Herren des Wetens
war. Der Rest des Buches erwies sich jedoch bedauerlicherweise als leeres Geschwafel.
Der kurze biographische Hinweis am Anfang des Buches besagte, daß der Verfasser ein bedeutender drasnischer Kaufherr gewesen war, der während des dritten Jahrtausends gelebt hatte, und daß diese geheimen Aufzeichnungen erst nach seinem Tod gefunden worden waren. Garion fragte sich, wie jemand mit einem so wirren Verstand in einer normalen Gesellschaft hatte zurechtkommen können.
Verärgert klappte er das Buch zu und gab es auf den wachsenden Stapel irren Geschreibsels. Als nächstes griff er nach einem dünnen Band, der in einem verlassenen Haus in Arendien gefunden worden war. Die ersten Seiten waren unbedeutenden familiären Dingen auf dem Gut eines niedrigen arendischen Edlen gewidmet. Das änderte sich auf der vierten Seite abrupt. Das Kind des Lichtes wird nach dem Schwert greifen und sich auf die Suche nach dem Verborgenen machen, las Garion. Unmittelbar darauf folgte in ermüdenden Einzelheiten der Einkauf eines Dutzends Schweine von einem Nachbarn. Dann
schrieb der unbekannte Verfasser wieder eine Prophezeiung nieder.
Das Kind des Lichtes wird nach einer Person suchen, deren Seele dahinge-rafft wurde, nach einem Stein, der in seiner Mitte leer ist, und nach einem Kindlein, welches das Licht in einer und die Finsternis in der anderen Hand hält. Damit war vielleicht etwas anzufangen. Garion rückte eine der flackernden Kerzen näher und beugte sich tiefer über das Buch. Jede Seite las er sorgfältig. Doch diese beiden Absätze waren die einzigen in dem ganzen Band, die keinen Bezug auf das alltägliche Leben auf jenem vergessenen Gut irgendwo in Arendien hatten.
Seufzend lehnte sich Garion zurück und schaute sich in der schwach beleuchteten Bibliothek um. Die Bücher standen in staubigen Reihen auf den Regalen, und die Schriftrollen in ihren Stoffhüllen lagen ganz oben auf diesen Regalen. Das Licht seiner zwei Kerzen flackerte, daß es fast so aussah, als tanze der Raum.
»Es muß doch eine schnellere Möglichkeit geben«, murmelte er.
Die gibt es, sagte die trockene Stimme in seinem Kopf.
»Was?«
Du sagtest, es müsse eine schnellere Möglichkeit geben, und ich sagte, es gibt eine.
»Wo warst du?«
Da und dort.
Garion kannte diese andere Bewußtheit in sich inzwischen gut genug, um sicher zu sein, daß sie ihm nur sagen würde, was er nach ihrem Willen erfahren sollte. »Na gut«, brummte er. »Was ist diese schnellere Möglichkeit?«
Du brauchst nicht jedes einzelne Wort zu lesen, wie du es bisher getan hast. Öffne deinen Geist und blättere durch die Bücher. Was ich eingegeben habe, wird dir sozusagen entgegenspringen.
»Sind die Prophezeiungen immer irgendwo zwischen all dem anderen Unsinn?«
Gewöhnlich ja.
»Warum hast du das so gemacht?«
Aus mehreren Gründen. Meistens wollte ich nicht, daß der eigentliche Schreiber überhaupt wußte, was ich in seinem Buch verbarg. Dann ist es natürlich eine gute Weise zu verhindern, daß die Ankündigungen in falsche Hände fallen.
»Und in die richtigen ebenfalls.«
Wolltest du, daß ich es dir erkläre, oder suchtest du nur nach einem Grund für eine bissige Bemerkung?
»Schon gut«, brummte Garion Ich glaube, ich sagte dir schon einmal, daß das Wort dem Ereignis Bedeutung gibt. Das Wort muß vorhanden sein, aber nicht so offensichtlich, daß ein jeder es finden kann.
Garion runzelte die Stirn. »Soll das heißen, daß du all diese Dinge in all diese Bücher gegeben hast, nur damit ein paar Leute sie lesen?«
›Ein paar‹ ist nicht wirklich richtig. Versuche es mal mit ›einer‹.
»Einer? Und wer ist damit gemeint?«
Du, offenbar.
»Ich? Wieso ich?«
Müssen wir das schon wieder durchgehen!
»Willst du damit sagen, daß das Ganze eine Art persönlicher Brief
– nur für mich ist?«
Gewissermaßen ja.
»Was wäre gewesen, wenn ich gar nicht angefangen hätte, die Bü-
cher zu lesen?«
Wieso liest du sie jetzt?
»Weil Belgarath mich dazu aufgefordert hat.«
Warum, glaubst du, hat Belgarath das getan?
»Weil…« Garion brach ab. »Du hast es ihm aufgetragen?«
Natürlich. Er wußte selbstverständlich nichts davon, aber ich stupste ihn quasi darauf. Alle möglichen Leute haben Zugang zum Mrin-Kodex, darum machte ich ihn auch so schwer verständlich. Diese persönlichen Anweisungen für dich müßten jedoch ziemlich klar sein – wenn du aufpaßt.
»Warum sagst du mir nicht einfach, was ich tun soll?«
Das darf ich
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