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Herrgottschrofen

Herrgottschrofen

Titel: Herrgottschrofen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Ritter
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ihrer Dachgeschosswohnung angekommen sein, sie hatte die Schuhe ausgezogen und den hellen Trenchcoat an die Garderobe gehängt. Hartinger ließ sie in Gedanken den Inhalt ihrer Einkaufstüte – Champagner, Kaviar und gesalzene Butter zum Baguette, wie er hoffte – einräumen und sich duschen, damit sie sich in einen heißen Fummel werfen konnte. Dafür gab er ihr insgesamt dreiundzwanzig Minuten. Bei einer Dame überpünktlich zu sein wäre ungehobelt – und wesentlich später zu kommen ein Ausdruck von geringer Wertschätzung. Wenn er genau sieben Minuten nach sieben bei ihr klingelte, war das perfekt.
    Er bestellte noch einen doppelten Espresso und legte ein Focaccia mit Parmaschinken nach. Man konnte nie wissen. Vielleicht würde er erst nach »getaner Arbeit« etwas zu essen bekommen. Mit leerem Bauch ein oder zwei Stunden Liebesspiel war nicht seine Sache. Lautes Magengrummeln konnte die Stimmung komplett zerstören.
    Um sechs nach sieben überquerte er die Schellingstraße und wurde beinahe von einem Radlrambo, wie man in München die Fahrradkuriere und eiligen Studenten auf ihren Mountainbikes nicht zu Unrecht nannte, über den Haufen gefahren. Das hätte noch gefehlt. Lebenslänglichen Knast vermieden und drei Stunden später das Leben unter dem Stollenreifen eines Irren beendet.
    Der Mann mit dem großen gelben Atomkraft?-Nein-danke-Aufkleber auf der orangeroten Umhängetasche wich in letzter Sekunde aus und beschimpfte Hartinger. Der schrie dem rasenden Umweltfreund seinerseits Unflätiges nach, so wie es in München üblich war. Danach ging es ihm richtig gut. Er fühlte sich durch den Adrenalinschub und die vier doppelten Espressi, die er während des Wartens auf Dotti genossen hatte, fit wie einundzwanzig. Auch die drei Wochen sexueller Enthaltsamkeit und täglichen Sports auf dem Hof der JVA mochten zu seiner gefühlten Virilität beitragen.
    Er klingelte und legte die linke Hand erwartungsfroh auf den Türgriff. Gleich würde das Summen ertönen und das Schloss aufschnappen.
    Es passierte nichts.
    Sie stand wohl noch unter der Dusche. Oder war mit dem Anziehen von etwas zum Ausziehen beschäftigt. Oder rasierte sich noch die … Hartingers Herz sprang in den vierten Gang.
    Er klingelte noch einmal.
    Nichts.
    Er rüttelte an der Tür. Nein, der Türsummer war nicht sehr leise, und er hatte ihn nicht überhört. Er war nicht betätigt worden. Auch aus der Gegensprechanlage hörte er nichts.
    Er wartete zehn Sekunden, dann klingelte er zum dritten Mal, diesmal gleich zweimal hintereinander. Das war freundschaftlich, so ein Doppelklingeln mit einem Lächeln. So ein kleines Drück-drück. Ein Drüüüück-drüüück wäre impertinent gewesen.
    Es passierte wieder nichts. Kein Laut aus dem kleinen Lautsprecher, kein Summen an der Tür. Der Rasierer. Das musste es sein. Lieber nicht drängeln. Nicht dass sie sich verletzte …
    Er wartete weitere zwanzig Sekunden. Er doppelklingelte wieder nett und freundlich. Drück-drück.
    Es tat sich nichts. Allmählich bekam Hartinger ein ungutes Gefühl. Hatte sie ihn vergessen? Wartete sie mit Champagner, Kaviar, Salzbutter und Baguette auf einen anderen? Aber auch dann hätte sie ja auf das Klingeln reagiert. Oder hatte sie ihn von oben gesehen und versteckte sich vor ihm? Nein, das konnte nicht sein, auf die Schellingstraße ging keines ihrer Fenster. Die gingen auf die Augustenstraße und zur großen Dachterrasse, die über dem Innenhof thronte. Der Akku seines Handys war leer. So hatte er es bei seiner Haftentlassung am Nachmittag zurückbekommen. Der Wirt der Kaffeebar hatte nicht mit einem passenden Ladestecker dienen können.
    Hartinger wollte es wissen. Drück-drück. Deutlich, aber noch immer freundlich.
    Nichts.
    Drüüück -  - drüüück.
    Wieder nichts.
    Klar! Er schlug sich an die Stirn. Die Klingel war abgeschaltet! Das musste es sein. Logisch. Wahrscheinlich war sie wegen der ganzen üblen Geschichte von der Presse bedrängt worden und hatte das Ding einfach abgeklemmt. Er schaute auf die Armbanduhr. Viertel nach sieben. Jetzt kam er allmählich zu spät.
    Also rüber in die Kaffeebar. Von dort aus anrufen.
    Kein Fahrradfahrer fuhr ihn an. Er stand in der Bar. Und wusste ihre Nummer nicht. Telefonbuch? Hatte der Wirt nicht. Internet? Hartinger schrieb ihm den Namen auf einen Zettel. Der Wirt verschwand in seinem Kabuff, das mit einem Perlenvorhang vom Gastraum abgeteilt war. Nach unendlichen drei oder vier Minuten war er zurück. Nichts. Keine

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