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Herrgottschrofen

Herrgottschrofen

Titel: Herrgottschrofen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Ritter
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deutlich, dass der Bagger-Toni seiner Aufforderung nur unwillig Folge leistete. Früher wäre das anders gewesen, da wäre er gesprungen, der Brechtl. Aber man ging ja neuerdings mit dem Landesvater auf die Jagd.
    Doch am Ort entschied immer noch der Gemeinderat, wo welche Fläche als Baugrund ausgewiesen wurde, und dem Gemeinderat standen der Bürgermeister und seine Mehrheit vor. Davon abgesehen, liefen die Müllkonzessionen auch nicht ewig.
    »Freut mich, dass ich als der größte Gewerbesteuerzahler der Gemeinde vom Chef persönlich betreut werde«, grummelte der Brechtl, nachdem er Platz genommen hatte.
    So so, dachte sich der Bürgermeister, jetzt kam ihm der Brechtl auch noch frech. Dem würde er mal ordentlich auf den Zahn fühlen. »Da kannst mal sehen, wie serviceorientiert unsere Gemeinde ist. Obwohl – gerade in deinem Fall müssen wir uns wohl keine Sorgen machen, dass du in den Osten gehst. Immobilien sind halt immobil. Und eine ergiebigere Müllquelle als ein Tourismusort ist auch nicht leicht zu finden. Eins Komma eins Millionen Übernachtungen bedeuten mindestens eins Komma eins Millionen Joghurtbecher pro Jahr.«
    »Werden auch immer weniger, eure Übernachtungen. Da könnts mal wieder a bissl aufs Gas drücken, mein Lieber.«
    »In unser wunderschönes Landl kommen bald wieder mehr Gäste. Und vor allem bessere Gäste. Wir entwickeln da ein großes Zukunftsprogramm. Ein nachhaltiges.«
    Der Bagger-Toni lachte auf. »Ah, geh zu, du glaubst doch nicht den Kas vom Veit mit seinem Tempel-Projekt!«
    »Schau ma mal. Jetzt kriegen wir erst mal Olympia.«
    »O mein Gott, du glaubst ja nicht nur dem Gruber Veit seinen Schmarrn, sondern deinen eigenen auch noch.«
    »Ich muss schon bitten. Ich bin gewählter Bürgermeister dieser Marktgemeinde, des deutschen Wintersportorts Nummer eins. Was aus meinen mit Spitzenbeamten besetzten Stabsabteilungen kommt, hat Hand und Fuß. Ihr glaubts immer noch, so ein Rathaus ist ein Bunker, wo man heiratet und ab und zu den Pass verlängert, wenn man aus der Ehe mal kurz nach Thailand eskapiert. In Wahrheit ist das aber ein wahrer Thinktank, der die Geschicke dieses unseres vom Herrgott gesegneten Landls mit Beharrlichkeit und einem gerüttelt Maß an Strategie und Taktik nach vorn denkt!«
    Der Bagger-Toni schaute den Ersten Bürgermeister an, als hätte ihm dieser erzählt, Weißwürste wüchsen auf rosarot belaubten Bäumen. Doch anstatt sich weiter mit dem Größenwahn des Ortsvorstehers zu beschäftigen, hielt er es für besser, sich eine ordentliche Gletscherprise zu genehmigen. Er klopfte aus der kleinen blauen Plastikschachtel zwei enorme Haufen des Schmalzlers auf seinen linken Handrücken, schniefte das braune Pulver mit einem Mal in beide Nasenlöcher und entsorgte den mentholversetzten Tabak ausgiebig in das weiß-blaue Schnäuztücherl, das vom Format her auch als Biergartentischtuch getaugt hätte. Wenn der erste Mann der Gemeinde schon eine vernebelte Birne hatte, wollte zumindest er einen klaren Kopf behalten. »Alles klar, Hansi«, sagte er. »Hab ich nie bezweifelt. Aber was willst von mir? Und zwar am späten Montagabend?« Er schaute sein Gegenüber skeptisch an.
    »Ich wollt einfach amal ein persönliches Gespräch mit dir führen. Wie’s dir so geht. Und der Marianne und den Kindern.«
    »War schon schlechter. Danke.«
    »Das freut mich zu hören. Schönes Wochenende gehabt?«
    »Durchaus. War ja ein Eins-a-Wetter.«
    »Ja, so früh im Jahr schon so relativ warm, gell. Da zieht’s einen ja praktisch raus in die Mutter Natur, oder? Habt’s was Schönes unternommen?«
    Anton Brechtl war alles, aber nicht auf den Kopf gefallen. Er hörte da gerade eine Nachtigall mit genagelten Bergstiefeln auf sich zustampfen. »Ja, freilich. Die Kinder bewegen sich ja zu wenig heutzutage. Mit denen muss man raus, wenn’s nur geht.«
    »Hinten an der Loisach, in deiner Hütte, da soll’s zurzeit echt herrlich sein.«
    Der Bagger-Toni schluckte und genehmigte sich lieber noch eine Prise, als auf diese Bemerkung einzusteigen. Dann winkte er der Bedienung. »Anni, an Schnitt!«
    »Willst schon heim?«, fragte Bürgermeister Meier ob der Bestellung eines nur zu einem Drittel eingeschenkten Biers.
    »Ja mei, ich hab noch einen Job, weißt. Morgen früh muss ich wieder Gewerbesteuer für Olympia und Sprungschanze verdienen. Und was weiß ich, was ihr mit meinem Geld machts.«
    Meier gähnte gekünstelt und blickte auf die Uhr. »Sakra, schon fast neune. Ich muss morgen

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