Herrgottschrofen
macht’s ein anderer, Hansi!«
»Das lass meine Sorge sein.« Der Bürgermeister drehte sich um und ging wieder zur Schafkopfrunde hinein.
Hartinger hatte dreizehn verpasste Anrufe auf seinem Handy, als er es an das Ladekabel im Volvo anschloss. Die Akkus hatten irgendwann in der Nacht ihren Dienst eingestellt und freuten sich über frischen Strom. Die Nummer, von der aus man ihn die ganze Nacht über hatte erreichen wollen, war die von Albert Frey, doch als Hartinger zurückrief, ging Kathis Onkel nicht dran. Also steuerte Hartinger den Wagen zurück zum Mittererhof. Er wollte sich duschen und seine Gedanken sortieren.
Als er in Graseck ankam, saß Frey bereits dort und wartete auf das Mittagessen. Am Sonntag gab es bei Kathi Mitterer den unvermeidlichen Schweinsbraten mit Kartoffelknödeln. Im Rohr des alten Wamslers schmurgelte das Schweinerne in einer Reine, und auf dem Herd blubberten die Knödel vor sich hin.
»Da ist er ja!«, rief Frey, als Hartinger durch die Küchentüre schaute.
»Mei, und einen Rausch hast ja immer noch im Gesicht!«, kommentierte Kathi sein Erscheinen.
»Ich hab zurückgerufen, aber Sie haben hierheroben wohl einen schlechten Empfang«, entschuldigte sich Hartinger.
»Ist egal. Ich muss dir was zeigen.«
»Ich hab auch was Neues, Herr Frey, aber darf ich zuerst schnell duschen und aufs Klo?«
»Mach zu, ich glaub, wir müssen tätig werden.«
Keine zehn Minuten später fand sich Hartinger in frischen Klamotten in der Küche ein. Die Hausherrin deckte gerade den Tisch.
»Isst der Anton nicht mit uns?«, fragte Hartinger.
»Ist zum Fußballturnier nach Weilheim. Finde ich eine Frechheit, dass sie das am heiligen Sonntag machen. Aber mei, die Familie zählt halt nichts mehr in diesen unheiligen Zeiten«, zeterte Kathi.
Hartinger unterließ jeglichen Kommentar über die Art oder gar die Heiligkeit ihrer Familie. Er ließ sich lieber Braten und Knödel mit ordentlich viel Soße auflegen. »Was ist jetzt, Herr Frey?«, fragte er ungeduldig.
»Deine Gottesneffen. Ich habe sie gefunden.«
»Ich habe auch einen. Sie sind hier.«
»Ja. Schon seit langer Zeit.« Albert Frey legte den Flaschenöffner auf den Tisch vor Hartinger. Und eine Lupe dazu. »Siehst du das da unten? Das alte Firmenzeichen – heute würde man Logo sagen – der Garmischer Brauerei. Kann es sein, dass unser Freund Martin Bruckmayer …?«
»Das ist doch Wahnsinn, Onkel Albert, so ein geachteter Mann!«, warf Kathi ein.
»Das sind oft die Schlimmsten. Schaut mal her.« Frey zog ein Blatt Papier aus seiner Aktentasche. »Ich habe im Internet Geschichten gefunden – wohlweislich sage ich: Geschichten – von Frauen, die mit dem Kopf nach unten gekreuzigt wurden. Ist in den letzten fünfzig Jahren ein paar Mal passiert. Zumindest geistern solche Geschichten durchs Netz. Und es gibt eine Überschneidung mit den Orten, an denen Martin Bruckmayer für den Braumulti stationiert war. Da schau. Tokio. Rio de Janeiro.« Er legte das Blatt vor Hartinger auf den Tisch.
Hartinger sinnierte und murmelte vor sich hin: »Wenn das so eine internationale Verschwörerbande ist … Und Martin Bruckmayer aus Garmisch-Partenkirchen mittendrin?«
»Oder an der Spitze.«
»Dann ist das so ein Netzwerk, und es sind andere auch dabei«, fuhr Hartinger fort. »Klar, der Suldinger Klaus. Der hat das Abzeichen. Und im Knast war er auch.«
»Wer?«
»Na, einer von hier, ich hab den heute früh erst gesehen … Der Einbruch bei der Dotti«, grummelte Hartinger vor sich hin, »das war also der Suldinger. Und der arbeitet für den Brechtl …«
Hartinger wurde ganz still und schloss die Augen. Hätte er nur am Vorabend nicht so viel gesoffen, dann würde ihm das Denken vielleicht eine Spur leichter fallen.
Da traf es ihn wie ein Hammer.
Er riss die Augen auf. »Die Dotti!« Er warf beinahe den Küchentisch um, als er aufsprang. »Schnell, Herr Frey, wir müssen zur Polizei!«
Ohne Rücksicht auf Spaziergänger und Fiaker preschten Hartinger und Frey durch die Wildenau am Skistadion vorbei und rasten im Höllentempo über die Hauptstraße in Richtung München. Keine zehn Minuten, nachdem sie in Graseck ins Auto gesprungen waren, erreichten sie die PI Garmisch-Partenkirchen.
Natürlich befand sich Ludwig Bernbacher am Sonntagmittag nicht in der Polizeiinspektion. Ein paar der jüngeren Beamten schoben an diesem unspektakulären Wochenende Dienst.
»Wir brauchen diesen Kommissar Hanhardt!«, rief Hartinger. »Von der Kripo aus
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