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Herrgottschrofen

Herrgottschrofen

Titel: Herrgottschrofen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Ritter
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geschrien und einen Veitstanz auf das Edelparkett seiner Wohnung hingelegt. Und dann für den Rest des Abends eine Handvoll Latex-Damen aus dem Studio Unschlagbar am Frankfurter Ring in seine Wohnung bestellt. Mit Champagner und allem Drum und Dran.
    Doch er riss sich zusammen. Anstandshalber musste er ein Wochenende Bedenkzeit einhalten. Und dann auch noch seine Legislaturperiode absitzen. Wobei, dachte er, ein Skandal mit Latex-Damen wäre natürlich gut geeignet, um seine Abdankung als MP in kürzester Zeit hinzubekommen. Er grinste in sich hinein.
    Der Baron erhob sich. »Jetzt habe ich Ihnen also eine Denkaufgabe für das Wochenende gegeben. Rufen Sie mich am Montag früh um neun an und teilen Sie mir Ihre Entscheidung mit. Ich muss jetzt los. Freitagsmesse im Alten Peter. Familientradition, Sie verstehen. Wo gehen Sie eigentlich zur heiligen Messe?«
    Am Samstag war Sporttag in der JVA. Die Werkstätten, in denen die meisten Gefangenen unter der Woche arbeiteten, hatten geschlossen. Also spielte man Fußball, Basketball oder trainierte im Fitnessraum. Entsprechend voll war es dort, und Hartinger ließ sich bereits nach einer halben Stunde wieder abholen, um den Rest der Freizeit lieber im Leseraum zu verbringen.
    Dort traf er nur auf ein halbes Dutzend Mithäftlinge, die in Zeitschriften und Büchern lasen. An seinem Tisch saß, als hätte er sich dort tagelang nicht wegbewegt, der Professor.
    Hartinger holte sich wahllos den Brockhaus-Band »Karn – Khme« aus dem Regal und setzte sich an den Tisch neben den Wissenschaftler. Nach ein paar Minuten Lektüre sprach Hartinger ihn an. »Sie, ich komm da nicht weiter. Ich lese den ganzen Artikel schon das zweite Mal durch. Also, diese Kernenergie … Warum klappt das mit der Kernfusion nicht? Da wäre doch alles gelöst.«
    Hartinger wusste, dass er über ein Fachthema an den Mann heranmusste. Dabei interessierte er sich eigentlich für den Ex-Liebhaber der Frau von Professor Geisler. Für Professor Friedrich Marchsteiner, den Chef von Dr. Dorothee Allgäuer.
    »Sie haben ja Nerven. Soll ich Ihnen das alles in fünf Minuten erklären, wofür Tausende von höchstintelligenten Wissenschaftlern keine Lösung einfällt?«
    »Ja, bitte. Versuchen Sie es wenigstens.«
    »Na schön, ganz kurz: Wenn Sie einen Atomkern spalten, erhalten Sie viel Energie. Das können wir beherrschen. Das nennt man Atomkraftwerk. Wenn Sie zwei Atomkerne aufeinander schießen, damit sie verschmelzen, erhalten Sie noch viel mehr Energie. Wie bei einem Stern. Diese Verschmelzung können wir technisch noch nicht beherrschen. Bewirken können wir sie. Das nennt man Wasserstoffbombe.«
    Hartinger grübelte schweigend nach einer schlauen Frage, dann wollte er wissen: »Und das Problem ist die Energiemenge?«
    »Ja, die ist enorm. Die größte Bombe, die der Mensch gebaut und gezündet hat, war 1961 eine russische Wasserstoffbombe. Die hatte eine Sprengkraft von siebenundfünfzig Megatonnen TNT. Zum Vergleich: Hiroshima wurde mit einer Spaltungsbombe dem Erdboden gleichgemacht. Hatte ein Äquivalent von dreizehn Kilotonnen TNT. Verstehen Sie? Dreizehntausend Tonnen TNT. Das ist schon mal ein ordentlicher Knall. Und die Wasserstoffbombe siebenundfünfzig Millionen Tonnen TNT. Viertausend mal mehr als Hiroshima. Und dieses Wasserstoffbömbchen war nicht größer als ein Lastwagen.«
    »1961? Vor fünfzig Jahren? Und das ist seither nicht beherrschbar?«
    »Wir tun unser Bestes.«
    »Und daran forschen auch Sie?«
    »Ja, unter anderem. Derzeit muss ich mich mit Kleinkram herumplagen. Ein Gutachten für die Bayerische Staatsregierung. Atommüll in Bergen zwischenlagern. Pipifax. Klar geht das. Muss halt trocken sein, damit die Fässer nicht rosten. Aber die können Sie auch in einem Kindergarten zwischenlagern. Die beherrschen wir, das ist überhaupt kein Problem. Aber warum wollen Sie das alles wissen? Wenn ich richtig informiert bin, sitzen Sie hier in U-Haft, weil Ihnen der Mord an einer weißrussischen Prostituierten zur Last gelegt wird. Das war sicher keine Atomforscherin.«
    »Sie sind offenbar gut vernetzt, Herr Professor, aber schlecht informiert.«
    »So?«
    »Ja. Denn erstens bin ich unschuldig, und zweitens war es eine Gastwirtin.«
    »Hier drin sind fast alle unschuldig, da sind Sie nicht allein. Und Gastwirtin oder das andere, streiten wir uns nicht über solche Nebensächlichkeiten.«
    »Verstehe. Zyniker. In den bayerischen Bergen?«
    »Wie, bitte? Ich kann Ihnen nicht

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