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Herr Lehmann

Herr Lehmann

Titel: Herr Lehmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regener
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meiner Mutter ist die Tochter von einem der Brüder meiner Großmutter, dann wäre sie eine geborene Schmidt, und dann hat sie wohl jemanden heiraten müssen, um Bergner heißen zu können. Sonst wären wir ja nicht verwandt.”
    “Wollen Sie mich verkaspern?”
    “Nein, nein, auf keinen Fall.”
    “Glauben Sie, daß das hier so eine Art Spaß ist?”
    “Nicht doch.”
    “Denken Sie, ich mach hier Witze? Denken Sie, hier ist Kaffee- und Kuchenzeit und wir plaudern nur ein bißchen? Denken Sie …”, der Beamte wurde lauter und lief im Gesicht rot an, er ist noch jung, dachte Herr Lehmann, aber er sollte auf seinen Blutdruck achten, “… daß Sie gegen die ZOLLUND DEVISENVORSCHRIFTEN DER DDR VERSTOSSEN KÖNNEN ” UND DANN HIER HERUMALBERN KÖNNEN, ODER WAS?”
    “Aber Sie hatten doch gefragt”, sagte Herr Lehmann und nahm sich vor, beim Sichblödstellen einen Gang zurückzuschalten. Die haben hier dünne Nerven, dachte er, denen geht das alles ein bißchen an die Nieren, was bei ihnen so läuft.
    “Und dann haben Sie diesen Umschlag extra in die Innentasche Ihres  Mantels gesteckt, damit wir ihn nicht finden, falls wir Sie durchsuchen?”
    “Nix”, wehrte Herr Lehmann entrüstet ab. “Das kann ja nun wirklich nicht sein. Fragen Sie doch Ihren Kollegen. Ich habe gleich alles auf den Tisch gelegt. Ich wußte doch gar nicht, daß das ein Problem sein könnte mit dem Geld.”
    “Warum haben Sie das Geld nicht angegeben, als Sie von dem Zollbeamten gefragt wurden, ob Sie etwas anzumelden hätten?”
    “Ich wußte ja nicht, daß ich es angeben muß. Was weiß ich denn von den Zollvorschriften hier.”
    “Wenn Sie nichts von den Zollvorschriften wissen, warum haben Sie dann versucht, das Geld am Zoll vorbei in die DDR zu schmuggeln.”
    “Ich habe ja gar nicht versucht, das Geld am Zoll vorbeizuschmuggeln. Ich habe auf die Frage, ob ich etwas anzugeben hätte, nur gesagt: Nicht daß ich wüßte’. Das habe ich gesagt. Sonst nichts. Und ich wußte es ja auch nicht. Wie soll ich darauf kommen, daß es da was anzumelden gibt. Ich meine, mal ehrlich …”, Herr Lehmann beugte sich vor, um eine etwas vertraulichere Atmosphäre zu schaffen, “meinen Sie, wenn ich etwas schmuggeln wollte, was ich gar nicht zu schmuggeln brauche, dann würde ich das in einem Umschlag schmuggeln, auf dem die Empfängerin groß und fett von meiner Oma draufgeschrieben worden ist, mit Adresse und allem Kram?”
    “Werden Sie jetzt mal nicht übermütig”, sagte sein Gegenüber streng. “Die Interpretation der Fakten sollten Sie lieber uns überlassen. Sie haben wohl noch nicht ganz begriffen, in was für eine Situation Sie sich gebracht haben?”
    “Aber ich habe ja gar nichts getan.”
    “Bleiben Sie hier sitzen, ich komme gleich wieder.”
    “Kann ich mal eine rauchen?”
    “Nein.”
    Nach etwa fünf Minuten war der Beamte wieder zurück, und er legte gleich wieder los, so als ob er gar nicht weggewesen wäre.
    “Warum haben Sie, als Sie gefragt wurden, ob Sie etwas anzugeben haben, nicht den Beamten nach den Vorschriften gefragt, das heißt, die Frage offengelassen und sich erst einmal erkundigt, bevor Sie sie verneinten?”
    “Moment”, sagte Herr Lehmann verwirrt, “könnten Sie das noch einmal fragen?”
    “Warum haben Sie, als Sie gefragt wurden, ob Sie etwas anzugeben haben, nicht den Beamten nach den Vorschriften gefragt, das heißt, die Frage offengelassen und sich erst einmal erkundigt, bevor Sie sie verneinten?” 
    Herr Lehmann begann, den Mann zu mögen. Der hat was, dachte er.
    “Ich habe die Frage in diesem Sinne ja gar nicht verneint”, sagte er, “ich habe gesagt: ‘Nicht daß ich wüßte’. Das könnte man sogar indirekt als Frage verstehen, zumindest aber als Hinweis darauf, daß mir die Vorschriften nicht bekannt gewesen sind, so daß man auf keinen Fall von bösartiger Täuschung oder so was ausgehen kann, ich habe ja gar keinen Hehl daraus gemacht …”
    “Nein!” unterbrach ihn der Beamte.
    “Wie, nein?”
    “‘Nein, nicht daß ich wüßte’, das haben Sie gesagt. Sie haben gesagt: ‘Nein, nicht daß ich wüßte’. Nicht nur: ‘Nicht daß ich wüßte’. Sie haben gesagt: ‘Nein, nicht daß ich wüßte’.”
    “Ja nun, das sagt man natürlich dann so, ich meine, man beginnt einen Satz mit ‘Nein’, wenn man ‘nicht daß ich wüßte’ sagen will, aber natürlich muß man das nicht als absolute Verneinung oder so interpretieren, das hat dann schon etwas

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