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Herr Lehmann

Herr Lehmann

Titel: Herr Lehmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regener
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denn?”
    “Nicht mir, es geht um ihn”, sagte Herr Lehmann.
    “Aha, logisch”, sagte der Arzt und ging zu Karl hinüber. “Wie heißt er denn?”
    “Schmidt. Karl Schmidt.”
    “Richtig, steht ja in den Papieren, dumme Frage. Herr Schmidt?”
    Karl, der einfach nur auf der Liege saß und ihn anschaute, regte sich nicht.
    “Wie geht’s Ihnen denn so?”
    Karl lächelte ihn an. “Du bist ein schlauer Fuchs”, sagte er.
    Der Arzt nickte. “Das wollen wir mal hoffen. Und sonst?”
    “Man sollte mal wieder verreisen.” Dann fing Karl an zu weinen.
    “Hm”, sagte der Arzt und setzte sich wieder. “Dann erzählen Sie mal”, sagte er zu Herrn Lehmann.
    Herr Lehmann erzählte die ganze Geschichte, soweit er sie kannte, das mit der Ausstellung, mit der zerstörten Kunst, mit Karls komischem Verhalten, mit dem Schwitzen, mit dem Durchmachen und so weiter, bis hin zu dem Punkt, an dem Karl völlig ausgeklinkt war. Der Arzt stellte nur selten Fragen, und wenn, dann solche, die darauf hinausliefen, daß Herr Lehmann immer weiter zurückgehen und immer mehr erzählen mußte. Er ist wirklich ein schlauer Fuchs, dachte Herr Lehmann.
    “Okay, okay”, sagte der Arzt endlich, “das ist ja schon mal ganz aufschlußreich.”
    “Und jetzt?”
    “Jetzt schau ich ihn mir mal ganz genau an.”
    Er ging zu Karl. “Ja, bleiben Sie mal schön da so sitzen, das ist genau richtig”, sagte er, “Sie machen das ganz prima. So, und so, und so …”
    Er fühlte Karls Puls, schaute ihm in die Augen, in die Nase, in den Mund, dann prüfte er ein bißchen seine Reaktionen auf dies und das und verwickelte ihn in ein kleines Gespräch.
    “Haben Sie heute schon was gegessen?”
    Keine Antwort.
    “Na, irgendwas werden Sie doch gegessen haben.”
    “Ich muß gehen.”
    “Wohin?”
    “Was einholen.”
    “Was wollen Sie denn einholen?”
    “Herr Lehmann raucht zuviel.”
    “Oho!”
    “Der Arzt drehte sich nach Herrn Lehmann um. Nennt Ihr Freund Sie ‘Herr Lehmann’ ?”
    “Meistens”, sagte Herr Lehmann. “Aber nur anderen gegenüber. Das soll te mal ein Witz sein, der hat sich dann verselbständigt.”
    “Und? Rauchen Sie zuviel?”
    “Ich habe gerade erst angefangen.”
    “Na dann: herzlichen Glückwunsch!”
    “Danke.”
    Karl wurde unruhig. Er atmete heftig und begann wieder zu schwitzen. Der Arzt schaute sich das an und fühlte wieder seinen Puls. Naja”, sagte er “
    mit dem Rücken zu Herrn Lehmann, “wie war das mit den Drogen?” “
    “Ich weiß es nicht genau. Er hat mindestens zwei Nächte durchgemacht.”
    “Das paßt.”
    “Wozu paßt das?”
    “Das gehört dazu.”
    “Wozu? Zu den Drogen?”
    “Die Drogen sind nicht entscheidend. Sieht mir nicht nach einem Drogenproblem aus. Das kommt nur dazu.”
    “Ich muß gehen”, sagte Karl und stand auf.
    “Ich kann Sie nicht daran hindern”, sagte der Arzt. “Trinken Sie aber erst einmal einen Schluck Wasser.”
    Er ging zum Waschbecken und füllte einen kleinen Plastikbecher mit Wasser. Dann nahm er Karl beim Arm. “Setzen Sie sich doch mal eben kurz noch einmal hin”, sagte er und führte Karl sanft wieder auf die Liege. “Und trinken Sie mal einen Schluck.” Er gab Karl den Becher. Karl hielt ihn in der Hand und starrte hinein. Der Arzt ging an den Schrank, schloß ihn auf und kramte darin herum. Als er wieder auftauchte, hatte er etwas in der Hand.
    “Mund auf”, sagte er. Karl machte den Mund auf, und der Arzt warf etwas hinein, wahrscheinlich Tabletten, Herr Lehmann konnte das nicht genau erkennen, und dann führte er Karls Hand mit dem Becher an seinen Mund und ließ ihn trinken. “Schön runterschlucken.”
    Der Arzt wartete ein Weilchen und beobachtete Karl dabei. Dann fühlte er noch einmal seinen Puls und nickte dazu. Karl entspannte sich.
    “Legen Sie sich ruhig hin, wenn Ihnen danach ist”, sagte der Arzt und hob Karls Beine auf die Liege. “Sie waren ja nun lange genug auf den Beinen.”
    Er sah ihm noch einige Zeit beim Liegen zu, dann setzte sich der Arzt wieder Herrn Lehmann gegenüber auf den Stuhl. Herr Lehmann schaute immer noch zu Karl hinüber, aber der schien sich wohl zu fühlen und lag ganz ruhig da.
    “Also, körperlich fehlt ihm nichts Ernstes”, sagte der Arzt und schrieb etwas in seine Papiere. “Er ist ein bißchen dehydriert, wahrscheinlich auch ein Mangel an Elektrolyten.”
    “Mangel an Elektrolyten?”
    “Ja. Wundert Sie das?”
    “Naja, er ist ein großer Freund des Kartoffelchips.” Herr Lehmann

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