Herrgottschrofen
einer gewissen Schublade auch für einen Hotelgutschein. Da ballern wir die Tribüne voll damit, dass die von der Bunten und der Gala mit dem Mitschreiben gar nicht mehr mitkommen. Mei, oben auf der Liste, da muss man vielleicht den einen oder anderen Tausender springen lassen. Ein paar A-Leut brauchen wir auch. Eiskunstlauf. Die Witt halt, würd ich sagen. Die kostet natürlich. Aber ein billigeres PR-Instrument wie einen solchen Event kriegst nicht mehr. Bloß blöd, dass ihr mir meinen PR-Mann eingesperrt habts.«
»Ja, freilich. Das tät fehlen, dass der Hartinger das verkündet. Du spinnst echt. Du kennst doch den.«
»Ich weiß aber auch, wie hoch seine Schulden sind, Hansi. Der hätte mir aus der Hand gefressen, des glaubst. Na ja, egal, müssen wir halt eine Agentur anstellen.«
»Wie meinst das jetzt mit ›wir müssen eine Agentur anstellen‹, Veit?«
»Ja, also wir halt. Ist ja zur Hälfte mindestens zum Wohle Garmisch-Partenkirchens, Hansi, oder? Da wirst ja zustimmen.«
»Unsere PR-Agentur hat eh nix zu tun zurzeit. Die sagen: Schnauze halten wegen Knochen und Ryschankawa. Da machen mir die Geschäftsleute am Stammtisch eh schon die Hölle heiß. Die Agentur soll das ein paar Tage mitbetreuen, deinen Auftrieb.«
»Du machst also mit?«
»Veit, der Schmarrn hört sich so verrückt an, dass ich ihm fast eine Chance geben muss. Eins habe ich in den letzten Jahren gelernt: Je narrischer, desto erfolgreicher. Schau die Ischgler mit dem Billigsekt in Dosen und der Paris Hilton an.«
»Die könnten wir natürlich auch haben. Ich kenn einen in München, der hat Verbindungen zu ihrem Manager. Achtzigtausend kostet die für zwei Stunden, sagt der. Ohne Extras, natürlich. Und ohne Kosten, die die selber verursacht.«
»Freilich. Die steigt dann ohne was drunter aus dem Auto aus, und ich hab die rechtschaffenen Bürger unseres wunderschönen Ortes am Hals. Vergiss es. Keine solchen Diplom-Schlampen. Auch wenn’s pressetechnisch natürlich helfen würde, ist ja auch mir klar. Aber nicht zurzeit, wo so eine bei uns vom Felsen gefallen ist. So, und jetzt geh ma rüber zum Murr auf einen Leberkäs mit Kartoffelsalat.«
Hartinger hatte gerade erst die Halle betreten und sich an seinem Arbeitsplatz niedergelassen. An diesem Tag wollte er den eigenen Rekord brechen und pro Stunde über eintausend Contemplo-Kataloge in das SZ-Magazin einstecken. Doch daraus wurde nichts. Ein Läufer der Wachmannschaft kam und holte ihn ab. Er hatte Besuch von seinem Verteidiger.
Dr. Reinhold Mertens saß allein, ohne Kripomann Hanhardt, in dem engen Einzelbesuchsraum. Hartinger setzte sich an den quadratischen Besprechungstisch. Dr. Mertens hatte seinen Laptop auf den Tisch gestellt und das Netzgerät in die dafür extra eingebaute Dose über dem Tisch gesteckt. Das Ladelämpchen glomm hellgrün. Der Bildschirm des Computers war schwarz.
»Herr Hartinger. Gute und schlechte Nachrichten. Beziehungsweise es liegt an Ihnen, ob die Nachrichten gut oder schlecht sind. Ich komme vom Oberstaatsanwalt. Ich habe alle Karten ausgespielt.« Der Anwalt machte eine theatralische Pause und zog die Brauen weit nach oben, wodurch seine Augen beinahe oben und unten über die schmalen Gläser der randlosen Brille hinausragten. Dann drückte Dr. Mertens eine Taste des PCs, und der Bildschirm wurde hell.
Darauf war die Vergrößerung eines Fotos zu sehen. Es zeigte eine Person, die von hinten aufgenommen worden war. Auf dem Ausschnitt war lediglich ihre Körpermitte zu sehen, unten und oben der obere Rand einer Hose und der untere eines sehr kurzen schwarzen T-Shirts und dazwischen blanke Haut und ein Tattoo.
»Wer ist das?«, fragte Hartinger. »Ein Knacki?«
»Wie kommen Sie darauf?«
»Na, wegen des Spruchs. Ist zwar schlecht zu lesen, denn es fehlt die Hälfte, aber ich wette, vor dem ›and die‹ steht ›Come in‹. Das haben hier ein paar harte Jungs, um klarzumachen, dass sie für den Erhalt ihrer Jungfräulichkeit töten würden.«
»Interessant«, murmelte Dr. Mertens und machte sich Notizen.
»Das wissen Sie nicht? Als Strafverteidiger?«
Der ansonsten so distinguierte Jurist reagierte leicht verschnupft. »Ich hab noch nie eingesessen, das gehört nicht zu den Schlüsselqualifikationen, wenn Sie das meinen.«
»Schon gut, Sie können ja nicht alle Knastgebräuche kennen, stimmt schon.«
»Jedenfalls ist das der Mann, der in Frau Dr. Allgäuers Wohnung eingedrungen ist und wahrscheinlich Ihr Sperma entwendet
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