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Herr Lehmann

Herr Lehmann

Titel: Herr Lehmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regener
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mir über ein und dasselbe Thema, dachte er fahrig, dann wird das schon wieder. “Ich glaube, denen geht immer zwischendurch das Geld aus”, fuhr er wie auf gezogen fort, “wahrscheinlich ist das hier so eine Generalübernehmerscheiße, und dann müssen die immer erst so Raten bezahlen, und das muß dann vom Bezirk genehmigt …” Karl blieb stehen und schaute mit erhobener Nase nach links und rechts in die Gegend wie ein Erdmännchen, das nach Feinden Ausschau hält. “… werden, und die haben natürlich immer kein Geld, ist ja klar, das wird das Problem sein.”
    “Ja, ja”, sagte Karl. Du willst ja immer nur ficken.”
    “Karl, das ist jetzt Quatsch. Laß uns mal weitergehen.”
    “Wohin?”
    “Zu dir, Karl. Wird Zeit, daß du dich mal hinlegst.”
    “Bei mir ist es gut.”
    “Ja, Karl, das ist super bei dir, das wird schon.”
    “Was wird schon?”
    “Alles. Du mußt dich erst mal ein bißchen ausschlafen.”
    Herr Lehmann zog ihn weiter. Sie blieben, solange es ging, im Park, Herr Lehmann wollte den Straßenverkehr möglichst vermeiden. Wenn der sich mal losreißen will, dachte er, dann ist er nicht zu halten, und dann fiel ihm auf, daß er über seinen besten Freund schon dachte wie über einen Hund, und das gefiel ihm nicht. So darf man gar nicht erst anfangen, dachte er.
    “Schlafen, schlafen”, sagte Karl. “Alles klar. Und Fenster putzen.”
    “Das kommt später.”
    “Ich wollte mal Fensterputzer sein.”
    “Klar, Karl.”
    “Im Urbankrankenhaus. Immer rum, immer rum.”
    “Ist schon gut, das kannst du immer noch werden.”
    “Wenn man einmal rum ist, fängt man vorne wieder an.”
    “Das ist praktisch.”
    “Die machen jetzt Autos.”
    “Wer macht jetzt Autos?”
    “In Charlottenburg. Wenn sie nicht aufpassen.”
    “Wenn wer nicht aufpaßt?”
    “Da, ein Hund.”
    “Da ist kein Hund, Karl.”
    “Der ist niedlich.”
    Es stimmte. Da war ein Hund. Der Hund. Herr Lehmann fand ihn zwar alles andere als niedlich, aber darauf kam es jetzt nicht an. Er wühlte direkt vor ihnen mit der Schnauze im Dreck, aber Herr Lehmann war so damit beschäftigt gewesen, Karl um irgendwelche Pfützen herumzulotsen, daß er ihn nicht bemerkt hatte. Der Hund sah auf und wedelte mit dem Schwanz.
    Guter Hund”, sagte Karl und ging in die Hocke. Der Hund kam zu ihm hin und leckte seine Hand.
    “Ich kenne den Hund”, sagte Herr Lehmann. “Schon lange. Den habe ich mal auf dem Lausitzer Platz getroffen. Morgens früh.”
    “Guter Hund”, sagte Karl und setzte sich in den Dreck. Der Hund sprang auf ihn drauf und leckte ihn ab. Karl lachte und strampelte mit Armen und Beinen.
    “Karl, das ist jetzt vielleicht ein bißchen zuviel des Guten”, sagte Herr Lehmann vorsichtig. Er war ja im Grunde froh, daß sein bester Freund mal normales Zeug redete, auch wenn es dummes Zeug war. Aber es war sicher nicht gut, wenn er sich in schlammigen Pfützen wälzte.
    Karl achtete nicht auf ihn. Er rangelte mit dem Hund und wälzte sich mit ihm herum, bis er oben lag. Der Hund japste und quiekte unter seinem Gewicht.
    “Was hat er denn?” fragte Karl.
    “Du liegst auf ihm drauf. Das tut ihm weh.”
    “Ach so.” Karl stand auf, und der Hund lief weg.
    “Blöder Hund”, sagte Karl und lachte. Er war von oben bis unten voller Matsch, aber das machte ihm nichts aus.
    “Karl, wir sollten mal zu dir nach Hause gehen. Du könntest vielleicht eine Dusche nehmen und ein bißchen schlafen.”
    “Ich will nicht nach Hause”, sagte Karl und wollte in die andere Richtung.
    Herr Lehmann hielt ihn fest. “Mach doch keinen Scheiß, guck doch mal, wie du aussiehst. So kannst du doch nirgendwo hingehen.”
    “Na gut”, sagte Karl und stiefelte los, diesmal in die richtige Richtung. ” Herr Lehmann hatte fast Mühe, hinterherzukommen, Karl schritt weit aus und stiefelte geraden Weges durch alle Pfützen zum Ausgang des Parks oben an der Görlitzer Straße. Kaum hatten sie allerdings den Park verlassen, blieb er wieder stehen.
    “Ich muß noch was besorgen.”
    “Nein, laß mal.”
    “Doch, ich muß noch was besorgen.”
    “Du mußt erst mal nach Hause, so kannst du doch nichts besorgen.”
    “Was?”
    “So kannst du nichts besorgen.”
    “Die wollen alle bloß ficken”, sagte Karl und zog dazu mit seinem rechten Arm einen Halbkreis. Alle.”
    “Es ist niemand da, Karl.”
    “Doch, alle. Heidi auch. Heidi hast du besonders lieb.”
    “Ja, ja!”
    Herr Lehmann nahm Karl wieder an der Hand und zog ihn über die

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