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Herr, erbarme dich! - Corin, J: Herr, erbarme dich!

Herr, erbarme dich! - Corin, J: Herr, erbarme dich!

Titel: Herr, erbarme dich! - Corin, J: Herr, erbarme dich! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joshua Corin
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Zensurenbuch aus der Hand glitt und auf den Boden fiel, als sie sich schließlich selbst zu dem Buch gesellte, kümmerte sich niemand darum. Die wenigen, die sie auf dem Boden bemerkten, gingen einfach davon aus, dass die seltsame Lehrerin ein Nickerchen machte. Es war immerhin der Morgen nach St. Patrick’s Day.
    Wobei man sich schon fragen konnte, wie jemand während eines derart lauten Films schlafen konnte. Andy Longtree, der immer noch am Bühnenrand stand, kam zu dem Schluss, dass diese unfähigen Schüler der Medien-AG die Lautstärke viel zu laut aufgedreht hatten. Er verließ die Bühne durch eine Seitentür, um die beiden im Beleuchtungsraum zur Rede zu stellen. Dabei hatte natürlich Galileo den Ton lauter gestellt. Irgendwann würden seine Taten bemerkt werden – was Teil seines Plans war –, doch er wollte das Unvermeidliche so lange wie möglich hinauszögern.
    Wie sich herausstellte, gelang ihm das noch weitere zwanzig Minuten. Sanjay Patel, Kunstlehrer an der Realschule, war Opfer Nummer 9. Patty Rice unterrichtete an derselben Schule wie Sanjay und saß deshalb in seiner Nähe – in diesem Fall vor ihm – und bemerkte mit einem Mal, dass ihr Nacken feucht war. Sie fuhr mit den Fingern darüber. Im Licht des Films konnte sie erkennen, dass die Flüssigkeit dunkel war und dass es sich um Blut handelte. Sie drehte sich in ihrem Sitz herum und schaute direkt auf Sanjays Schädel. Blut tröpfelte gleichmäßig aus seiner Stirn auf den Boden.
    Patty schrie, dann spritzte ihr Gehirn aus dem Hinterkopf, doch genügend Leute in ihrer Nähe hatten den Schrei gehört, sahen, wie sie erschossen wurde, und dann ging es los. Lauteres Geschrei in dem abgedunkelten Raum, die Leute steckten sich gegenseitig an wie mit einer Seuche. Manche sprangen auf und rannten weg. Andere warfen sich zum Schutz auf den Boden. Wieder andere blieben wie erstarrt auf ihren Sitzen.
    Ingrid Yolen versuchte Keith Henshaw aus der Schusslinie zu stoßen, doch als er starb, fiel sein großer Körper auf sie, und indem sie zu verhindern versuchte, dass er auf den Boden glitt, saß sie lange genug still, um ins Fadenkreuz genommen zu werden. Die Schuldirektoren trieben ihre Lehrer zusammen und bugsierten sie zu den Hintertüren. In Krisen übernahmen immer die, die es gewohnt waren, die Führung.
    Nancy Pasternak, die in der Peralta High School arbeitete, sah die Menschenmenge im hinteren Teil der Aula und beschloss klüger zu sein. Sie wusste, dass nicht nur die Hinterausgänge nach draußen führten. Es gab auch links von der Bühne Türen, deswegen rannte sie gegen den Strom und kletterte auf die Bühne. Dort, direkt vor der Filmleinwand, gab sie das perfekte Ziel ab, und Galileo erwischte sie mit Leichtigkeit. Dann entschied er, es dabei bewenden zu lassen. Gerade als er sich zum Gehen wandte, ging die Tür zum Beleuchtungsraum auf.
    Andy Longtree hatte auf seinem Weg hinter die Bühne die Schreie gehört. Zwar hatte er keine Ahnung, was vor sich ging, glaubte aber, in diesem Raum irgendetwas vorzufinden – nicht unbedingt zwei tote Studenten und eine männliche Putzkraft mit einem Gewehr –, doch er war auf alles vorbereitet. Er war immer auf alles vorbereitet. Als die Putzkraft das Gewehr hob, um auf ihn zu zielen, schnappte sich Andy einen in der Nähe liegenden Schraubenschlüssel und schleuderte ihn auf den Amokläufer. Der Schraubenschlüssel knallte gegen Galileos rechte Hand, das Gewehr fiel zu Boden. Galileo starrte den Schulinspektor an. Andy ballte die Hände zu Fäusten. Der Kampf war eröffnet.
    Allerdings dauerte er nicht lange. Andy teilte den ersten Schlag aus, Galileo wich ihm geschickt aus. Dann nutzte er den Schwung seines Gegners, um ihn gegen das Mischpult zu schleudern. Bevor Andy sich umdrehen konnte, hieb ihm Galileo ins Kreuz und zielte auf die Nieren. Andy packte Gwens Wirtschaftskundebuch, das geöffnet auf dem Tisch lag, und wirbelte mit aller Wucht herum. Das Glück war auf seiner Seite. Er schlug Galileo auf die Nase.
    Der Amokläufer begann zu bluten.
    Andy bereitete sich auf den nächsten Schlag vor, doch Galileo griff an seinen Fußknöchel, zog die Beretta hervor, mit der er Darcy Parr getötet hatte, und drückte den Lauf an Andys Kinn.
    Das ist nicht fair, dachte Andy, und dann dachte er nichts mehr.
    Galileo steckte die Pistole weg und hob das Gewehr auf. Seine rechte Hand schmerzte, seine Nase blutete. Es war Zeit, zu gehen. Er warf das Gewehr zurück in den Abfalleimer und rollte ihn Richtung

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