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Herr Klee und Herr Feld | Roman

Herr Klee und Herr Feld | Roman

Titel: Herr Klee und Herr Feld | Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Bergmann
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aufstand.
    Sind Sie eine Verwandte?, fragte die Schwester.
    Noch bevor Zamira antworten konnte, sagte Alfred mit schwacher Stimme:
    Sie ist meine Tochter …
    Sie können gleich wieder rein, zu Ihrem Vater.
    Zamira verließ den Raum.
    Sie stand etwa eine Minute auf dem Flur, als sie Moritz sah, der aus dem Arztzimmer kam und sich verabschiedete. Er entdeckte Zamira und ging zu ihr.
    Was sagt der Arzt?, fragte sie.
    Er meint, die Antibiotika würden anschlagen. Das dauert naturgemäß immer etwas, bis sich die ersten Erfolge zeigen, aber es hat sich nicht verschlimmert, meinte er.
    Na, sehen Sie, Herr Klee. Wird alles gut.
    Er nahm sie in den Arm und drückte sie ein wenig.
    Ja, morgen geht es ihm sicher schon besser.
     
    Als sie am nächsten Tag in Alfreds Krankenzimmer kamen, war sein Bett leer! Zamira lief panisch auf den Flur, um herauszubekommen, was mit Alfred geschehen war. Nach zwei Minuten kehrte sie zu Moritz zurück.
    Er ist auf der Intensivstation, sagte sie.
    Eine halbe Stunde später standen sie beide in OP -Kleidung mit Mundschutz an Alfreds Bett. Er war an diverse Monitore angeschlossen, die Atmung, Kreislauf und Herzfrequenz kontrollierten. Er hing an einer Infusion. Alfreds Gesicht war kaum zu erkennen unter den Schläuchen des Beatmungsgerätes.
    Ihr Bruder hat leider eine schwere akute Pneumonie, hatte ihnen vor ein paar Minuten der verantwortliche Arzt mitgeteilt.
    Er hat eine Stauung in der Lunge, sodass wir ihn beatmen müssen. Sorgen macht uns sein Herz, deshalb müssen wir trotz aller gebotenen Eile behutsam vorgehen. Es kann jetzt ein paar Tage dauern, aber wir sind zuversichtlich, dass wir ihn wieder hinkriegen.
    Danke, sagte Moritz erleichtert.
     
    Als sie am Nachmittag des folgenden Tages auf der Intensivstation erschienen und an Alfreds Bett traten, waren sie erschüttert, dass sich Alfreds Zustand dramatisch verschlechtert hatte. Zamira beugte sich über ihn und verstand, dass er nach »Lupa« rief, seiner Hündin. Er schien verwirrt!
    Es hatte sich eine pneumogene Sepsis eingestellt, die fraglos durch einen Beatmungskeim ausgelöst worden war. Es hatte, so wurde ihnen erklärt, ein Erregerwechsel stattgefunden und der jetzt vermutete Keim hatte sich »aufgepfropft«.
    Moritz war sofort klar, dass trotz aller Umschreibung hier ein multiresistenter Krankenhauskeim im Spiel war, und bestand darauf, den Chefarzt zu sprechen.
    Nach zehn Minuten stand Moritz in dessen Zimmer.
    Nehmen Sie doch Platz, Professor, sagte der Chefarzt, aber Moritz wollte sich nicht setzen.
    Es liegt hier eine schwere, ambulant erworbene Pneumonie vor, sagte Moritz. Mein Bruder hat einen septischen Schock erlitten. Haben Sie eine Erklärung, wie das passieren konnte?
    Nun, eierte der Chefarzt herum, es kommt leider immer wieder vor, dass es bei einer akuten Pneumonie zu einer Superinfektion durch Beatmungskeime kommt. Das ist bedauerlich, aber nicht auszuschließen. Wenn Sie noch die schlechte Konstitution Ihres Bruders in Betracht ziehen, seine Herzinsuffizienz und sein Immundefizit, dann sind diese Patienten besonders anfällig.
    Aber das weiß man doch. Gerade dann müsste man sorgfältiger arbeiten.
    Gewiss, Professor, glauben Sie mir, wir tun alles in unserer Macht Stehende, damit Ihr Bruder diese Krise überwindet. Die Chancen sind nicht schlecht. Geben Sie uns etwas Zeit. Wir tun unser Bestes.
     
    Zamira und Moritz saßen im Auto und waren auf dem Weg nach Hause.
    Es ist verrückt, was einem alles so in den Sinn kommt, meinte Moritz, wenn man an einem Krankenbett steht. Plötzlich zieht das Leben vorbei. Ich sehe uns noch als Kinder in New York, mit unseren Baseballhandschuhen. Oder in Frankfurt. Alfred auf seinem Rennrad, auf das er so stolz war, er hatte es sich selbst verdient mit einem Ferienjob. Als ich mit der Uni anfing, bekam ich ein Moped, manchmal saß Alfred hinten drauf und wir knatterten über die Bockenheimer Landstraße. Kopfsteinpflaster. Bei Regen konnte es passieren, dass man in die Straßenbahnschienen rutschte und sich hinlegte. Oder ich sehe uns am Tisch meiner Mutter. Schokoladenpudding. Ich liebte die Haut, Alfred ekelte sich davor und ich konnte seine mitessen. Zamira, es ist so, als sei es gestern.
     
    Es war spät geworden. Sie saßen im Salon und Moritz hatte einen alten Wein aus dem Keller geholt, ihn geöffnet und gesagt:
    So. Das ist ein Cos d’Estournel. Alfreds Lieblingswein. Den trinken wir jetzt auf seine Gesundheit.
    Sie hoben die Gläser und Moritz sagte: Freddy! Auf

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