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Herrentag: Anwalt Fickels erster Fall (German Edition)

Herrentag: Anwalt Fickels erster Fall (German Edition)

Titel: Herrentag: Anwalt Fickels erster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Henner Hess
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eine Katastrophe für ihn. Vor allem wegen seiner Familie …«
    Auch wenn der Fickel der Amtsgerichtsdirektorin sein vollstes Verständnis versicherte, blieb es für ihn doch eine Absurdität, ausgerechnet ihn als Pflichtverteidiger für den René Schmidtkonz einzusetzen. Im wahrsten Sinne des Wortes eine Schnapsidee! Es lohne nicht weiter, darauf herumzureiten. Am besten, die Driesel riefe gleich morgen früh den Kollegen Ehrmanntraut aus Schmalkalden an. Für solch einen komplexen Fall brauche es einen echten Fachmann mit besten Referenzen – und so weiter, und so fort …
    Die Driesel hörte sich Fickels Gerede geduldig an und schwieg sich aus; eine Zeit lang hörte man nur das Ticken der Kuckucksuhr. Als der Fickel schon befürchtete, sie sei eingeschlafen, ergriff sie unvermittelt das Wort.
    »Wie lange kennen wir zwei uns eigentlich?«, fragte sie.
    Der Fickel rechnete im Geiste nach. »Fünfundzwanzig Jahre? Plus/minus.«
    »Ein Vierteljahrhundert!« Die Direktorin lächelte verträumt. »Wir beide sind quasi die Einzigen von ’89, die noch da sind.«
    »Und der Rainer Kummer«, fügte der Fickel der Vollständigkeit halber hinzu. Aber der war ja »nur« Justizwachtmeister.
    »Betrachten Sie dieses Mandat als Auszeichnung. Oder meinetwegen als eine Art Abschiedsgeschenk«, erklärte die Driesel feierlich und zückte erneut die Cognacflasche. »Von den Gebühren können Sie endlich mal in den Urlaub fahren, so richtig weit weg!«
    Abgesehen davon, dass der Fickel sich kaum etwas weniger vorstellen konnte, als »richtig weit weg« zu fahren – wohin denn auch –, blieb die Erwähnung des finanziellen Aspekts bei dieser Angelegenheit zumindest nicht komplett ohne Wirkung auf ihn. Eine Spur interessierter hakte er nach: »Und der Beschuldigte?« Hintergrund der Frage war natürlich, dass sich der Fickel selbst schön bedankt hätte, wenn ihm bei solch ernsten Vorwürfen eine Terminhure als Verteidiger zur Seite gestellt worden wäre. Da konnte man im Grunde schon in der Untersuchungshaft anfangen, Kugelschreiber zusammenzubauen.
    Die Driesel lächelte wissend. »Da machen Sie sich mal keine Sorgen. Der Kollege Schmidtkonz würde sich am liebsten selbst verteidigen. Aber das geht natürlich nicht.«
    Der Fickel nickte, obwohl er keine Idee hatte, warum das »nicht gehen« sollte.
    »Sie machen einfach nur das, was er Ihnen juristisch diktiert«, erläuterte die Driesel. »Das ist die Abmachung.«
    Der Fickel war erstaunt, dass er also nur die Marionette spielen sollte, und die Driesel erklärte mit entwaffnender Offenheit: »Um genau zu sein, spielen Sie Anwalt. – Wie sonst auch …«
    Ganz wohl war dem Fickel bei der Sache dennoch nicht.
    »Was soll schon passieren?«, insistierte die Driesel. »Entweder er war’s nicht, dann wird er freigesprochen, oder er war’s tatsächlich, und dann hilft ihm auch kein Starverteidiger! Aber in dem Fall hat er es ja wohl auch nicht anders verdient, gell?«
    Treffender hätte man die Rolle des Anwalts in einem Strafprozess für den Fickel kaum zusammenfassen können. Andererseits hatte die Driesel durchblicken lassen, dass ihr auch ein bisschen daran gelegen war, die Oberstaatsanwältin Gundelwein zu ärgern – das war natürlich wiederum eine Erwägung, die beim Fickel stark ins Gewicht fiel. Die Vorstellung, seiner Exfrau als Strafverteidiger in einem Mordprozess gegenüberzutreten, verursachte bei ihm ein nicht direkt unangenehmes Gruselgefühl. Deswegen, und auch wegen des einen oder anderen weiteren Cognacs, ließ sich der Fickel schließlich breitschlagen, das Angebot noch mal zu überschlafen.
    Auf der halsbrecherischen Abfahrt durch die Untere Kuhtrift wurde dem Fickel trotz seines benebelten Zustandes in einem Winkel seines Verstandes bewusst, welch einen Sisyphus-Stein er im Begriff stand sich aufzuladen. So ein Mordverfahren durfte man schließlich nicht unterschätzen: ein Haufen Aktenmaterial, Termine über Termine, Fristen, Schriftsätze et cetera peh-peh. Außerdem hatte der Fickel natürlich keinerlei Praxis im Strafrecht und kannte die Strafprozessordnung eigentlich nur vom Hörensagen.
    Er wusste ja nicht einmal, wo man als Verteidiger im Saal eigentlich saß, links vom Richtertisch aus gesehen – oder doch rechts? Und als wäre das nicht genug: Er hatte nicht mal eine Robe im Schrank! In seiner Laufbahn als Anwalt war der Fickel bislang ausschließlich im Amtsgericht tätig gewesen: Streitwerte bis fünftausend Euro, nichts Aufregendes. Und jetzt

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