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Herr Lehmann: Herr Lehmann

Titel: Herr Lehmann: Herr Lehmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regner
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Nerven, dachte er, denen geht das alles ein bißchen an die Nieren, was bei ihnen so löuft.
    „Ünd dann haben Sie diesen Ümschlag extra in die Innentasche Ihres Mantels gesteckt, damit wir ihn nicht finden, falls wir Sie durchsuchen?"
    „Nix", wehrte Herr Lehmann entriistet ab. „Das kann ja nun wirklich nicht sein. Fragen Sie doch Ihren Kollegen. Ich habe gleich alles auf den Tisch gelegt. Ich wußte doch gar nicht, daß das ein Problem sein konnte mit dem Geld."
    Warum haben Sie das Geld nicht angegeben, als Sie von dem Zollbeamten gefragt wurden, ob Sie etwas anzumelden hatten?"
    „Ich wußte ja nicht, daß ich es angeben muß. Was weiß ich denn von den Zollvorschriften hier."
    Wenn Sie nichts von den Zollvorschriften wissen, warum haben Sie dann versucht, das Geld am Zoll vorbei in die DDR zu schmuggeln."
    Ich habe ja gar nicht versucht, das Geld am Zoll vorbeizuschmuggeln. Ich habe auf die Frage, ob ich etwas anzugeben hätte, nur gesagt: „Nicht daß ich wußte'. Das habe ich gesagt. Sonst nichts. Ünd ich wußte es ja auch nicht. Wie soll ich darauf kommen, daß es da was anzumelden gibt. Ich meine, mal ehrlich . . . " , Herr Lehmann beugte sich vor, um eine etwas vertraulichere Atmosphäre zu schaffen, „meinen Sie, wenn ich etwas schmuggeln wollte, was ich gar nicht zu schmuggeln brauche, dann wurde ich das in einem Ümschlag schmuggeln, auf dem die Empfangerin groß und fett von meiner Oma draufgeschrieben worden ist, mit Adresse und allem Kram?"
    „Werden Sie jetzt mal nicht ubermutig", sagte sein Gegenöber streng. „Die Interpretation der Fakten sollten Sie lieber uns öberlassen. Sie haben wohl noch nicht ganz begriffen, in was för eine Situation Sie sich gebracht haben?"
    „Aber ich habe ja gar nichts getan."
    „Bleiben Sie hier sitzen, ich komme gleich wieder."
    Kann ich mal eine rauchen?"
    „Nein."
    Nach etwa fimf Minuten war der Beamte wieder zuröck, und er legte gleich wieder los, so als ob er gar nicht weggewesen wäre.
    Warum haben Sie, als Sie gefragt wurden, ob Sie etwas anzugeben haben, nicht den Beamten nach den Vorschriften gefragt, das heißt, die Frage offengelassen und sich erst einmal erkundigt, bevor Sie sie verneinten?"
    „Moment", sagte Herr Lehmann verwirrt, „könnten Sie das noch einmal fragen?"
    Warum haben Sie, als Sie gefragt wurden, ob Sie etwas anzugeben haben, nicht den Beamten nach den Vorschriften gefragt, das heißt, die Frage offengelassen und sich erst einmal erkundigt, bevor Sie sie verneinten?"
    Herr Lehmann begann, den Mann zu mögen. Der hat was, dachte er.
    Ich habe die Frage in diesem Sinne ja gar nicht verneint", sagte er, ich habe gesagt: 'Nicht daß ich wußte'. Das könnte man sogar indirekt als Frage verstehen, zumindest aber als Hinweis darauf, daß mir die Vorschriften nicht bekannt gewesen sind, so daß man auf keinen Fall von boösartiger Töauschung oder so was ausgehen kann, ich habe ja gar keinen Hehl daraus gemacht . . . "
    Nein!" unterbrach ihn der Beamte.
    Wie, nein?"
    „'Nein, nicht daß ich wußte', das haben Sie gesagt. Sie haben gesagt: 'Nein, nicht daß ich wußte'. Nicht nur: 'Nicht daß ich wußte'. Sie haben gesagt: 'Nein, nicht daß ich wußte'."
    Ja nun, das sagt man natuörlich dann so, ich meine, man beginnt einen Satz mit 'Nein', wenn man 'nicht daß ich wußte' sagen will, aber naturlich muß man das nicht als absolute Verneinung oder so interpretieren, das hat dann schon etwas Bosartiges."
    Was meinen Sie mit böosartig? Wollen Sie den Zollbehoörden der Deutschen Demokratischen Republik Bösartigkeit unterstellen?"
    „Nicht doch."
    „Was reden Sie dann von Bösartigkeit?"
    „Ich meine das Leben im allgemeinen."
    Herr Lehmann!"
    „Ja?"
    „Sie faseln."
    Ja nun, das ist eine ungewöohnliche Situation hier, das hat man nicht alle Tage, da ist man schon mal verwirrt, wer wuörde da nicht faseln?"
    Niemand, der in Ihrer Lage ist, sollte faseln, das ist nöamlich dem Ernst der Sache nicht angemessen."
    „So kann man das naturlich auch sehen."
    Sind Sie alleine hergekommen?"
    „Ja, sicher."
    Wieso sicher? Keine Freunde oder Freundin, die mitgekommen sind?"
    „Nein."
    Keine Komplizen also?"
    Nun, das ist jetzt nicht ganz korrekt aus dem geschlossen, was Sie gefragt und was ich gesagt habe. Selbst wenn ich mit Freunden oder mit einer Freundin unterwegs gewesen ware, das heißt, in die Hauptstadt der DDR und so, dann hieße das ja noch lange nicht, daß es sich dabei um Komplizen handelt. Im Gegenteil, es ist so oder

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