Herrgottschrofen
ich sag’s nicht!« Er schlug sich vor Kichern auf den Oberschenkel. »Du, aber was anders. Ein Bier hast nicht dabei? Wir sitzen langsam auf dem Trockenen dort unten.«
Hartinger ging zum Kofferraum des Volvo und öffnete die Klappe.
»Boah, Edelstoff, ein ganzer Kasten!« Tomboys bisher so glasige Augen glänzten auf einmal.
Tomboy wollte gerade mit der Hand nach dem blauen Träger langen, da schlug Hartinger den Kofferraumdeckel zu. »Wo ist die Hütte?«
Tomboy Suldinger ließ das Kinn auf die Brust sinken und stierte auf den Kiesweg.
»Nur, weil du es bist, Gonzo«, grummelte er. »Also, auf der Bundesstraße und dann rechts am Wanderparkplatz am Gschwandt halten und dann den Forstweg rauf in Richtung Friedergries und dann …«
Hartinger saß bereits wieder im Auto und wendete. Die Beschreibung genügte ihm, denn es gab in der angegebenen Gegend nur einen Forstweg, der mit dem Auto befahrbar war. Und dass der Brechtl eine Hütte hatte, die nicht mit dem Auto erreichbar wäre, war mit Sicherheit auszuschließen.
Also zurück an schimpfenden Fußgängern und Radlern vorbei, über die Behelfsbrücke zur Bundesstraße, diese nach rechts und in Richtung Griesen. Hartinger jagte durch die Kurven und bremste viereinhalb Minuten später auf dem Wanderparkplatz im Gschwandt. Hinter der rot-weißen Schranke führte der Forstweg in Bayerns größtes Naturschutzgebiet.
Hartinger fummelte einen Feuerwehrschlüssel, das für den Lokalreporter und Zeitungsfotografen beinahe wichtigste Utensil neben der Kamera, aus dem Handschuhfach. Er stieg aus und hatte zehn Sekunden später mit dem Dreikant die Schranke geöffnet. Das Friedergries, das sich bald links unterhalb der abgesperrten Straße erstreckte, auf die er unerlaubterweise einfuhr, genoss als Naturwaldreservat den besonderen Schutz der Gesetze. Es wunderte Hartinger allerdings nicht, dass Leute wie der Brechtl ausgerechnet in einem der schützenswertesten Waldstücke des Freistaats eine Jagdhütte unterhielten.
Hartinger gab auf dem Forstweg nicht mehr Vollgas, um den sicherlich gut getarnten Pfad zu Brechtls Hütte nicht zu verpassen.
Bürgermeister Hans W. Meier war ausgesprochen guter Laune. Den Brechtl hatte er in der Hand, der würde es sich zweimal überlegen, ob er weiterhin bei der Atommüllsache mitmachen würde.
Ein laues Frühlingslüfterl hatte den Bürgermeister empfangen, als er um eins nach der Schafkopfrunde – mit sechs Euro zwanzig Gewinn im Hosensack – das Bräustüberl endgültig verließ. Er sagte bei seiner Frau das Mittagessen ab und bestellte den Gruber Veit auf den Golfplatz nach Oberau. Dort hatte er ja vorher schon hingewollt, nur, dass er sich entschieden hatte, seine Frau daheim zu lassen und stattdessen Sport und Geschäft miteinander zu verbinden. Den Lauf, den er gerade hatte, galt es auszunutzen. Zukunftspläne duldeten keinen Aufschub. Das Casa-Carioca-Projekt musste angeschoben werden.
Warum also nicht den Sonntagnachmittag auf dem Grün dazu nutzen, mit dem Gruber weiter daran zu feilen. So machten es Erfolgsbürgermeister wie er bestimmt auf der ganzen Welt. Zum Beispiel sein Kollege in der Partnerstadt Aspen, Colorado. Der sah so aus, als fänden alle seine Meetings unter freiem Himmel statt. Und so wie Aspen oder St. Moritz musste Garmisch-Partenkirchen ja werden. Wer sollte also damit anfangen, wenn nicht er, der Bürgermeister selbst.
Er hob das Golfbag aus dem Audi-Kombi und überprüfte, ob er alle Schläger und genug Bälle dabei hatte. Dann drückte er den Knopf an der Heckklappe, die sich daraufhin automatisch schloss.
Gerade, als er die Ausrüstung schultern wollte, um sich zum Clubhaus zu begeben, brauste Veit Grubers 7er BMW auf den Parkplatz. Der Bürgermeister winkte und wies dem Gruber eine freie Lücke zwei Wagen neben seinem an. Gruber parkte und holte seinerseits das Equipment aus dem Wagen.
Bürgermeister Meier stellte sein Golfbag wieder ab und ging zu seinem Spezl. So, wie er grundsätzlich an allem interessiert war – ja, sein musste! –, was sich in seinem Landl tat, fand er auch den Inhalt fremder Kofferräume durchaus spannend. Mal sehen, was der Gruber Veit da herumliegen ließ, vielleicht fanden sich dort ebenfalls Hinweise auf lichtscheue Hobbys.
Doch leider lag nichts in Grubers Heckabteil, was sich irgendwie irgendwann einmal zu dessen Ungunsten verwenden ließ.
Im nächsten Moment klingelte Meiers Handy in seiner Hosentasche. Ein Blick aufs Display verriet ihm, dass sein Golf-
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