Herrchenjahre
deiner Jacke, die kriege ich nicht mehr raus.«
»Egal, ich brauche eh eine neue!«
»So schlimm ist es nun auch wieder nicht.«
»Da ist ein Riss drin. Mein Mistvieh hat mich heute einmal quer durch die Brombeeren gezogen.«
»Ich dachte, euer Spaziergang sei gut gewesen?«
»War er ja auch. Bis auf die Dobermänner. Da hat Luna eine Hundertstelsekunde Schau gemacht und ist dann völlig ausgeflippt. Ich bin mit dem linken Knöchel in einer Brombeerranke hängen geblieben und in die Büsche gekippt. Irgend so ein Krause hat mir rausgeholfen.«
Blöderweise steht immer ein Krause in der Gegend rum, wenn ich mal wieder eine Übung vergeige. In diesem Fall ein Brombeer-Krause. Der ist ein erklärter Gegner der Bindungsvertiefung durch Handfütterung und hat natürlich alles kommen sehen.
Futter, so sagt er, habe außerhalb des Futternapfs nichts
verloren. Der Napf stehe zu Hause, nirgendwo sonst. Man habe ja gesehen, was passiert ist. Mit meinem Essen in der Tasche sei ich für den Hund doch überhaupt nicht interessant. Ich müsse mich anderweitig spannend machen. Und um Gottes willen solle ich den harschen Umgangston ablegen und immer freundlich bleiben, immer positiv bestärken. So würde ich schon bald mein Wunder erleben, sogar bei den Dobermännern.
»Ist das auch eine Methode? Hat die einen Namen?«, will Stella wissen.
»Heititei-Methode vielleicht. Keine Ahnung«, sage ich.
»Klingt jedenfalls so, als ob man nicht viel falsch machen könnte.«
»Das sehe ich auch so. Ich denke darüber nach.«
»Tu das.«
Ich höre meinem hungrigen Hund beim Knochenabnagen zu. Knochenabnagen zu. Knochenabnagen zu.
Das hat etwas Kontemplatives. Für knisternde Holzscheite ist es noch nicht kalt genug. Aber Knochenabnagen zu ist auch beruhigend. Man kann die jüngste Vergangenheit Revue passieren lassen, lautlos lamentieren, dass man sein gesamtes Hirnschmalz in der Werbung verbrät, so dass keine Kreativität mehr für die Erziehung von Luna übrig ist, obwohl das Biest meinen Einfallsreichtum dringender gebrauchen könnte als dieser dämliche Himbeerjoghurt, der darmaktiv linksdreht.
Knochenabnagen zu. Knochenabnagen zu. Knochenabnagen zu.
Ich lasse meine Gedanken kreuz und quer schweifen.
Eine Lunaphase wie jede andere. War was Besonderes?
Luna hat zum ersten Mal seit Monaten wieder mit einer Hündin gespielt. Es wurde kein Blut vergossen.
Ich habe Katze Arthur, oberer rechter Nachbar, mit Labrador Sandy, oberer linker Nachbar, verwechselt, weil meine Brille beschlagen war. Langsam kommen mir Zweifel an meinem Geisteszustand. Auch wenn die beiden dieselbe Farbe haben, so unterscheiden sie sich doch erheblich in der Größe.
Knochenabnagen zu. Knochenabnagen zu. Knochenabnagen zu.
Könnte ich mir erlauben, während meiner Hundespaziergänge iPod zu hören, käme nur The torture never stops von Frank Zappa und Captain Beefheart infrage.
Man müsste den Kindern ihr Abendessen mal in einen Kong stecken. Dann wüssten die, wie das ist!
Mein größter Irrtum war zu glauben, ich richte einmalig im ersten halben Jahr den Grundgehorsam bei Luna ein, und ich und jedes einzelne Familienmitglied profitieren davon ein Hundehalterleben lang.
Eine Begegnung mit Rudi, dem germanischen Bärenhund, rückt die Proportionen wieder zurecht. Vor allem bei Krawallmausbesitzern, die denken, mit siebenundsechzig Zentimetern Schulterhöhe hätten sie einen großen Hund.
Knochenabnagen zu. Knochenabnagen zu. Knochenabnagen zu.
Luna liebt Klickern und Hühnerherzchen. Davon wird ihr Verhalten aber auch nicht besser. Sie frisst mir aus der Hand, solange etwas drin ist, und geht anschließend wieder ihren eigenen grenzwertigen Interessen nach.
Warum nicht mal ein paar Monate lang Heititei machen?
Morgen kaufe ich die Werke sämtlicher Heititei-Krauses,
die multiple Orgasmen kriegen, wenn ein Hundehalter die Worte Positive Bestärkung ausspricht.
Knochenabnagen zu. Knochenabnagen zu. Kno…
Hat aufgehört!
Ein traumhafter Augenblick. Wohliges Seufzen ersetzt das Knabbern. Tiefe Atemzüge schnaufen durch die freche Lakritznase.
Schlaf du mal selig!
Ab morgen wird geheititeit.
Das Heititei-Malheur
In dem wir feststellen, dass verbaler
Wattebauschweitwurf genauso in die Hose geht
wie Schellenschleudern, Leinenrucken und Hund anbrüllen.
Später wandern wir mucksmäuschenstill
durch den Wald und lernen, dass Reden Silber ist,
Schweigen aber nicht zwingend Gold.
Männer bringen’s nicht
Dichter Nebel liegt über
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