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Herr, erbarme dich! - Corin, J: Herr, erbarme dich!

Herr, erbarme dich! - Corin, J: Herr, erbarme dich!

Titel: Herr, erbarme dich! - Corin, J: Herr, erbarme dich! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joshua Corin
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wir gingen zusammen hinaus in die Nacht, aber keiner von uns war müde. Ich fragte sie, ob sie Lust hätte, ein bisschen durch die Gegend zu fahren. Sie sagte Ja.“
    „… muss gerne reisen“, warf Esme lächelnd ein.
    Die Hochzeitsgesellschaft lachte.
    „Wir fuhren durch so ziemlich jede Straße in der D.C. Metro Area. Keine Fahrroute, kein Ziel. Nur wir zwei und die Stadt und die Sex Pistols. Ab und zu habe ich sie verstohlen angeschaut. Und dann habe ich ihr irgendwann die eine Frage gestellt, die mir schon die ganze Zeit auf der Zunge brannte: ‚Wozu muss so ein umwerfendes Mädchen wie du eine Annonce in der Washington Post aufgeben?‘ Ihre Antwort? ‚Ich suche jemanden, mit dem ich zu Hochzeiten gehen kann.‘ Und hier sind wir!“
    Alle applaudierten. Jemand stand auf, und die anderen folgten. Schließlich begann auch Lester zu klatschen.
    Rafe und Esme nahmen sich an den Händen und küssten sich.
    Am Tisch Nummer 8 waren ihre Kollegen vom FBI, auch ihr Boss, dieser Hippie mit dem lauten Motorrad. Sie alle schienen sich für Esme zu freuen. Wie würden sie sich erst freuen, wenn sie kündigte? Lester genoss einen Moment lang das Gefühl, einen Wissensvorsprung zu haben. Rafe und er hatten bereits die Verträge für das Haus in Oyster Bay unterzeichnet. Das Vorstadtleben würde seine Schwiegertochter schon bändigen!
    Lester fuhr von der Autobahn ab. Die Bob-Dylan-CD war bereits zum vierten Mal durchgelaufen und kurz davor, wieder bei „Like a Rolling Stone“ anzufangen . Das ist bestimmt ihr Lieblingslied , überlegte Lester. Er bog in die idyllische Siedlung ein. Sie waren nun seit sieben Jahren verheiratet. Sieben Jahre, und trotzdem hatte sie es geschafft, sich aus dem Kokon auszuwickeln und irgendwo Meilen entfernt Scheiße zu bauen.
    Lester war nicht herzlos. Es tat ihm schrecklich leid – für seine Enkelin. Es konnte Tage, sogar Wochen dauern, bis Rafe zurückkam. Andererseits konnte Lester auf diese Weise viel Zeit mit seiner geliebten Sophie verbringen, genug Zeit, um ihr ein paar Dinge beizubringen. Über Verantwortungslosigkeit und über ihre Mutter.

12. KAPITEL
    „Ich bin nicht tot?“
    Der Arzt runzelte die Stirn. „Wären Sie das gern?“
    Esme versuchte sich aufzusetzen, schaffte es aber nicht. Sie war viel zu schwach. Es bedeutete schon eine olympische Anstrengung, überhaupt nur die Augen offen zu halten.
    In dem kleinen Krankenzimmer waren die Jalousien zugezogen. Rechts von ihr piepte ein Herzmonitor. Daneben stand ein Gestell, an dem Gestell hingen zwei Beutel: einer halb gefüllt mit einer klaren Flüssigkeit, vielleicht Morphin, und der andere mit einer roten Flüssigkeit, bei der es sich nur um Blut handeln konnte. Beide tropften durch dünne Nadeln in ihren rechten Arm.
    Sie roch Desinfektionsmittel und Körperausdünstungen.
    „Haben Sie Schmerzen?“, fragte der Arzt.
    Esme konzentrierte sich auf ihn. Kleiner dunkler Mann, großer weißer Mantel. Auf dem Namensschild stand „DR. ACHMED AZIZ“ .
    „Können Sie das spüren?“ Er kitzelte ihre linke Fußsohle. Seine Fingerspitzen waren weich, wie bei einem Kind. Er beobachtete ihre Reaktion, dann kitzelte er ihren rechten Fuß. Unfreiwillig musste sie grinsen. Esme war ziemlich kitzelig.
    „Mrs Stuart“, sagte er. „Sie haben großes Glück gehabt.“
    „Warum kann ich mich nicht aufsetzen?“
    „Sie tragen ein Stützkorsett und können deshalb Ihren Oberkörper nicht richtig bewegen. Wenn Sie sich jetzt aufsetzen würden, könnten die Klammern aufgehen, und dann hätten wir den Salat, nicht wahr?“
    Esme blinzelte. „Klammern?“
    „Mit denen wir Sie zusammengeflickt haben, Mrs Stuart. Nach der Operation.“
    „Operation?“
    Dr. Aziz beugte sich über sie. „Mrs Stuart, wissen Sie, welches Jahr wir haben?“
    „Ja“, antworte sie und sagte es ihm.
    „Und wer ist der Präsident der Vereinigten Staaten?“
    Das sagte sie ihm auch.
    „Und was ist das Letzte, woran Sie sich erinnern können, bevor Sie hier aufgewacht sind?“
    Esme runzelte die Stirn. Das Letzte? Sie hatte an ihrem Schreibtisch in Oyster Bay gesessen – nein, das stimmte nicht. Sie war in ein Flugzeug gestiegen. Sie war in Texas. In Amarillo. Ein Sniper war auf freiem Fuß. Sie half dem FBI, ihn zu schnappen. Sie half Tom.
    „Wo ist Tom?“
    „Mrs Stuart, es ist wichtig, dass Sie mir sagen, woran Sie sich erinnern können.“
    Die Schuhschachteln. Das Video. Die „Unity for a Better Tomorrow“. Sie war im Konferenzraum des Rathauses

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