Herrgottschrofen
ist doch alles noch ein Hirngespinst!« Bürgermeister Hans W. Meier zweifelte einmal mehr an der Geistesgesundheit seines alten Spezls Veit Gruber.
Der Angesprochene saß entspannt auf dem Besucherstuhl in Meiers Büro und ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Die formaline Kraft des Praktischen. Hast davon schon mal was gehört?«
»Normative Kraft des Faktischen, Depp!« Natürlich hatte der Bürgermeister davon gehört. Und weit mehr als das. Sich nicht durch unnötige Zweifel Dritter von seinem, dem richtigen Weg abbringen zu lassen war oberste Maxime seiner Politik. Daher stellte er seinen Gemeinderat und seine Bürger grundsätzlich vor vollendete Tatsachen.
»Von mir aus, normative Kraft von was weiß ich. Wir müssen das Eisen schmieden, solange es heiß ist. Erstens, Hansi: Die Jo Saunders ist nicht ewig da. Die werden bald die Knöcherl von ihrer Schwester freigeben, und dann wird die beerdigt, und dann ist die Saunders weg. Zweitens: In München gastiert gerade eine Eistanztruppe in so einem Kochzelt. Weißt schon, Schneebocks Theatrissimo, draußen in Riem. Zweite Liga zwar, wie die ganze Veranstaltung; die nennen sich im Ernst ›Heiß auf Eis‹, und aus Österreich sind’s auch noch. Aber mit anständig Trockeneisnebel, einer gescheiten Lightshow und Musik satt holen wir da schon das Maximum raus. Es ist ja nur eine Vorabpräsentation. Und drittens, lieber Hansi, kannst du ein bissl Good News auch vertragen.«
»Da hast allerdings recht. Unser schönes Landl ist durch diese abscheulichen Vorgänge imagemäßig beeinträchtigt. Gott sei Dank hat sich die Presse schon längst wieder auf was anderes gestürzt. Aber ausgestanden ist das nicht, solange keiner da eindeutig verurteilt ist. Die kommen wieder.«
»Na also. Wir liefern den TV-Leuten ein paar nette Bilder mit langhaxerten Eisläuferinnen in knappen Kleiderln und auf einer Riesenleinwand die Pläne und die Animationen von der neuen Casa Carioca. Casa Carioca reloaded. Und schon haben wir Garmisch-Partenkirchen wieder positiv besetzt. Und die Casa Carioca wiederbelebt. Eins darfst nicht vergessen: So ein Name ist nicht schützbar. Außer du verwendest ihn gerade. Und wenn wir das tun, gehört er uns.«
»Dir, meinst, Veit. Dir gehört er dann.«
»Ah geh zu, Hansi, der Name ist doch untrennbar mit diesem Ort verbunden. Und ich übrigens sowieso.«
»Ich fürcht’s auch«, murmelte der Bürgermeister.
»Sorry, ich hab dich nicht verstanden.«
»Nix, red nur weiter.«
»Prominenz brauchen wir halt für einen sauberen Event.«
»Also ich komm dann schon mal.«
»Ah ja, ich mein … Klar, das ist super und natürlich das Allerwichtigste. Ohne dich geht’s ja überhaupts gar nicht, Hansi. Wo denkst du hin? Ich mein, ohne dich … Das wär ja wie Ostersonntag auf dem Petersplatz ohne den …«
»Passt schon, Veit.«
»Aber neben dir auf den Rängen bei der Show, da will ich auch den Garmischer Oberami, den jetzigen, sehen. Schön in Ausgeh-Uniform. Und den obersten Gebirgsjäger aus Mittenwald, den Oberstleutnant … äh, dings. Und natürlich den amerikanischen Generalkonsul aus München. Wegen Völkerfreundschaft. Bayerisch-amerikanische Freundschaft. Die wird hier ja gelebt seit der Casa-Carioca-Zeit. Überhaupt, aus München könnten sich da auch ein paar von den Unseren herablassen. Wir bieten ja was. Wir machen ja Sportförderung von der Pike auf. Das muss man ja durch die Brille des Nachwuchses sehen. Wenn wir da die Jo Saunders präsentieren, da sehen doch die jungen Leut, was werden kann aus ihnen. Also, einen Sportminister oder so was will ich da schon haben. Der Ministerpräsident …«
»… kommt sicher nicht, das kannst dir verreiben, Veit.«
»Gut, aber doch dann der Chef vom Bewerbungskomitee. Oder der Dings, der … Und natürlich unsere Sportler. Der Neureuther und die Riesch, eh klar. Rosi und Christian, eh. Die sind ja allawei sowieso dabei. Und die Curlerinnen. Sind eh unsere erfolgreichsten Sportler. Und die Dings, die war mal Deutsche Meisterin. Und wart, so Filmsternchen brauchen wir da auch. Die Schönfelder, die mit den …«, er machte zwei eindeutige Handbewegungen vor seiner Brust und pfiff durch die Zähne, »weißt schon, die ist ja aus Gröbenzell, da kommt ja auch der Rubi her, der soll uns das gleich moderieren …«
»Schöneberger heißt die, Veit.«
»Ja, von mir aus. Deine Burschen im Tourismusamt haben doch da die Listen, wo die ganzen A-, B- und C-Promis draufstehen. Die kommen doch ab
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