. Eine davon hieß „Contemporary American Saints“. Als „amerikanische Heilige“ listete sie zweihundertzweiundvierzig gläubige Kongressabgeordnete und Gouverneure auf und nannte die Kirchen, die sie jeden Sonntag mit ihren Familien besuchten. Hinter jedem Namen gelangte man mit einem Klicken auf eine Zahlungsseite, wo man für den Wahlkampf dieses guten Bürgers Geld spenden konnte. Dagegen waren auf der „Contemporary American Sinners“-Seite hundertsechzehn Politiker aufgelistet, die als „Sünder und Widersacher des Glaubens“ bezeichnet wurden. Neben diesen Namen standen die privaten Telefonnummern und Adressen, damit man sie anrufen oder ihnen einen Brief schreiben konnte, um zu fragen, warum sie so böse, böse Menschen waren.
„Glaube ist patriotisch“, wurde Donald Chappell auf der „Unity“-Homepage zitiert. „Mit unseren gottgegebenen Rechten haben wir 1776 die Unabhängigkeit erklärt. Wir schwören auf die Bibel, das große Buch der Weisheit, die Wahrheit zu sagen, so wahr uns Gott helfe. So steht es in unserem Fahneneid. So steht es auf unserem Geld. Wir sind eine Nation im Antlitz Gottes. Dies macht uns unteilbar.
Und doch wird dieser innerste Kern Amerikas angegriffen. Intellektuelle versuchen unserem Land diese Grundlage zu entziehen. Sie wollen unsere wichtigsten Werte durch Schamlosigkeit, Anarchie und Ungläubigkeit zerstören. Das ist es, was zum Untergang des römischen Reiches geführt hat. Das ist es, was zum Untergang der Sowjets geführt hat. Lassen Sie nicht zu, lassen Sie nicht zu, dass diese fehlgeleiteten Eliten unsere fantastische Nation ebenfalls dem Untergang weihen!
‚Mit Güte und Nächstenliebe wollen wir das Richtige tun, da Gott uns zeigt, was richtig ist. Lassen Sie uns gemeinsam die Arbeit beenden, die wir begonnen haben.‘ Das sind die Worte des vielleicht größten Amerikaners aller Zeiten, Abraham Lincoln. Mit ihnen hat er unsere Nation aus der Dunkelheit geführt. Nun sehen wir uns einem anderen, sogar noch dunkleren Unheil gegenüber. Mögen Lincolns Worte den Glauben in unser Land stärken und uns helfen, die gesegnete Seele der Vereinigten Staaten von Amerika zu schützen.“
Esme verbrachte eine Stunde mit der Website. Nirgends wurden die Themen „Abtreibung“ oder „Todesstrafe“ oder „Schulgebete“ angesprochen, keines der sonst so typischen heißen Eisen wurde angepackt. Die „Unity for a Better Tomorrow“ setzte sich zwar für ihre Ziele ein, war dabei aber so vorsichtig und vage, als wolle sie jede Form von Radikalisierung verhindern.
Und somit konnten linke Demokraten wie Bob Kellerman sich mit reinem Gewissen eine Veranstaltung von der Unity sponsern lassen, so wie beispielsweise das Footballspiel im vergangenen November im Georgia Dome (nicht weit vom MLK Drive) und die Wohltätigkeitsveranstaltung einen Monat später im Aquarium von Amarillo. Die nicht weiter ausgeführten Familienwerte der Unity erlaubten es Gouverneur Kellerman, Spenden von den elf Millionen Mitgliedern anzunehmen und auf ihrer Liste der „Contemporary American Saints“ aufzutauchen, ohne die liberale Basis zu verärgern.
Nun – jemanden hatte er verärgert, und dieser jemand hatte eine Waffe.
Die „Unity for a Better Tomorrow“ hatte verschiedene andere Veranstaltungen der Kellerman-Wahlkampagne unterstützt, eine in Santa Fe, eine in Kansas City und eine in Nashville, Tennessee. Das würden höchstwahrscheinlich die nächsten Ziele des Snipers sein.
Esme hatte ihn.
Mit einem Grinsen zog sie die iPod-Ohrstöpsel heraus und wühlte in ihrer Handtasche nach ihrem Handy. Es war fast 22 Uhr. Sie ging davon aus, dass Tom inzwischen angerufen hatte.
Doch ihr Handy war ausgeschaltet. Aha. Das leuchtete ein. Sie hatte es seit ihrer Abreise nicht aufgeladen. Andere Dinge hatten sie beschäftigt, wie zum Beispiel einen Amoklauf über mehrere Staaten aufzuklären.
Sie wühlte sich durch das Wirrwarr von
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