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Herrgottschrofen

Herrgottschrofen

Titel: Herrgottschrofen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Ritter
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auch wieder früh raus. Wird ein anstrengender Tag. Wir müssen die Erdbewegungen für den Kramer- und für den Wanktunnel noch einmal neu ausschreiben. Da haben die wieder ein paar EU-Vorschriften geändert.«
    Der Bagger-Toni verschluckte sich an dem Bier aus dem Glas, das ihm die Anni in die Hand gedrückt hatte. »Wie bitte? Was müssts ihr?«
    »Hab ich das noch gar nicht erwähnt? Mei, man vergisst so was halt leicht amal vor lauter Ausschreibungen. Diese Brüsseler Bande kann einem schon den allerletzten Nerv rauben, das sag ich dir, Toni. Aber das weißt du sicher besser als ich. Du hast ja auch deine Kontakte zu höheren politischen Ebenen.«
    Damit war es raus. Dem Bagger-Toni war zwar schon die ganze Zeit über bewusst gewesen, warum ihn der Meier Hansi an seinen Tisch zitiert hatte. Aber er hatte so lange gewartet, bis der Bürgermeister von sich aus den Ministerpräsidenten erwähnte, mit dem der Toni das Wochenende verbracht hatte. Dass der Meier dabei ziemlich unverblümt mit einer Neuvergabe des lukrativen Tunnel-Jobs drohte, machte klar, wie wichtig es ihm war zu erfahren, was da zwischen Freitag und Sonntag an der Loisach im Wald besprochen worden war.
    »Jetzt raus mit der Sprache, Hansi, was willst wissen?«, raunzte Toni Brechtl gereizt.
    »Um was ging’s da hinten in deiner Hütte mit dem MP und dem Baron?«
    »Schwarzwild. Weil Rotwild hat Schonzeit.«
    »Also, Toni, nett war’s wieder mit dir. Ich muss jetzt los. Die Ausschreibungsunterlagen sind so dick …«
    »Passt scho, Hansi, passt scho. Ich erzähl’s dir schon noch. Aber nicht hier herinnen, da haben die Wände Ohren.«
    »Stichwort?«, insistierte der Bürgermeister.
    Der Bagger-Toni lehnte sich über den Tisch und zog Meier am Stehkragen der Trachtenjoppe ganz nah zu sich heran. »Tunnel«, flüsterte er.
    Der Bürgermeister schaute dem Brechtl ungläubig aus nächster Nähe in die Augen. »Da ist doch alles klar. Planfeststellungsverfahren abgeschlossen, Bürgereinspruchsfrist abgelaufen und so weiter.«
    »Pscht, nicht da herinn!«, zischte der Bagger-Toni. Dann ließ er Meiers Kragen endlich los.
    Das Mobiltelefon des Ersten Bürgermeisters vibrierte auf dem Wirtshaustisch. Der Bagger-Toni war erst einmal erlöst.
    »Was? – Wer? – Tot? – Runtergefallen? Heut um sechs? Und das erfahr ich erst jetzt? – Wo? – Ausgerechnet, Zäfix! Ich bin schon da!«
    Während des Telefonats hatte der Bürgermeister hektische Flecken auf den Wangen bekommen. Er griff nach seinem Autoschlüssel und stürzte los.
    Im Aufstehen fiel ihm wieder ein, wer da gerade auf der anderen Seite des Tisches hockte. Er hielt inne und setzte sich wieder. Mit einem Schlag war er blass geworden.
    Mit gesenkter Stimme sagte er zum Brechtl: »Du, Toni, ich glaub, ich muss dir auch was sagen. Komm mit, geh ma mal kurz raus …«
    Jürgen Hanhardt schloss die Türe der kleinen Zelle auf. Der Mann, dem er gute Nachrichten bringen wollte, machte vor ihm auf dem Boden Liegestütze. »Herr Hartinger, bitte stehen Sie auf. Sie können gehen. Es tut mir leid, dass wir Sie so lange festgehalten haben.«
    »Nur noch zwanzig.«
    »Herr Hartinger, gefällt es Ihnen so gut bei uns?«
    Hartinger pumpte weiter. Zwischen den Liegestützen presste er hervor: »Sie wollen mir doch sicher sagen, warum Sie mich gehen lassen, so auf einmal.«
    »Nein, das will ich nicht. Aber gegen Sie liegt kein Verdacht mehr vor. Gehen Sie bitte nach Hause.«
    Hartinger beendete seine Leibesübungen und baute sich mit aufgepumpten Arm- und Brustmuskeln vor dem wesentlich kleineren Kripoermittler auf. »Toll. Nach Hause. Wenn ich mir das noch leisten kann, mein Zuhause. Ich hatte Termine heute Vormittag. Fototermine, Sie verstehen? Wichtige Fototermine. Friseurjubiläen, prämierte Zuchtschafe und all so was. Mit was, meinen Sie, sollen die morgen die Zeitung vollklatschen? Wenn die mich mal nicht rauswerfen.«
    »Das ist jetzt unser geringstes Problem, Herr Hartinger, glauben Sie mir bitte.«
    »Wenn ich Ihnen vielleicht irgendwie behilflich sein kann …?«
    »Oh, danke, nein. Sie bitte nicht, Herr Hartinger. Bitte, bitte: Sie nicht.«
    »Ist ja schon gut.«
    »Aber ich muss Sie auffordern, sich zu unserer Verfügung zu halten. Die Sache ist noch lange nicht ausgestanden. Für uns nicht, und auch nicht für Sie.«
    »Wo soll ich denn hin? Ich schau zu, dass ich meine Termine nachhol, und dann …«
    »… dann werden Sie sich weiträumig vom Herrgottschrofen und dem ehemaligen Lebensraum

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