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Herrgottschrofen

Herrgottschrofen

Titel: Herrgottschrofen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Ritter
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nicht darum; für solche Kleinigkeiten hatte er in diesen Momenten keine Zeit. Er rappelte sich auf und hetzte den steilen Hang hinauf, wobei er sich an den dünnen Bäumen festhielt und sich daran nach oben zog.
    Endlich hatte er es geschafft. Die Kante, an der Svetlana stand, war rechts von ihm. Er stürmte nach vorn, um sie von einem Sprung, oder was immer sie vorhatte, abzuhalten.
    Als er an die Stelle kam, an der der Fels endete und es zwanzig Meter senkrecht nach unten ging, stand dort keine nackte Frau mehr. Er musste sich im letzten Moment abfangen, um nicht selbst in die Tiefe zu fallen. Sich an der ganz vorn an der Kante stehenden Kiefer festhaltend, schaute er nach unten.
    Dort, inmitten seiner Ausrüstung, lag Svetlana. Ein Stativ ragte aus ihrem Rücken.
    »Diesmal ist alles ziemlich eindeutig. Der Mann ist fällig.«
    »Kann es sein, dass Sie eine alte Rechnung begleichen wollen, Herr Kollege?«
    »Gehen Sie rein. Reden Sie mit ihm. Aber ich sag’s Ihnen gleich: Der war’s.«
    »Kollege Bernbacher, mal langsam mit den jungen Pferden. Wir wissen alle, dass Sie einen Hals auf den Hartinger haben. Den haben wir auch. Aber so einfach ist es nicht.« Der Chef der Kriminalpolizei in Weilheim hatte Jürgen Hanhardt mit der Ermahnung auf den Weg nach Garmisch-Partenkirchen geschickt, dort niemandem zu trauen. Hinter jeder Äußerung, von wem auch immer, sollte er eine versteckte Agenda vermuten. Besonders bei Hauptkommissar Ludwig Bernbacher.
    Der Leiter der Polizeiinspektion Garmisch-Partenkirchen führte den Zivilbeamten ins Vernehmungszimmer. In dem saß Karl-Heinz Hartinger und starrte ein Loch in die Gipskartonplatten der Deckenverkleidung.
    »Hanhardt. Hauptkommissar. Kripo Weilheim. Angenehm.« Der Beamte der Mordkommission war nicht mit dem ICE durch die Kinderstube gefahren. Er setzte sich Hartinger gegenüber an den schmucklosen Behördentisch.
    »Hartinger. Fotograf. Garmisch-Partenkirchner Tagblatt. Eher unangenehm.«
    Ludwig Bernbacher verzichtete darauf, sich vorzustellen. Er platzierte sich hinter Gonzo ans vergitterte Fenster.
    »Herr Hartinger, möchten Sie einen Anwalt hinzuziehen?«, eröffnete Hanhardt das Gespräch.
    »Nein, ich will hier raus. Ich hab nichts getan.«
    »Das werden wir ja sehen«, warf Bernbacher von hinten ein. Hartinger verzog das Gesicht.
    Jürgen Hanhardt fixierte Hartinger und hielt dessen Blick mit seinem fest, während er die Formalitäten für das Protokoll aufsagte. »Vernehmung des Karl-Heinz Hartinger, Polizeiinspektion Garmisch-Partenkirchen, Montag, 11. April 2011, 20 Uhr 17. Anwesend der Polizeihauptkommissar Ludwig Bernbacher. Vernehmung durch Kriminalhauptkommissar Jürgen Hanhardt. Herr Hartinger verzichtet auf die Hinzuziehung eines Anwalts.«
    »Mikros?«, wollte Hartinger wissen.
    »In den Decken. Keine Sorge«, knarrte Bernbacher von hinten.
    Hartinger beugte sich zu dem Kripobeamten über den Tisch: »Weil, dass der dort hinten protokolliert, wäre ja ein Wunder. Dazu hätte er schreiben lernen müssen. Und ich war dabei in der Volksschule Partenkirchen. Bis zur Vierten konnte er es nicht.«
    »Herr Hartinger, lassen Sie uns sachlich bleiben, ja?«
    »Auch das wäre hier was ganz Neues.«
    »Bitte. Erzählen Sie mal, was sich da heute zugetragen hat.«
    Hartinger erzählte in knappen Worten, was er am Herrgottschrofen gewollt und wie sich die Situation entwickelt hatte.
    »Sie verstehen, dass wir Zweifel an Ihrer Aussage haben«, erklärte Hanhardt. »Haben müssen .«
    »Nein, Herr Hanhardt, das verstehe ich nicht. Weil’s genau so war. Zuerst war sie oben. Und dann bin ich raufgerannt, und dann war sie unten. Ich hab mit der Sache nichts zu tun.«
    »Außer, dass Sie mit der Toten verabredet waren.«
    »Zu der Verabredung ist sie aber nicht gekommen.«
    »Irgendwie schon.«
    »Aber auch nur irgendwie. Und sie wurde nicht von mir dorthin befördert, wo sie auf einmal lag.«
    »Auf Ihr Stativ gespießt.«
    »Ja, aber noch mal: Ich tauge nicht als Zeuge, weil ich sie nur oben stehen gesehen habe. Ich weiß nicht, ob sie aus freien Stücken gesprungen ist oder ob sie jemand runtergestoßen hat. Oder ob’s ein Unfall war. Ich hab keine Ahnung.«
    »Zeuge?« Bernbacher konnte nicht mehr an sich halten. Er stürmte vor und baute sich neben dem Kollegen aus Weilheim auf. »Ein Verdächtiger bist du … sind Sie , Herr Hartinger.«
    »Hatten wir das nicht schon mal, Bernbacher? Langweil bittschön jemand anderen.«
    »Bitte, Herr Hartinger, sachlich

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