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Herr Mozart wacht auf: Roman (German Edition)

Herr Mozart wacht auf: Roman (German Edition)

Titel: Herr Mozart wacht auf: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Baronsky
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eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, ach, was sag ich, fünfzehn Tägen! Wie sollt’ mir also Herz und Gemüt am Heiligabend nicht schwer werden ohne
Jingle Bells
und
White Christmas
?« Er warf sich vor Piotr auf die Knie und reckte ihm die gefalteten Hände entgegen. »Errette mich, Piotr, rette mein Seelenheil, feiere ein einziges, allerletztes Mal noch mit mir. Ohne deine Fidel, dafür mit reichlich Wein und Bier. Feiere
Blue Christma s
mit mir. Mein liebster, bester Freund Pscheatschil, das soll dir eine Schuldigkeit sein!«
    »Ah. Blue Christmas!«, brummte Piotr und knuffte ihn mit dem Fuß in die Seite. »Weiß ich, dass du nicht willst wegen Bier hingehen. Wenn Frau im Kopf ist, steht Verstand still.«
     
    »Wie ist es um deinen Verstand bestellt?«, fragte Wolfgang, während sie durch die klirrend kalte Nacht liefen.
    »Funktioniert. Bin ich verheiratet sechs Jahre.«
    »Piotr! Und mir kein Wort davon berichtet! Wo hältst du sie versteckt?«
    »Zu Hause in Mrągowo.«
    »Mit welcher Ursache also ist sie nicht hier, bei ihrem wahrhaft getreuen Gatten? Als ich noch mein feines Weibchenhatte, welche mir gewiss die Liebste war, wollt ich sie alle Täge um mich wissen.«
    Piotr senkte pietätvoll die Stimme. »Du hattest Frau? Ist auch – tot?«
    Wolfgang nickte kräftig. »Mausetot!«
    »Woran ist sie gestorben?« Piotrs Blick sank noch tiefer als seine Stimme.
    An Altersschwäche, dachte Wolfgang und wedelte mit Ennos dickem Handschuh. »Das ist eine lange, traurige, unheilvolle, schreckliche, finstere, grauslige Geschichte, erzähle lieber von deinem lieben Frauchen. Warum lässt sie dich so lange fort?«
    »Hat sie mich geschickt hierher.« Piotr kickte mit dem Fuß gegen eine leere Brötchentüte, sie pickte an seiner Schuhspitze fest, und Piotr blieb stehen, um sie abzutreten. »Bin ich lieber zu Hause. Aber hier kann ich verdienen mehr in drei Monate als in Polen in ganze Jahr.«
    Energisch stieß Piotr die Glastür des
Blue Notes
auf, und Wolfgang folgte ihm in das Gewölbe hinab. Der Flügel, der tatsächlich von einem satten dunklen Blau war, schlief bereits im Halbdunkel, ein paar Tische waren noch besetzt, er konnte aber nirgends entdecken, wonach er suchte. Über allem schwebten, in tranceartigem Auf und Ab, jene fremden Töne, die, wie Piotr ihm erklärt hatte, von einer Maschine erzeugt wurden und keines Instrumentes bedurften, lediglich kleiner, vibrierender Kisten, wie er sie an Piotrs Mechanikum gefunden hatte. Piotr hatte ihm etwas von Schwingungen und Elektrizität erzählt, jener Kraft, dem Magnetismus wohl verwandt, die U-Bahnen in Bewegung zu setzen vermochte, die Stadt des Nachts taghell leuchten ließ und die Wolfgang zu begreifen außerstande war.
    »Deine Liebste. Sicher ist es nämliche, welche auf dem Portrait in deiner Stube zu sehen ist? Die Blonde?«
    »Ja.« Piotr nickte seufzend und lehnte sich an den Tresen. »Ist schönste Frau in ganz Mrągowo.«
    Wolfgang sah das Bild der beiden vor sich, Piotrs freudlosen Blick, und musterte den Geiger von der Seite. In diesem Augenblick öffnete sich eine Tür, und Wolfgang starrte der dunklen Mähne hinterher, die unwirklich im blauen Lichtschein glänzte. »Und diese ist gewiss die schönste Frau in ganz Wien.« Dann erkannte er den blonden Saxophonspieler, der lässig den Arm um sie legte.
    Auch Piotr musste ihr nachgesehen haben, er warf Wolfgang einen trübsinnigen Blick zu. »Geht sie wie Königin von Saba. Und du bist armer Schlucker!«
    »Ich mag als armer Schlucker ihr erscheinen – verfüge indes auch über Fertigkeiten, welche ich mir erlaube als meine Reichtümer gelten zu lassen. Dass man die Monarchen abgeschafft, hat also der guten Seiten reichlich.« Und hoch erhobenen Kopfes schritt Wolfgang geradewegs auf den verlassenen Flügel zu.
    Er schlug ein paar zarte Akkorde an, bereit, die Hände sofort wieder von den Tasten zu lassen. Doch entgegen seiner Befürchtungen war der Flügel weder verstimmt noch defekt, also nahm er Platz und begann, eine Melodie über jene künstlichen Töne zu weben, die, wenngleich nicht reizlos, so doch nur in der Luft schwebten wie die Stimme eines sich unermüdlich wiederholenden Redners, dem längst niemand mehr Beachtung schenkt. Wolfgang ließ seinen Blick über die letzten Paare schweifen, die eng beieinander in den Winkeln standen, über den Tresen mit seiner unglaublichen Menge längst verschlossener Flaschen, über die verlassenen Tische und endlich hinüber zu dem schwarz

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