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Herrgottschrofen

Herrgottschrofen

Titel: Herrgottschrofen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Ritter
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mein Lieber.«
    »Ja, aber bitte, Herr Baron, wenn’s geht, Entlassungen in Bayern bitte ich zu vermeiden. Stärkt eine Landesregierung ja nicht unbedingt, wenn Tausende von qualifizierten Arbeitsplätzen verschwinden. Und ich kann’s halt nicht einfach so auf die in Berlin schieben. Wir sind ja ein Teil der Regierung.«
    »Das hat Ihre Vorgänger auch nie gestört, mein Lieber. Immer feste druff. Die Bayern wollen harte Kante sehen. Ob das alles in sich schlüssig ist, interessiert nicht.« Er nahm noch einen Schluck, dann sagte er: »Aber wir wollten heute ja die Zukunft besprechen. Und die geht über die nächsten Landtagswahlen hinaus.«
    »Gottlob, Herr Baron. Wenn ich die Kommentatoren und Unternehmen höre, meine ich, die Zukunft umfasst allenfalls das nächste Quartal.«
    »Furchtbar. Wo bleibt der Werterhalt?«, schimpfte der Baron.
    »Also. Gute Nachrichten. Wir haben die G-Sache jetzt vollends im Griff. Mein Umweltminister hat das ja Anfang der Woche im Bayerischen Fernsehen durchblicken lassen. Also nicht G als Standort, sondern überhaupt.«
    »Ich hab’s gesehen.«
    »Jetzt kann es natürlich sein, dass unser Bayerisches Fernsehen gar niemand mehr anschaut, wenn nicht ›Blickpunkt Sport‹ oder ›Dinner for One‹ laufen, aber es hat sich keiner beschwert. Kein böser Presseartikel, nichts. Auch keine Bürger-E-Mails. Ich sag Ihnen, diese Verwirrungsstrategie, die wir jahrzehntelang gefahren haben, die zahlt sich jetzt aus. Die Leute glauben uns auch nicht mehr, wenn wir die unverblümte Wahrheit sagen. Die sitzen vor der Glotze und denken: Redets ihr nur, ihr machts am Schluss ja doch was anderes, als was ihr sagts.«
    »Nur dass Sie es diesmal nicht anders machen, stimmt’s, mein Bester?«
    Die beiden Staatsmänner hoben die Gläser. »Auf die schottischen Highlands und das bayerische Oberland!«, toastete der Gastgeber.
    Der Baron fühlte sich an die Zeiten seines Wirtschaftsstudiums in London erinnert und retournierte: »To our wives and lovers – may they never meet!«
    Der Ministerpräsident hüstelte ein gekünsteltes Lachen. »Sehr gut, Herr Baron, den kenn ich noch gar nicht …« Was sich bereits als folgenschwer erwiesen hatte. Bei ihm zu Hause brannte das Dach. Darum blieb er immer öfter auch übers Wochenende in München.
    »Den kannte schon Robert F. Scott. Damit hat er sich in der Royal Geographic Society vor seiner Reise zum Südpol verabschiedet. Hat geholfen. Seine Frau hat wohl nie seine Geliebten getroffen. Ihn allerdings auch nicht mehr.«
    »Pionier-Schicksal«, meinte der Ministerpräsident lapidar.
    »Und jetzt zurück zu unserem Pionier, dem ich gegenüberzusitzen die Ehre habe.«
    »Herr Baron, ich bitte Sie …«
    »Nein, nein, schon recht. Sie haben der deutschen Wirtschaft einen riesigen Dienst erwiesen. Die dauerhafte Zwischenlagerung wird die Sicht auf die Kernenergie verändern. Die werden wir noch viel länger behalten, als mancher heutzutage glauben mag. Und das ist für den Industriestandort Deutschland von entscheidender Bedeutung. Sie, mein Lieber, haben Milliarden eingespart. Viele hundert Milliarden, wenn unsere Idee tatsächlich verfängt.«
    Der Ministerpräsident räusperte sich. Hatte der Baron da eben »unsere Idee« gesagt? Dabei hatte er zunächst den Plan, die bayerischen Berge für die Atommülllagerung zu nutzen, in Bausch und Bogen abgelehnt. Allerdings nur, bis er begriffen hatte, dass dieses Geschäft ein ewig währendes war. Und dass, wenn seine Bank es finanzierte, für ihn eine ebenso ewige Einnahmequelle sprudelte.
    Es hatte ungefähr eine Viertelstunde gedauert, bis ihm diese Erkenntnis auf einem Hochsitz im Loisachtal gedämmert war. Seither dachte der Baron nicht mehr in Zeitabschnitten von Jahrhunderten, sondern in Jahrhunderttausenden.
    »Das wird sie«, sagte der Ministerpräsident. »Ich meine die Idee. Ich meine, sie verfängt. Sie ist einfach zu brillant. Man kommt halt immer ran an das Zeug. Das verstehen selbst die Grünen, Sie werden sehen. Wir werden das mit großen Mehrheiten umsetzen. Jetzt fangen wir klein an mit den Kugeln da aus Jülich. Aber wenn das eingespielt ist, dann bitte her mit den Tonnen aus den AKWs. Die hundertfuchzig Castoren aus Jülich, die packen wir in zweihundert Meter Tunnel. Dann haben wir noch drei Komma acht Kilometer übrig.«
    »Das Konsortium prüft gerade das Patent. Nicht dass die Schweizer oder die Österreicher das nachmachen, ohne dafür Lizenzgebühren zu bezahlen.«
    »Sehr gut. Ich geh

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